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3 (drei) Autobiographisches CoronaPandemie Zufall

Triage? Das bestimme ich!

Selbst mit Impfung (der ich zustimme) gibt es keine Garantie, dass man eine Infizierung mit Covid-19 unbeschadet übersteht. Deshalb bestimme ich in meiner Patienten-Verfügung, dass ich keine künstliche Beatmung und Ernährung haben möchte, wenn dies nötig sein sollte.
Ich will auch keinen “lebensrettenden Luftröhrenschnitt”.

Das soll dem behandelnden Arzt die Entscheidung (Triage*) erleichtern, wenn die Betten auf den Intensivstationen knapp werden – und das werden sie, weil es so viele rücksichtslose Idioten gibt (“Querdenker” nennen sie sich – obwohl das einmal ein Ehrentitel für originelle und kreative Menschen war), die sich entgegen den sinnvollen Empfehlungen und Vorschriften der Mediziner und der Politiker verhalten – oder sich einer Impfung verweigern.

* Triage – das wird abgeleitet von der Notwendigkeit, im Kampfgetümmel eines Krieges rasch eine medizinische Entscheidung zu treffen. Das Wort wird zwar abgeleitet von französisch triage für Auswahl, Sortieren, Sichten‘ zum Verb trier (sortieren, aussuchen) – aber man kann auch von “tri” = “drei” ableiten – nämlich in welchen dieser drei Bereiche man Verwundete einliefert: leicht verletzt (rasch wieder kampfbereit) – schwer verletzt (aber mit Aussicht auf Heilung) – ohne Aussicht auf Genesung, also dem Tod geweiht und deshalb nicht weiter zu versorgen, von Schmerzlinderung abgesehen.
Die Triage ist höchst aktuell, wenn es während der Pandemie zu viele Schwerkranke gibt und nicht genügend Intensivbetten zur Verfügung stehen. Auf alle Fälle der Horror schlechthin für alle Beteiligten.

Speziell den Impfgegnern empfehle ich – nein, ich fordere von Ihnen: Tragt in eure Patientenverfügung ein, dass ihr keine “künstliche Beatmung” wollt!

Letzteres kann man wohl kaum in Form eines Gesetzes fassen – aber man kann es aus allgemein menschlichen Gründen verlangen, entsprechend der volkstümlichen Abwandlung des Kant´schen Imperativs: “Was du nicht willst, dass man dir tu – das füg auch keinem andren zu.”

Ich bin achtzig Jahre alt und gehöre damit zur höchsten Risikostufe. Aber ich habe ein gutes Leben gelebt und bin damit zufrieden – kann also jederzeit abtreten (obwohl ich gerne noch einige wichtige Projekte abschließen möchte). Ich habe auch keinerlei Vorerkrankungen an Lunge, Herz und Leber, rauche nicht und konsumiere keinen Alkohol, bewege mich viel und bin dementsprechend gelassen.
Aber sollte ich infolge einer Infektion mit einer der Varianten des Corona-Virus (oder mit einer heute noch unbekannten Virusinfektionen, die noch viel schlimmer ist – das ist ja keine Science-Fiction) doch in eine lebensgefährliche Situation kommen, wo Intensivstation und künstliche Beatmung anstehen – dann möchte ich dies ausdrücklich nicht. Ich möchte stattdessen eine “erlösende Spritze” (Überdosis Morphium oder ähnliches).


Perspektivenwechsel

Man kann das Problem aber auch von einer ironischen Seite aus betrachten. Ich bin kein toller Zeichner – für eine Karikatur langt es noch:

Cut! Der lebensrettende Luftröhrenschnitt? (Edding 3000 – JvS 19. Jan 2021)

Makabrer Zufall: 1987 schrieb ich eine Novelle über einen verliebten Assistenzarzt, der in einer ähnlichen Situation der Tochter des Klinikchefs das Leben rettet – mit einem beherzten Schnitt in die Luftröhre. Das ist mir gleich zwei separate Beiträge wert:
→ Atemnot und → Der Schnitt (Anfang der Novelle)

Nachgetreten
Schade, das es keine unentdeckten Kontinente (oder große Inseln) mehr auf unserem Planeten gibt – so wie dereinst Australien, das die Briten zur Sträflingskolonie für ihre missratenen Landsleute verwandelten. Die Antarktis ist denn nun doch zu unwirtlich, um dort all die Impfgegner, Corona-Leugner, Aluhut-Träger und Verschwörungs-Phantasten zu isolieren – und die Leugner des Klimawandels gleich noch dazu.
Auf den Mond schießen, buchstäblich – das wäre die Lösung. Ist aber derzeit technisch leider unmöglich. Vielleicht kann ein Science-Fiction-Autor daraus einen spannenden Plot für einen Zukunftsroman machen?

Nachgedacht
Als Psychologe ist mir natürlich bewusst, dass es so etwas wie “die Impfgegner” und “die Verschwörungstheoretiker” gar nicht gibt. Dass das keine amorphe Masse mit gleichen Un-Qualitäten ist – sondern dass das unzählige Individuen sind, von denen jedes seine / ihre ganz spezielle Persönlichkeit mit ganz speziellen Macken und Ängsten und Sorgen hat, die da jetzt an eine “Meinung” drangehängt werden – in der Regel artikuliert von “Fahnenträgern”, die ihr ganz eigenes Süppchen kochen und – als Soziopathen – die anderen manipulieren.

Quellen
Mühlauer, Alexander: “City of Desaster”. In: SZ #11 vom 15. Jan 2021, S. 03 (Seite Drei).
Scheidt, Jürgen vom: Der Schnitt. CH-Bürchen August 1987 (Manuskript).

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Autobiographisches Beruf Labyrinthiade Psychologie Schreiben Schreibseminare Science-Fiction Zufall

Hallo – das bin ich

Hier will ich vorab definieren, worum es mir in diesem neu gestarteten Blog geht. Ich will mich darin mit allem befassen, was das Schreiben betrifft. Begleitende Themen (Kategorien) sind die Labyrinthiade und die Entschleunigung. Das hängt (für mich jedenfalls) alles eng zusammen: Beim Schreiben bewegt man sich entschleunigt durch das Labyrinth des eigenen Lebens (oder des Projekt-Themas, an dem man gerade arbeitet).

Aber zunächst einmal will ich mich mit einem aktuellen Portrait auch optisch vorstellen (weitere Details in → ABOUT) – den Hut habe ich übrigens nur zu diesem Anlass aufgesetzt:

Abb.: Jürgen vom Scheidt, Schriftsteller und Leiter von Schreibseminaren (Foto: GvSch 2019)

Warum dieser Hut? Er tauchte irgendwann in der Familie auf, ein Erbstück. Ich sah ihn und dachte spontan: So einen Hut hat mein Vater immer gerne getragen, ein Borsalino. Deshalb ließ ich mich damit auch spaßeshalber ablichten – s. das Bild oben. Typisch 50er Jahre für seriöse Bürger. Ich habe nie einen Hut getragen (außer im Sommer als Sonnenschutz). Aber als mir das Foto wieder mal zufällig über den Weg lief, dachte ich: Das passt doch gut zu einer Inszenierung.

Inszenierung? Nun, wir spielen immer irgendwelche Rollen, je nach Umgebung sind wir mal so und mal so. Beim Klassentreffen rutschen wir rasch, wie mit einer Zeitmaschine, zurück in die Vergangenheit, als wir gemeinsam die Schulbank drückten. Andertags in der Arbeitssituation sind wir nicht der Klassenclown (der wir am Vorabend und damals in der Schule vielleicht waren), sondern der seriöse, gut beherrschte Was-auch-immer.

Nun also “Mann mit Hut”. Das hat tatsächlich viel mit meinem Vater zu tun (dem ich im Alter zu meiner eigenen Überraschung in mancher Hinsicht ähnlich werde, zumindest innerlich und zeitweise) – nicht zuletzt, weil dieser Blog eine Art Goldwaschanlage für meine Autobiographie sein soll (an der ich seit einem Jahr arbeite) und mein Vater darin in vielerlei – und manchmal sehr widersprechender Weise – eine wesentliche Rolle spielt.

Goldwaschen – darum geht es beim Schreiben immer. Man sammelt und sinniert und recherchiert und erinnert sich – aber nur die wirklich wertvollen Goldnuggets sollten im Endprodukt landen.

Nachdem ich auch parallel dazu an einem Roman arbeite, solte sich neimand wundern, dass hier immer wieder auch Erzählendes zu finden ist.

Doch außer dem “Schreiben und Veröffentlichen” gibt es noch zwei weitere große Themen: Die Labyrinthe und die Entschelunigung.

Unter Labyrinthiade verstehe ich die vielfach verschlungenen Geschichten der griechischen Labyrinth-Sage um Daidalos und Icaros sowie um Theseus und Ariadne (und viele Figuren mehr) sowie um die rätselhaften Strukturen realer Labyrinthe und Irrgärten und das, was ich Yrrinthos nenne – nämlich all jene Labyrinthe, die eigentlich gar keine sind (weil sie nur einen einzigen, wenngleich sehr verschlungenen Gang aufweisen, indem man sich jedoch nicht verirren kann), die aber meistens keine Gärten sind, sondern lediglich sehr verwirrende Strukturen – etwa wie eine fremde Großstadt, in der man sich nicht zurechtfindet (oder so kompliziert wie dieser Satz hier).
Das Labyrinth und die Bewegung durch diesen einen Gang hin zum Kern der Struktur ist für mich aueßerdem die Metapher schlechthin für den Vorgang des Schreibens
– bei dem man ja auch ein Ziel hat (z.B. eine spannende Kurzgeschichte mit einer überraschenden Pointe), aber dann auf dem Weg zu diesem Ziel oft ziemlich lange und irritierende Umwege machen muss, bis der Text so ist, wie man ihn haben möchte (oder wie dieser Text sein will – Texte können rasch ein verblüffendes Eigenleben entwickeln).
 
° Das dritte Thema, die Entschleunigung ist ebenfalls ein wesentliches Unterthema des Schreibens. Denn das schriftliche Festhalten verlangsamt den meist recht freien und rasch umherschwirrenden Gedankenflug – weil die schreibende Hand eben weit langsamer arbeitet als das denkende und fühlende Gehirn.
Keine Frage ist es für mich, dass mindestens so wichtig das Gegenteil ist: die Beschleunigung. Auch sie spielt beim Denken und Schreiben eine wesentliche Rolle:
° Zum einen, weil unser Gehirn mit seinen unglaublichen 100 Milliarden Neuronen mit 100 Billionen synaptischen Verbindungen rasend schnell arbeitet – wovon in unserem Bewusstsein aufgrund seiner “Enge” jedoch nur winzige Bruchstücke ankommen.
° Zum anderen, weil wir im Schreiben beliebig “schnell” sein können: Beispielsweise mit einem Wimpernschlag von Sekundenbruchteilen irrsinnige “Tausende von Lichtjahren” in einer SF-Story überwinden, weil unsere Phantasie keinerlei Grenzen in Raum und Zeit setzt – zumindest nicht in der Science-Fiction.
Aber auch sonst lebt Literatur vom “Zeitrafferverfahren” der Szenenwechsel und der Veränderungen des Blickwinkels – und von der Komprimierung. So verdichtete beispielsweise James Joyce in seinem bizarren Roman Ulysses einen einzigen Tag in Dublin zu gerade mal 800 Seiten, obwohl er jedes noch so winzige Detail in Raum und Zeit vor den Leser hinstellte, samt Nebengedanken nach allen sechs Himmelsrichtungen (eben auch nach oben und unten). Was sind da schon 800 Seiten!

*

Dieser Blog wird sich mit der Gegenwart befassen, was unvermeidlich auch zum Thema “Corona-Pandemie” führt (meine Kategorie hierzu: CAN-Blog).
Er wird sich auch mit der Vergangenheit befassen – nicht zuletzt, weil ich hier auch Erinnerungen für meine Autobiographie sammle (Kategorie: AutoBio).
Und dann ist da noch so manches, was mit der Zukunft zu tun haben wird (z.B. in der Kategorie: Science-Fiction).

*

Falls Sie zufällig das Datum dieses Beitrags am Ende dieser Zeilen lesen (das ansonsten immer rechts am Rand des Blogs steht) wundern Sie sich vielleicht über diesen “13. November 2020”. Eigentlich müsste das Datum lauten: “(Freitag) 13. November 2026” – aber das geht nicht, weil dieser Post dann erst zu jenem Datum veröffentlicht und hier im Blog sichtbar werden würde.
Aber das ist eine Geschichte, die will ich, wie so manches weitere in diesem Blog, “ein andermal erzählen” (wie Michael Endes das so schön zum Running Gag seiner Unendlichen Geschichte gemacht hat). Hier nur so viel:
“Freitag, der 13. November 2026” ist das fiktive Datum, von dem ausgehend sich eine Serie der Zeitschrift Psychologie heute mit der kommenden Welt des Jahres 2050 beschäftigte, veröffentlicht in den 1990er Jahren beschäftigte. Ich verfasste zu dieser Serie einen Essay mit dem Titel “Homo futurus” (der sich mit der Psyche der kommenden Menschen befasstte). Seitdem hat mich dieses Datum nicht mehr losgelassen – das ichpersönlich vielleicht nicht mehr erleben werde.
Obwohl: Hundertjährige gibt es inzwischen schon 16.500 allein in der Bundesrepublik und erklecklich viele davon sind sogar 110 Jahre alt. Fragt sich nur, in welchem geistigen, seelischen und körperlichen Zustand sie sich befinden und ob das für mich unbedingt erstrebenswert ist.

Aber die Medizin macht ja Fortschritte, und seit 50 Jahren mache ich jeden Morgen meine Yoga-Übungen, die mir ein Mann beigebracht hat, der immerhin 90 wurde und einst ein Buch mit diesem Titel schrieb: Die Kunst sich selbst zu verjüngen. Max Kirschner wurde 1900 geboren und hat zwei Weltkriege und viele anderen Entbehrungen durchgemacht – ich wurde 1940 geboren und hatte das große Glück, bisher von Entbehrungen verschont zu sein und wenn ich die Corona-Pandemie überlebe – wer weiß…

Besuchen Sei diesen Blog am 13. November 2026 – und vielleicht wieder im Jahr 2050 – und Sie werden es erfahren.

© Jürgen vom Scheidt – geschrieben 18. Nov 2020 – zur Wiedervorlage am Freitag, den 13. November 2026

 

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Autobiographisches Fotografieren Kreativität Reisen Zeichnen

Zeichnen ist mein neues Schreiben

Das ist für mich die Wiederentdeckung eine verschütteten Talents. Die Zeichnungen, die ich als Schüler und Student um 1960 anfertigte, kann ich zu meiner eigenen Überraschung verwenden: hier im Blog.
Ähnlich ist es mit einem anderen Hobby, das ich damals intensiv betrieben habe: das Fotografieren – nun ebenfalls wichtig zur Bebilderung des Blog.

Ein Beispiel (das ich noch nicht in einem speziellen Beitrag verwendet habe):

Im Gebirge der Sternengötter (Tusche – JvS 1961-04-03)

Aus der selben Zeit ist diese SF-Szenerie:

Mondtag (Grafik: JvS 1958 oder 1959

Dieses Foto entstand während meiner ersten Türkeireise 1963, bei der ich als Reiseleiter eine Gruppe von Senioren aus Niebüll begleitete:

Istanbul: Islamischer Friedhof bei der Blauen Moschee (Foto: JvS 1964-03)

Dieser Schnappschuss stammt von meiner Indienreise 1975/76:

Eingang des Tempels auf der Elefanteninsel bei Bombay (Foto: JvS 1976-01)

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3 (drei) Haiku Hochbegabung Psychologie Schreiben

Die 3 (drei) ist häufig dabei

Nicht nur ich habe ein spezielles Faible für die Zahl 3 (drei). Wenn Sie ihre Tageszeitung mal genauer anschauen, finden Sie zum Beispiel, dass der “Seite Drei” darin eine spezielle Bedeutung zukommt. Dort stehen immer die großen Reportagen (jedenfalls ist das bei der Süddeutschen Zeitung so).
Jeder längere Artikel besteht aus drei Abschnitten:
° Titel (oft nur ein MindCatcher, der Ihre Aufmerksamkeit erregen soll).
° Darunter die Einlaufzeile (auch Synopse genannt), in der genauer erläutert wird, worum es in diesem Text geht. Sie ermöglicht Ihnen zu entscheiden, ob sie weiterlesen im
° Fließtext darunter, in dem die ganze Geschichte ausgebreitet wird.

Auch die Titel selbst bestehen oft schon aus genau drei Elementen – Journalisten nennen das die Dreiklangfanfare: “Friede, Freude, Eierkuchen” wäre so ein Beispiel. “Titel, Thesen, Temperamente” ein anderes. Und noch ein drittes (genau!) Exempel: “City of Desaster” (okay, das ist jetzt ein wenig gemogelt).
Am unteren Rand der einzelnen “Bücher” der Zeitung (Feuilleton, Wirtschaft, Sportteil, Lokales) werden gerne die drei wichtigsten Artikel angekündigt: “Im Rampenlicht” / “Im Zwielicht” / Im Dunkeln”. (Warum nicht nur zwei – oder gar fünf?)

Schauen Sie doch auch mal auf die Startseite dieses Blog: Da werden Ihnen wie viele Artikel angeboten?

Früher dauerte ein Song in der Jukebox drei Minuten – ungefähr. Das war der Standard. Weil das sowohl zum Zuhören wie zum Tanzen sehr angenehm war (und für den Jukebox-Betreiber finanziell ergiebiger). Bis neue Technik die Langspielplatte ermöglichte und die Jukeboxen verschwanden.

Wie wär´s mit einem “flotten Dreier”? Oder mit einer richtigen “Dreiecksbeziehung”? Geht selten gut – weil viel zu psychodynamisch. Das liest man jedenfalls in einem Interview mit dem französischen Regisseur Garrell über seinen neuesten Film “Ein Mann zum Verlieben”. Der Artikel hat den Titel “Die Drei ist eine Utopie”.

Drei Minuten soll der Tee ziehen..

Drei Minuten surrt die elektrische Zahnbürste.

“Die ersten drei Minuten…” lautet der Titel eines Buches über die Entstehung des Universums nach dem Urknall. (Warum nicht vier Minuten – oder zwei?)

Etwa drei Prozent er Bevölkerung sind hochbegabt, mit einem Intelligenzquotienten ab 130 aufwärts. (Genau genommen sind es 2,27% gemäß der Normalverteilungskurve – aber mit 3,00% lässt sich leichter rechnen – und so genau kann man die Grenze gar nicht ziehen, die HB von normaler Begabung trennt.)

Die Basis des christlichen Glaubens ist die Trinität von “Gott Vater, Gott Sohn und Heiliger Geist. (Ja, die Gottesmutter Maria hätte das ganz schön durcheinander gebracht. Deshalb haben die Protestanten sie vermieden – und die Katholiken ihr im Nebengang der Kirchen einen Seitenaltar zur Verehrung gebaut).
Die Basis des hinduistischen Glaubens ist eine völlig andere Trinität: Brahma, Shiva und Vishnu.

Eine höchst dynamische Zahl

Was macht eine Familie aus? Vater – Mutter – Kind.
Und wie kommt man dort hin? Verliebt – verlobt – verheiratet. (War jedenfalls früher so.)

Was sind die wesentlichen Entwicklungsstadien von Romanfiguren (und oft auch im richtigen Leben)? Täter – Opfer – Retter.

Wie heißen die Zeitmodi? Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft.

Was sind die Phasen einer klassischen Heldenreise? Oberwelt – Schwelle – Unterwelt.

Was brauchen Sie, damit Ihr Handy funktioniert? Geladener Akku – Guthaben – Passwort.

Wie geht ein guter Abzählreim? “Eene – meene -muh / raus bist du”.

Wieviel Zeilen hat ein Haiku? 5 Silben / 7 Silben / 5 Silben.
Beispiel (eben gedichtet):
5 Mit “eins” beginnt es
7 Kommt ein zweites noch dazu
5 Gibt “drei” keine Ruh.

Das Beste kommt zum Schluss:

Aller guten Dinge sind drei” – so sagt man doch, oder?”

Lesefutter
Garrell, Louis (Interview: Gansera, Rainer): “Die Drei ist eine Utopie”. In: Süd.Zeitung Nr. 257 vom 06. Nov
2020, S. 12 (Feuilleton).
Könneker, Carsten: Wissenschaft kommunizieren. Weinheim 2012 (Wiley VCH). Kap. 8.2.7 “Der Dreiklang”.
– ISBN 978-3-527-32895-6. 219 Seiten – € 24,90. Ein sehr lesenswertes Buch mit vielen guten
Schreib-Tipps – nicht nur für Wissenschaftsjournalisten.
Mühlauer, Alexander: “City of Desaster” (In London wütet das Corona-Virus mehr als irgendwo in Europa).
In: Süd.Zeitung Nr. 11 vom 15. Jan 2021 S. 03 (Seite Drei).

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Kreativität

Greta Thunberg ist erwachsen geworden?

Ich dachte, das wäre sie schon längst. Seit sie sich als Vierzehnjährige mit ihrem weltberühmt gewordenen Plakat auf die Stufen des schwedischen Parlaments setzte, hat sie eine Rolle zu spielen begonnen, in der sie auf mich bereits weit erwachsener wirkt als die meisten “Erwachsenen” auf diesem Planeten, die höchst selten ihre Verantwortung für das “Große Ganze” realisieren und ernst nehmen. Nun ist sie, am 03. Januar 2021, also 18 geworden und somit “volljährig”.

Was für eine Kreativität – mit so einfachen Mitteln eine weltweite Bewegung wie Fridays for Future in Gang zu setzten, Gast zu sein und Gesprächspartnerin auf Augenhöhe in den höchsten Gremien des Planeten (UNO, Weltwirtschaftsgipfel in Davos, deutsches Bundeskanzleramt). Und mal nebenbei Abitur machen.

In diesem Sinne aus der digitalen Ferne: “Happy Birthday, Greta!”

Dieses Poster des Time Magazine und die Auszeichnung als “Person of the Year” hast du wirklich verdient:

Greta Thunberg auf dem Titelblatt des Time Magazine vom 30. Dez 2019

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3 (drei) Autobiographisches Science-Fiction Technik

Von “Jim Parker” zum Weltraumschrott

Weihnachten 1948 machte ich mich zum ersten Mal mit einer Weltraumrakete auf die Reise und landete Auf unbekanntem Stern (wie meine erste Zukunftslektüre betitelt war). Richtig zur Sache resp. in den Orbit ging es 1953 mit der Heftchen-Serie Jim Parkers Abenteuer im Weltraum. Das Motto war damals, etwas salopp ausgedrückt: “Eine Raumfahrt, die ist lustig” (frei nach einem Schunkelschlager zur christlichen Seefahrt aus dem Jahr 1935). Erste Stationen ins All waren in allen Raumfahrtträumen zwei Monde:
° Luna, der echte Trabant der Erde,
° und ein künstliche Begleiter, der unseren Planeten im stationären Orbit umkreist, eine Raumstation.

Titelbild von Heft 4 der Heftserie “Jim Parker” (mit anderem Logo des Nachdrucks von 2012 _ Mohlberg-Verlag)

“Lunetta” hat Wernher von Braun letztere schon als 17jähriger Pennäler im Internat “Schloss Bieberstein” in einer Kurzgeschichte genannt und zwar 1930 – fünf Jahre vor dem Schlager “Eine Seefahrt, die ist lustig”. Später, nachdem er in den 40er Jahren mit der V2 London bombardiert hatte und nach Kriegsende als Top-Wissenschaftler in die USA geholt worden war, veröffentlichte er in den 50er Jahren drei großformatige Bildbände, die für seine Weltraumträume als Erwachsener standen:
° Eine sehr viel detaillierter ausgeführte Raumstation samt genauen Konstruktionsplänen (man hat sie allerdings nicht ihm folgend “Lunetta” genannt, also “Möndchen”, sondern technisch-nüchtern “International Space Station (ISS)”);
° der erste bemannte Flug zum Mond
° und als drittes logischerweise den Flug zum Mars, von Brauns eigentliches “großes Ziel”, zu dessen Verwirklichung Raumstation und Mondlandung nur wichtige Zwischenschritte waren.
Die Mondlandung am 21. Juli 1969 hat von Braun (1912-1977) noch erlebt, denn die wurde vorgezogen, weil Kennedy es den Russen zeigen wollte: Wer die wahrhaftigen Weltraumpioniere waren – nämlich nicht die Hündin Laika oder der Erdumkreiser und allererste “Kosmonaut” Gagarin – sondern zwei amerikanische Piloten, die man ab da Astronauten nannte. Die ISS wurde erst ab 1998 gebaut.

Auf der Raumstation lebt man nicht ungefährdet

Auf der Raumstation war ich schon lange vorher mit Jim Parker gewesen – in Heft 4 der Serie mit dem Titel “Auf dem künstlichen Mond”. 1953 war das, und es galt dort allerlei Abenteuer zu bestehen, welche heutige Astronauten in der ISS nur den Kopf schütteln oder (etwa bei Schießereien an Bord zwischen hauchdünnen Stahlwänden) die Haare zu Berge stehen lassen würden.
Für letzteres gibt es ganz andere Gründe: Wenn etwa das Klo verstopft ist. Oder ein winziger Meteorit ein Leck schlägt. Immer wieder sind schwierige Korrekturmanöver nötig, weil ein vergleichsweise dicker Brocken künstlicher Herkunft die Bahn kreuzt: Überreste kleinerer Satelliten und von Raketen ziviler oder militärischer Herkunft, prosaisch, aber sehr treffend als Weltraumschrott bezeichnet.

Das folgende Zitat stammt nicht etwa aus Jim Parkers Abenteuer “Auf dem Künstlichen Mond” – sondern aus der aktuellen Tageszeitung:
Von Männerdomänen lässt Kristina Nikolaus sich nicht abschrecken. “Oft bin ich die einzige Frau am Tisch”, sagt die 26-Jährige, denn die Raumfahrtindustrie sei eben noch immer eine Branche, in der mehr Männer als Frauen arbeiten. Als Mitbegründerin und Geschäftsführerin von Okapi Orbits trägt Nikolaus bereits Verantwortung für ein elfköpfiges Team, das eine Software entwickelt hat, um Kollisionen im Orbit zu verhindern. Die kommerzielle Raumfahrt wachse rasant und damit auch das Problem mit dem Weltraumschrott.
Immer wieder geraten beispielsweise ausgediente Forschungssatelliten auf Kollisionskurs. Manchmal rasen sie mit nur wenigen Metern Entfernung aneinander vorbei. Kommt es aber zum Crash, hinterlässt der Zusammenprall tonnenweise Weltraumschrott, der unkontrolliert mit zigtausend Stundenkilometern um die Erde kreist.

Nur nebenbei: Es ist typisch, dass zwar Männer diesen Schrott dort oben im Orbit erzeugen und hinterlassen – und dass sich nun eine Frau ans Aufräumen macht. Das ist wie nach jedem Krieg: Die Männer schlagen sich mit “Hurra” (oder auch ängstlich leise) die Köpfe ein – die Krankenschwestern in den Feldlazaretten und Militärhospitälern und dann zuhause die Mütter und Ehefrauen versorgen die Wunden. Wenn überlebt wurde.

Nebenprodukt einer Drogenberatung

Die eingangs erwähnte Story “Lunetta” von Wernher von Braun bekam ich 1970 während einer mehrtägigen Drogenberatung in Schloss Bieberstein stolz von den Lehrern aus dem Archiv des Internats präsentiert. Dank der Vermittlung meines Freundes Jesco von Puttkamer aus der gemeinsamen Zeit im “Science Fiction Club Deutschland” (ab den 60er Jahren Mitarbeiter von Wernher von Braun in Huntsville) bekam ich vom Konstrukteur der Saturn-Mondrakete die Erlaubnis, “Lunetta” in meiner Anthologie Das Monster im Park nachzudrucken. Es geht nichts über gute Beziehungen.

Quellen
Braun, Wernher von: “Lunetta” – s. Scheidt 1971
Kolnberger, Anton F.: Auf unbekanntem Stern. Nürnberg 1948 (Die Egge).
Scheidt, Jürgen vom: (Hrsg.): Das Monster im Park. Erzählungen von Wernher von Braun bis Arthur C.
Clarke. München 1970 (Nymphenburger Verlagshandlung.).
Tjörnsen, Alf: Jim Parkers Abenteuer im Weltraum: Auf dem künstlichen Mond (+ 3 weitere Hefte).
(Rastatt 1953_Pabel-Verlag). Köln 2012 (Mohlberg Verlag).
Seeburg, Carina: “Wilder Westen im Orbit”. In: SZ #02 vom 04. Jan 2021, S. 17 (Wirtschaft: Nahaufnahme).

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Entschleunigung Science-Fiction

Wurmlöcher im Alltag angekommen

Hätte in den 1950er Jahren jemand in der Tageszeitung einen Artikel mit der Überschrift “Im Wurmloch” versehen, hätte auch ich nur “Bahnhof”* verstanden, obwohl ich mich schon als Schüler ganz gut mit Begriffen der Astronomie und Kosmologie auskannte und mit denen der Science-Fiction sowieso. Auch noch vor zehn Jahren hätte ein Redakteur so einen Neologismus kaum in einem Artikel verwendet (und schon gar nicht in der Überschrift), ohne ihn zu erklären.

* Das wäre allerdings gar nicht so falsch gewesen, den Wurmlöcher dienen bekanntlich dem überlichtschnellen Transport zwischen weit voneinander entfernten Gegenden des Weltraums – in der Science-Fiction ist das jedenfalls so.

Aber inzwischen ist wohl eine Generation nachgewachsen, die mit utopischen Abenteuer-Serien wie Star Trek (Raumschiff Enterprise), Krieg der Sterne, Babylon-5 und vielen Kino-Blockbustern wie Avatar und Guardians of the Galaxy aufgewachsen ist und diese Technologie zur ultraschnellen Überbrückung von Raum und Zeit bestens kennt. Eine Generation, die sogar aus Computer-Spielen weiß, das ein Wurmloch eine Art Tunnel zwischen den Dimensionen ist, der Abkürzungen im Hyperraum ermöglicht – so etwas wie ein Schwarzes Loch auf der einen Seite und ein Weißes Loch auf der anderen – nur nicht so gefährlich, irgendwie sanfter. Science-Fiction halt.
Alles klar?
Ob diese neue Generation allerdings den Wirtschaftsteil der SZ liest? Ob sie überhaupt noch liest – außer dem, was in der Schule verlangt wird?

Helmut Martin-Jung verwendet “Wurmloch” so selbstverständlich, als wüsste jedermann (und jede Frau) Bescheid. Und das finde ich so spannend, weil es ein Hinweis darauf ist, dass SF inzwischen mitten im Alltag angekommen ist. In derselben Glosse im Wirtschaftsteil kommt gleich noch ein zweiter Ausdruck vor, den man vor nicht allzu langer Zeit nur in einem utopischen ‘Roman (oder einem sehr speziellen Sachbuch mit futurologischen Themen) verwendet hätte: “Fortbestand der Menschheit“. Es ging in dieser Glosse übrigens, was nicht unwichtig ist, um den Stress vor dem Weihnachtsfest und diese Formulierung sollte das satirisch überhöhen:
“Aufgaben, die schon vor Ewigkeiten hätten erledigt werden können, müssen unbedingt vor diesem Termin getan werden, auch wenn das für besagten Fortbestand der Menschheit wirklich keine Rolle spielt.”

Einen Begriff habe ich allerdings in diesem Text vermisst, denn in der Unterzeile nach dem Titel “Im Wurmloch” geht es so weiter:
“Warum zum Weihnachtsfest Gelassenheit die beste Devise ist.”
Da hätte doch auch das Wort Entschleunigung bestens gepasst, und ich hätte auf meiner privaten Hitliste dieses Begriffs wieder mal ein Strichlein machen können. Aber “Gelassenheit” ist auch okay, als Synonym von Entschleunigung (oder umgekehrt?).

Quelle
Martin-Jung, Helmut: “Im Wurmloch”. In: Südd. Zeitung vom 24. Dez 2020, S. 24 (Wirtschaftsteil).

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Autobiographisches CoronaPandemie Haiku

Fürsorge – oder Angst?

Kennen Sie das auch? Sie laufen in der Stadt. Jemand kommt Ihnen entgegen. Sie haben keine Schutzmaske aufgesetzt. Die entgegenkommende Person hat keine Schutzmaske aufgesetzt. Sofort ist das das fatale Wörtchen “Aerosolwölkchen” in ihrem Bewusstsein.

Soll man da vorsichtshalber die Maske herausfingern und aufsetzen?

Soll man das Gesicht abwenden – den Atem anhalten?

Noch seltsamer wäre die Situation, wenn man diese Person kennt – vielleicht sogar gut kennt, als Nachbar im Haus. Da kann man doch nicht das Gesicht abwenden. Da kann ja auch nichts passieren, die kennt man doch. Von wegen!

Aber was weiß man denn über andere Leute? Nicht einmal die Mitglieder der eigenen Familie sind doch “sicher negativ”. Denn die Enkelkinder können sich in der Schule angesteckt haben. Vor Tagen schon. Die Eltern (also die eigenen Kinder) können sich bei ihren Kindern angesteckt haben.

Ein paranoider Teufelskreis der Gedanken beginnt im Kopf zu rotieren.

Aber ist das nur die Angst vor Ansteckung – oder spielt da nicht auch eine gewisse Fürsorge mit – das man die anderen schützen möchte, fall man selbst (noch unerkannt) das Virus mit sich herumträgt und weitergibt?

Erleichterung: Die entgegenkommende Frau ist einige Meter vor der Begegnung in ein Haus getreten. Gerettet. Trotzdem den Atem noch ein wenig anhalten. Bis etwaige Aerosolwölkchen verweht sind, sich am Boden abgesetzt haben. Wenn da nur nicht dieser feine Parfümduft nachwehen würde, ganz zart, nicht unangenehm. Aber eben auch – ein Aerosolwölkchen!

Was soll´s. Wir müssen alle mal sterben. Aber bitte nicht mit Corona-Erstickungsanfällen auf der Intensivstation.

Zuhause bleiben. Sich einbunkern. In freiwilliger Quarantäne –

Nein, kommt nicht infrage. Maske aufsetzten. Immer die Maske aufsetzen. Die meiste Zeit jedenfalls. Man kann ja die Nase frei lassen. Und wenn einem jemand zu nahe kommt – hochziehen das Visier. Wie Ritter Kunibert, bevor er in die Schlacht zieht.

Wie wär´s mit einem Haiku als Abwehrzauber, ironisch distanzierend:

Der Feind kommt näher.
Auf die Maske – hoch das Visier.
Wieder gerettet.

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Autobiographisches Fiction Kindheit Krieg Psychologie Schreiben Science-Fiction Zukunft

Kriegskinder und Kriegsenkel

Wenn man im Februar 1940 geboren wird, ist man ein Kriegskind. Was das bedeutet, habe ich erst lange nach meinem Studium der Psychologie erfahren und viele Jahre nach zwei Psychoanalysen.

Das Thema Kriegskindheit blubberte erstmals 2003 in mein Bewusstsein nach der Lektüre eines Vortrags von Michael Ermann, der um die Jahrtausendwende (in nicht autorisierter Abschrift) durch die Psycho-Szene geisterte und über eine Freundin einer Freundin meiner Frau Ruth schließlich bei mir landete. Ich habe mir, wie elektrisiert von dem Thema, gleich das Büchlein von Peter Heinl besorgt, das die Grundlage des Vortrags war – und habe es zweimal in einem Zug durchgelesen.

Warum habe ich wohl 1959 (das muss nach dem Abitur in einer schöpferischen Zwischenzeit gewesen sein) diese Tusche-Graphik mit dem Titel “Krieg im Weltenraum” gezeichnet? Nicht etwa, weil ich kriegsbegeistert bin (wie einst mein Großvater Karl Hertel) – ganz im Gegenteil. (Die Antwort folgt weiter unten.)

Krieg im Weltraum. (JvS – Tuschezeichnung Aug 1959)

Inzwischen gibt es eine ganze Reihe von Publikationen über Kriegskinder – und längst auch über die Kinder dieser Kriegskinder – die Kriegsenkel. Es fiel mir wie die sprichwörtlichen “Schuppen von den Augen”, als ich Gefühle und Situationen entdeckte, die ich selbst als Kind erlebt hatte – allen voran die Nicht-Existenz eines Vaters. Letzteres war meine Situation zum Glück nur in den ersten fünf Lebensjahren: Mein Vater kehrte im Juli 1945 aus amerikanischer Gefangenschaft und somit aus dem Krieg zurück, und zwar zumindest körperlich unversehrt (dass es so etwas wie seelische Traumatisierungen gibt, lernte ich auch erst sehr spät). Aber der frühe Mangel ist nun mal prägender als alles, was später kommt.

Erst lange danach fiel mir ein, dass ich mich mit den “abwesenden Vätern” schon vorher in meiner Dissertation Der falsche Weg zum Selbst befasst hatte.

Kriegs-Geschichten – weit weit weg

Aber erst als ich – nochmals fast zwei Jahrzehnte später – 2020 mit der Arbeit an diesem Blog begann, begriff ich, warum das Thema Krieg, wie selbstverständlich, in meinen Erzählungen auftaucht – und zwar von Anfang an. Zwei meiner allerersten Kurzgeschichten (“Nur ein kleiner Fehler”, “Eine unter vielen”) handeln von zukünftigen Kriegen auf fernen Planeten – ja, möglichst weit weg sollte das sein. Auch in meinem ersten Roman Männer gegen Raum und Zeit geht es gegen Ende richtig kriegerisch zur Sache: Mit der Zerstörung des sagenhaften Kontinents Atlantis hier auf der Erde – was nur das Echo eines noch viel gewaltigeren Krieges weit weg im Weltraum ist. (Der Roman spielt in fernster Zukunft – aber der Untergang von Atlantis schlägt eine Brücke viele Jahrtausenden zurück in die Vergangenheit – in der Science-Fiction geht das problemlos.)

In meinem zweiten Roman Sternvogel geht es viel zivilisierter zu: Die “richtigen” Kriege sind dort von Handelskriegen weit friedlicherer Art abgelöst.

Aber in meinem dritten Roman, Der geworfene Stein, geht es wieder richtig zur Sache”: Ein Atomkrieg hat die Erde verwüstet, die Menschen leben in wenigen Rückszugsgebieten unter schützenden Energiekuppeln (München ist eines dieser Reservate). Mongolische Horden durchstreifen den Kontinent, eine ist schon bis nach Starnberg vorgedrungen. Und aus Afrika attackieren feindliche Jets die einstige bayerische Hauptstadt. Aber es gibt eine Art Happy-end: Die Geschichte geht gut aus. Für´s erste. (Möge uns das erspart bleiben – Corona ist lange nicht so schlimm wie Krieg.)

Und was ist mit den Kriegsurenkeln?

Hat man den Mechanismus der (mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nur psychischen) Weitergabe von Kriegstraumata an die Nachkommen erst einmal akzeptiert und ist einigermaßen sensibilisiert für die Bedeutung solcher Weitergaben, gibt es eigentlich nur eine richtige Antwort auf die damit verbundenen Fragen und Probleme:
Man muss beginnen, diese Altlasten im eigenen Leben aufzuarbeiten- damit man sie nicht weiter “vererbt”. Als ich 1965 aus ganz anderen Gründen (die an der Oberfläche mit meinem Studium zu tun hatten) eine Psychoanalyse begann, dacht ich nicht daran, dass ich damit auch anfing, diese Altlasten anzuschauen und ihre Narben zu erkennen. Und dass dies eine Möglichkeit war, sie nicht an eigene Kinder weiterzugeben. Damals wollte ich gar keine Kinder haben (eine Art Selbstschutz vor solcher Verantwortung?). Die Psychoanalyse war erfolgreich. Ich traute mir irgendwann sogar drei Kinder zu. Und hoffe, dass ich keine Kriegstraumata an sie weitergegeben habe – was letztlich sogar die noch spätere Generation belasten könnte (das wären dann “Kriegsurenkel”) .

In der Bibel steht viel Unsinn aus vorwissenschaftlichen Zeiten. Aber sie transportiert doch auch einige Urweisheiten, die zeitlos gültig sind. Eine davon hat mich immer schon beeindruckt, was noch verstärkt wurde durch die Beschäftigung mit der “Kriegskinder”-Problematik:
Die Sünden der Väter werden gerächt bis uns dritte und vierte Glied” (und manchmal sogar bis ins “siebte Glied”.
Es gibt dazu inzwischen einen eigenen Forschungsbereich in der Psychologie: Die Transgenerationale Traumaweitergabe. In der Wikipedia findet man dazu noch keinen Artikel (Stand: 11. Jan 2021) – aber wenn man den Begriff googelt, entdeckt man so allerhand.

Quellen
Heinl, Peter: Maikäfer flieg, dein Vater ist im Krieg (1994) München 2003 / 3. Aufl. (Kösel).
Scheidt, Jürgen vom: “Nur ein kleiner Fehler“. In: Utopia-Magazin Nr. 6. Rastatt 1956 (Pabel Verlag).
ders.: “Eine unter vielen”. Füller in: Williamson, Jack: Die Zeitlegion.
ders.: Männer gegen Raum und Zeit (Leihbuchausgabe). Wuppertal-Barmen 1958 (Wieba).
ders.: Sternvogel. Minden 1962 (Bewin)..
ders.: Der geworfene Stein. Percha bei München 1975 (R. S. Schulz).
ders.: Der falsche Weg zum Selbst. Studien zur Drogenkarriere. München 1976 (Kindler-Verlag, Geist und
Psyche). Überarbeitete Neuausgabe Frankfurt am Main 1984 (Fischer Taschenbuch).
Williamson, Jack: Die Zeit-Legion – Utopia-Großband Nr. 65. Rastatt 1958 (Pabel-Verlag).