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Autobiographisches Beruf Labyrinthiade Psychologie Schreiben Schreibseminare Science-Fiction Zufall

Hallo – das bin ich

Hier will ich vorab definieren, worum es mir in diesem neu gestarteten Blog geht. Ich will mich darin mit allem befassen, was das Schreiben betrifft. Begleitende Themen (Kategorien) sind die Labyrinthiade und die Entschleunigung. Das hängt (für mich jedenfalls) alles eng zusammen: Beim Schreiben bewegt man sich entschleunigt durch das Labyrinth des eigenen Lebens (oder des Projekt-Themas, an dem man gerade arbeitet).

Aber zunächst einmal will ich mich mit einem aktuellen Portrait auch optisch vorstellen (weitere Details in → ABOUT) – den Hut habe ich übrigens nur zu diesem Anlass aufgesetzt:

Abb.: Jürgen vom Scheidt, Schriftsteller und Leiter von Schreibseminaren (Foto: GvSch 2019)

Warum dieser Hut? Er tauchte irgendwann in der Familie auf, ein Erbstück. Ich sah ihn und dachte spontan: So einen Hut hat mein Vater immer gerne getragen, ein Borsalino. Deshalb ließ ich mich damit auch spaßeshalber ablichten – s. das Bild oben. Typisch 50er Jahre für seriöse Bürger. Ich habe nie einen Hut getragen (außer im Sommer als Sonnenschutz). Aber als mir das Foto wieder mal zufällig über den Weg lief, dachte ich: Das passt doch gut zu einer Inszenierung.

Inszenierung? Nun, wir spielen immer irgendwelche Rollen, je nach Umgebung sind wir mal so und mal so. Beim Klassentreffen rutschen wir rasch, wie mit einer Zeitmaschine, zurück in die Vergangenheit, als wir gemeinsam die Schulbank drückten. Andertags in der Arbeitssituation sind wir nicht der Klassenclown (der wir am Vorabend und damals in der Schule vielleicht waren), sondern der seriöse, gut beherrschte Was-auch-immer.

Nun also “Mann mit Hut”. Das hat tatsächlich viel mit meinem Vater zu tun (dem ich im Alter zu meiner eigenen Überraschung in mancher Hinsicht ähnlich werde, zumindest innerlich und zeitweise) – nicht zuletzt, weil dieser Blog eine Art Goldwaschanlage für meine Autobiographie sein soll (an der ich seit einem Jahr arbeite) und mein Vater darin in vielerlei – und manchmal sehr widersprechender Weise – eine wesentliche Rolle spielt.

Goldwaschen – darum geht es beim Schreiben immer. Man sammelt und sinniert und recherchiert und erinnert sich – aber nur die wirklich wertvollen Goldnuggets sollten im Endprodukt landen.

Nachdem ich auch parallel dazu an einem Roman arbeite, solte sich neimand wundern, dass hier immer wieder auch Erzählendes zu finden ist.

Doch außer dem “Schreiben und Veröffentlichen” gibt es noch zwei weitere große Themen: Die Labyrinthe und die Entschelunigung.

Unter Labyrinthiade verstehe ich die vielfach verschlungenen Geschichten der griechischen Labyrinth-Sage um Daidalos und Icaros sowie um Theseus und Ariadne (und viele Figuren mehr) sowie um die rätselhaften Strukturen realer Labyrinthe und Irrgärten und das, was ich Yrrinthos nenne – nämlich all jene Labyrinthe, die eigentlich gar keine sind (weil sie nur einen einzigen, wenngleich sehr verschlungenen Gang aufweisen, indem man sich jedoch nicht verirren kann), die aber meistens keine Gärten sind, sondern lediglich sehr verwirrende Strukturen – etwa wie eine fremde Großstadt, in der man sich nicht zurechtfindet (oder so kompliziert wie dieser Satz hier).
Das Labyrinth und die Bewegung durch diesen einen Gang hin zum Kern der Struktur ist für mich aueßerdem die Metapher schlechthin für den Vorgang des Schreibens
– bei dem man ja auch ein Ziel hat (z.B. eine spannende Kurzgeschichte mit einer überraschenden Pointe), aber dann auf dem Weg zu diesem Ziel oft ziemlich lange und irritierende Umwege machen muss, bis der Text so ist, wie man ihn haben möchte (oder wie dieser Text sein will – Texte können rasch ein verblüffendes Eigenleben entwickeln).
 
° Das dritte Thema, die Entschleunigung ist ebenfalls ein wesentliches Unterthema des Schreibens. Denn das schriftliche Festhalten verlangsamt den meist recht freien und rasch umherschwirrenden Gedankenflug – weil die schreibende Hand eben weit langsamer arbeitet als das denkende und fühlende Gehirn.
Keine Frage ist es für mich, dass mindestens so wichtig das Gegenteil ist: die Beschleunigung. Auch sie spielt beim Denken und Schreiben eine wesentliche Rolle:
° Zum einen, weil unser Gehirn mit seinen unglaublichen 100 Milliarden Neuronen mit 100 Billionen synaptischen Verbindungen rasend schnell arbeitet – wovon in unserem Bewusstsein aufgrund seiner “Enge” jedoch nur winzige Bruchstücke ankommen.
° Zum anderen, weil wir im Schreiben beliebig “schnell” sein können: Beispielsweise mit einem Wimpernschlag von Sekundenbruchteilen irrsinnige “Tausende von Lichtjahren” in einer SF-Story überwinden, weil unsere Phantasie keinerlei Grenzen in Raum und Zeit setzt – zumindest nicht in der Science-Fiction.
Aber auch sonst lebt Literatur vom “Zeitrafferverfahren” der Szenenwechsel und der Veränderungen des Blickwinkels – und von der Komprimierung. So verdichtete beispielsweise James Joyce in seinem bizarren Roman Ulysses einen einzigen Tag in Dublin zu gerade mal 800 Seiten, obwohl er jedes noch so winzige Detail in Raum und Zeit vor den Leser hinstellte, samt Nebengedanken nach allen sechs Himmelsrichtungen (eben auch nach oben und unten). Was sind da schon 800 Seiten!

*

Dieser Blog wird sich mit der Gegenwart befassen, was unvermeidlich auch zum Thema “Corona-Pandemie” führt (meine Kategorie hierzu: CAN-Blog).
Er wird sich auch mit der Vergangenheit befassen – nicht zuletzt, weil ich hier auch Erinnerungen für meine Autobiographie sammle (Kategorie: AutoBio).
Und dann ist da noch so manches, was mit der Zukunft zu tun haben wird (z.B. in der Kategorie: Science-Fiction).

*

Falls Sie zufällig das Datum dieses Beitrags am Ende dieser Zeilen lesen (das ansonsten immer rechts am Rand des Blogs steht) wundern Sie sich vielleicht über diesen “13. November 2020”. Eigentlich müsste das Datum lauten: “(Freitag) 13. November 2026” – aber das geht nicht, weil dieser Post dann erst zu jenem Datum veröffentlicht und hier im Blog sichtbar werden würde.
Aber das ist eine Geschichte, die will ich, wie so manches weitere in diesem Blog, “ein andermal erzählen” (wie Michael Endes das so schön zum Running Gag seiner Unendlichen Geschichte gemacht hat). Hier nur so viel:
“Freitag, der 13. November 2026” ist das fiktive Datum, von dem ausgehend sich eine Serie der Zeitschrift Psychologie heute mit der kommenden Welt des Jahres 2050 beschäftigte, veröffentlicht in den 1990er Jahren beschäftigte. Ich verfasste zu dieser Serie einen Essay mit dem Titel “Homo futurus” (der sich mit der Psyche der kommenden Menschen befasstte). Seitdem hat mich dieses Datum nicht mehr losgelassen – das ichpersönlich vielleicht nicht mehr erleben werde.
Obwohl: Hundertjährige gibt es inzwischen schon 16.500 allein in der Bundesrepublik und erklecklich viele davon sind sogar 110 Jahre alt. Fragt sich nur, in welchem geistigen, seelischen und körperlichen Zustand sie sich befinden und ob das für mich unbedingt erstrebenswert ist.

Aber die Medizin macht ja Fortschritte, und seit 50 Jahren mache ich jeden Morgen meine Yoga-Übungen, die mir ein Mann beigebracht hat, der immerhin 90 wurde und einst ein Buch mit diesem Titel schrieb: Die Kunst sich selbst zu verjüngen. Max Kirschner wurde 1900 geboren und hat zwei Weltkriege und viele anderen Entbehrungen durchgemacht – ich wurde 1940 geboren und hatte das große Glück, bisher von Entbehrungen verschont zu sein und wenn ich die Corona-Pandemie überlebe – wer weiß…

Besuchen Sei diesen Blog am 13. November 2026 – und vielleicht wieder im Jahr 2050 – und Sie werden es erfahren.

© Jürgen vom Scheidt – geschrieben 18. Nov 2020 – zur Wiedervorlage am Freitag, den 13. November 2026

 

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Autobiographisches Fotografieren Kreativität Reisen Zeichnen

Zeichnen ist mein neues Schreiben

Das ist für mich die Wiederentdeckung eine verschütteten Talents. Die Zeichnungen, die ich als Schüler und Student um 1960 anfertigte, kann ich zu meiner eigenen Überraschung verwenden: hier im Blog.
Ähnlich ist es mit einem anderen Hobby, das ich damals intensiv betrieben habe: das Fotografieren – nun ebenfalls wichtig zur Bebilderung des Blog.

Ein Beispiel (das ich noch nicht in einem speziellen Beitrag verwendet habe):

Im Gebirge der Sternengötter (Tusche – JvS 1961-04-03)

Aus der selben Zeit ist diese SF-Szenerie:

Mondtag (Grafik: JvS 1958 oder 1959

Dieses Foto entstand während meiner ersten Türkeireise 1963, bei der ich als Reiseleiter eine Gruppe von Senioren aus Niebüll begleitete:

Istanbul: Islamischer Friedhof bei der Blauen Moschee (Foto: JvS 1964-03)

Dieser Schnappschuss stammt von meiner Indienreise 1975/76:

Eingang des Tempels auf der Elefanteninsel bei Bombay (Foto: JvS 1976-01)

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3 (drei) Autobiographisches Science-Fiction Technik

Von “Jim Parker” zum Weltraumschrott

Weihnachten 1948 machte ich mich zum ersten Mal mit einer Weltraumrakete auf die Reise und landete Auf unbekanntem Stern (wie meine erste Zukunftslektüre betitelt war). Richtig zur Sache resp. in den Orbit ging es 1953 mit der Heftchen-Serie Jim Parkers Abenteuer im Weltraum. Das Motto war damals, etwas salopp ausgedrückt: “Eine Raumfahrt, die ist lustig” (frei nach einem Schunkelschlager zur christlichen Seefahrt aus dem Jahr 1935). Erste Stationen ins All waren in allen Raumfahrtträumen zwei Monde:
° Luna, der echte Trabant der Erde,
° und ein künstliche Begleiter, der unseren Planeten im stationären Orbit umkreist, eine Raumstation.

Titelbild von Heft 4 der Heftserie “Jim Parker” (mit anderem Logo des Nachdrucks von 2012 _ Mohlberg-Verlag)

“Lunetta” hat Wernher von Braun letztere schon als 17jähriger Pennäler im Internat “Schloss Bieberstein” in einer Kurzgeschichte genannt und zwar 1930 – fünf Jahre vor dem Schlager “Eine Seefahrt, die ist lustig”. Später, nachdem er in den 40er Jahren mit der V2 London bombardiert hatte und nach Kriegsende als Top-Wissenschaftler in die USA geholt worden war, veröffentlichte er in den 50er Jahren drei großformatige Bildbände, die für seine Weltraumträume als Erwachsener standen:
° Eine sehr viel detaillierter ausgeführte Raumstation samt genauen Konstruktionsplänen (man hat sie allerdings nicht ihm folgend “Lunetta” genannt, also “Möndchen”, sondern technisch-nüchtern “International Space Station (ISS)”);
° der erste bemannte Flug zum Mond
° und als drittes logischerweise den Flug zum Mars, von Brauns eigentliches “großes Ziel”, zu dessen Verwirklichung Raumstation und Mondlandung nur wichtige Zwischenschritte waren.
Die Mondlandung am 21. Juli 1969 hat von Braun (1912-1977) noch erlebt, denn die wurde vorgezogen, weil Kennedy es den Russen zeigen wollte: Wer die wahrhaftigen Weltraumpioniere waren – nämlich nicht die Hündin Laika oder der Erdumkreiser und allererste “Kosmonaut” Gagarin – sondern zwei amerikanische Piloten, die man ab da Astronauten nannte. Die ISS wurde erst ab 1998 gebaut.

Auf der Raumstation lebt man nicht ungefährdet

Auf der Raumstation war ich schon lange vorher mit Jim Parker gewesen – in Heft 4 der Serie mit dem Titel “Auf dem künstlichen Mond”. 1953 war das, und es galt dort allerlei Abenteuer zu bestehen, welche heutige Astronauten in der ISS nur den Kopf schütteln oder (etwa bei Schießereien an Bord zwischen hauchdünnen Stahlwänden) die Haare zu Berge stehen lassen würden.
Für letzteres gibt es ganz andere Gründe: Wenn etwa das Klo verstopft ist. Oder ein winziger Meteorit ein Leck schlägt. Immer wieder sind schwierige Korrekturmanöver nötig, weil ein vergleichsweise dicker Brocken künstlicher Herkunft die Bahn kreuzt: Überreste kleinerer Satelliten und von Raketen ziviler oder militärischer Herkunft, prosaisch, aber sehr treffend als Weltraumschrott bezeichnet.

Das folgende Zitat stammt nicht etwa aus Jim Parkers Abenteuer “Auf dem Künstlichen Mond” – sondern aus der aktuellen Tageszeitung:
Von Männerdomänen lässt Kristina Nikolaus sich nicht abschrecken. “Oft bin ich die einzige Frau am Tisch”, sagt die 26-Jährige, denn die Raumfahrtindustrie sei eben noch immer eine Branche, in der mehr Männer als Frauen arbeiten. Als Mitbegründerin und Geschäftsführerin von Okapi Orbits trägt Nikolaus bereits Verantwortung für ein elfköpfiges Team, das eine Software entwickelt hat, um Kollisionen im Orbit zu verhindern. Die kommerzielle Raumfahrt wachse rasant und damit auch das Problem mit dem Weltraumschrott.
Immer wieder geraten beispielsweise ausgediente Forschungssatelliten auf Kollisionskurs. Manchmal rasen sie mit nur wenigen Metern Entfernung aneinander vorbei. Kommt es aber zum Crash, hinterlässt der Zusammenprall tonnenweise Weltraumschrott, der unkontrolliert mit zigtausend Stundenkilometern um die Erde kreist.

Nur nebenbei: Es ist typisch, dass zwar Männer diesen Schrott dort oben im Orbit erzeugen und hinterlassen – und dass sich nun eine Frau ans Aufräumen macht. Das ist wie nach jedem Krieg: Die Männer schlagen sich mit “Hurra” (oder auch ängstlich leise) die Köpfe ein – die Krankenschwestern in den Feldlazaretten und Militärhospitälern und dann zuhause die Mütter und Ehefrauen versorgen die Wunden. Wenn überlebt wurde.

Nebenprodukt einer Drogenberatung

Die eingangs erwähnte Story “Lunetta” von Wernher von Braun bekam ich 1970 während einer mehrtägigen Drogenberatung in Schloss Bieberstein stolz von den Lehrern aus dem Archiv des Internats präsentiert. Dank der Vermittlung meines Freundes Jesco von Puttkamer aus der gemeinsamen Zeit im “Science Fiction Club Deutschland” (ab den 60er Jahren Mitarbeiter von Wernher von Braun in Huntsville) bekam ich vom Konstrukteur der Saturn-Mondrakete die Erlaubnis, “Lunetta” in meiner Anthologie Das Monster im Park nachzudrucken. Es geht nichts über gute Beziehungen.

Quellen
Braun, Wernher von: “Lunetta” – s. Scheidt 1971
Kolnberger, Anton F.: Auf unbekanntem Stern. Nürnberg 1948 (Die Egge).
Scheidt, Jürgen vom: (Hrsg.): Das Monster im Park. Erzählungen von Wernher von Braun bis Arthur C.
Clarke. München 1970 (Nymphenburger Verlagshandlung.).
Tjörnsen, Alf: Jim Parkers Abenteuer im Weltraum: Auf dem künstlichen Mond (+ 3 weitere Hefte).
(Rastatt 1953_Pabel-Verlag). Köln 2012 (Mohlberg Verlag).
Seeburg, Carina: “Wilder Westen im Orbit”. In: SZ #02 vom 04. Jan 2021, S. 17 (Wirtschaft: Nahaufnahme).

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Autobiographisches CoronaPandemie Haiku

Fürsorge – oder Angst?

Kennen Sie das auch? Sie laufen in der Stadt. Jemand kommt Ihnen entgegen. Sie haben keine Schutzmaske aufgesetzt. Die entgegenkommende Person hat keine Schutzmaske aufgesetzt. Sofort ist das das fatale Wörtchen “Aerosolwölkchen” in ihrem Bewusstsein.

Soll man da vorsichtshalber die Maske herausfingern und aufsetzen?

Soll man das Gesicht abwenden – den Atem anhalten?

Noch seltsamer wäre die Situation, wenn man diese Person kennt – vielleicht sogar gut kennt, als Nachbar im Haus. Da kann man doch nicht das Gesicht abwenden. Da kann ja auch nichts passieren, die kennt man doch. Von wegen!

Aber was weiß man denn über andere Leute? Nicht einmal die Mitglieder der eigenen Familie sind doch “sicher negativ”. Denn die Enkelkinder können sich in der Schule angesteckt haben. Vor Tagen schon. Die Eltern (also die eigenen Kinder) können sich bei ihren Kindern angesteckt haben.

Ein paranoider Teufelskreis der Gedanken beginnt im Kopf zu rotieren.

Aber ist das nur die Angst vor Ansteckung – oder spielt da nicht auch eine gewisse Fürsorge mit – das man die anderen schützen möchte, fall man selbst (noch unerkannt) das Virus mit sich herumträgt und weitergibt?

Erleichterung: Die entgegenkommende Frau ist einige Meter vor der Begegnung in ein Haus getreten. Gerettet. Trotzdem den Atem noch ein wenig anhalten. Bis etwaige Aerosolwölkchen verweht sind, sich am Boden abgesetzt haben. Wenn da nur nicht dieser feine Parfümduft nachwehen würde, ganz zart, nicht unangenehm. Aber eben auch – ein Aerosolwölkchen!

Was soll´s. Wir müssen alle mal sterben. Aber bitte nicht mit Corona-Erstickungsanfällen auf der Intensivstation.

Zuhause bleiben. Sich einbunkern. In freiwilliger Quarantäne –

Nein, kommt nicht infrage. Maske aufsetzten. Immer die Maske aufsetzen. Die meiste Zeit jedenfalls. Man kann ja die Nase frei lassen. Und wenn einem jemand zu nahe kommt – hochziehen das Visier. Wie Ritter Kunibert, bevor er in die Schlacht zieht.

Wie wär´s mit einem Haiku als Abwehrzauber, ironisch distanzierend:

Der Feind kommt näher.
Auf die Maske – hoch das Visier.
Wieder gerettet.

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Autobiographisches Fiction Kindheit Krieg Psychologie Schreiben Science-Fiction Zukunft

Kriegskinder und Kriegsenkel

Wenn man im Februar 1940 geboren wird, ist man ein Kriegskind. Was das bedeutet, habe ich erst lange nach meinem Studium der Psychologie erfahren und viele Jahre nach zwei Psychoanalysen.

Das Thema Kriegskindheit blubberte erstmals 2003 in mein Bewusstsein nach der Lektüre eines Vortrags von Michael Ermann, der um die Jahrtausendwende (in nicht autorisierter Abschrift) durch die Psycho-Szene geisterte und über eine Freundin einer Freundin meiner Frau Ruth schließlich bei mir landete. Ich habe mir, wie elektrisiert von dem Thema, gleich das Büchlein von Peter Heinl besorgt, das die Grundlage des Vortrags war – und habe es zweimal in einem Zug durchgelesen.

Warum habe ich wohl 1959 (das muss nach dem Abitur in einer schöpferischen Zwischenzeit gewesen sein) diese Tusche-Graphik mit dem Titel “Krieg im Weltenraum” gezeichnet? Nicht etwa, weil ich kriegsbegeistert bin (wie einst mein Großvater Karl Hertel) – ganz im Gegenteil. (Die Antwort folgt weiter unten.)

Krieg im Weltraum. (JvS – Tuschezeichnung Aug 1959)

Inzwischen gibt es eine ganze Reihe von Publikationen über Kriegskinder – und längst auch über die Kinder dieser Kriegskinder – die Kriegsenkel. Es fiel mir wie die sprichwörtlichen “Schuppen von den Augen”, als ich Gefühle und Situationen entdeckte, die ich selbst als Kind erlebt hatte – allen voran die Nicht-Existenz eines Vaters. Letzteres war meine Situation zum Glück nur in den ersten fünf Lebensjahren: Mein Vater kehrte im Juli 1945 aus amerikanischer Gefangenschaft und somit aus dem Krieg zurück, und zwar zumindest körperlich unversehrt (dass es so etwas wie seelische Traumatisierungen gibt, lernte ich auch erst sehr spät). Aber der frühe Mangel ist nun mal prägender als alles, was später kommt.

Erst lange danach fiel mir ein, dass ich mich mit den “abwesenden Vätern” schon vorher in meiner Dissertation Der falsche Weg zum Selbst befasst hatte.

Kriegs-Geschichten – weit weit weg

Aber erst als ich – nochmals fast zwei Jahrzehnte später – 2020 mit der Arbeit an diesem Blog begann, begriff ich, warum das Thema Krieg, wie selbstverständlich, in meinen Erzählungen auftaucht – und zwar von Anfang an. Zwei meiner allerersten Kurzgeschichten (“Nur ein kleiner Fehler”, “Eine unter vielen”) handeln von zukünftigen Kriegen auf fernen Planeten – ja, möglichst weit weg sollte das sein. Auch in meinem ersten Roman Männer gegen Raum und Zeit geht es gegen Ende richtig kriegerisch zur Sache: Mit der Zerstörung des sagenhaften Kontinents Atlantis hier auf der Erde – was nur das Echo eines noch viel gewaltigeren Krieges weit weg im Weltraum ist. (Der Roman spielt in fernster Zukunft – aber der Untergang von Atlantis schlägt eine Brücke viele Jahrtausenden zurück in die Vergangenheit – in der Science-Fiction geht das problemlos.)

In meinem zweiten Roman Sternvogel geht es viel zivilisierter zu: Die “richtigen” Kriege sind dort von Handelskriegen weit friedlicherer Art abgelöst.

Aber in meinem dritten Roman, Der geworfene Stein, geht es wieder richtig zur Sache”: Ein Atomkrieg hat die Erde verwüstet, die Menschen leben in wenigen Rückszugsgebieten unter schützenden Energiekuppeln (München ist eines dieser Reservate). Mongolische Horden durchstreifen den Kontinent, eine ist schon bis nach Starnberg vorgedrungen. Und aus Afrika attackieren feindliche Jets die einstige bayerische Hauptstadt. Aber es gibt eine Art Happy-end: Die Geschichte geht gut aus. Für´s erste. (Möge uns das erspart bleiben – Corona ist lange nicht so schlimm wie Krieg.)

Und was ist mit den Kriegsurenkeln?

Hat man den Mechanismus der (mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nur psychischen) Weitergabe von Kriegstraumata an die Nachkommen erst einmal akzeptiert und ist einigermaßen sensibilisiert für die Bedeutung solcher Weitergaben, gibt es eigentlich nur eine richtige Antwort auf die damit verbundenen Fragen und Probleme:
Man muss beginnen, diese Altlasten im eigenen Leben aufzuarbeiten- damit man sie nicht weiter “vererbt”. Als ich 1965 aus ganz anderen Gründen (die an der Oberfläche mit meinem Studium zu tun hatten) eine Psychoanalyse begann, dacht ich nicht daran, dass ich damit auch anfing, diese Altlasten anzuschauen und ihre Narben zu erkennen. Und dass dies eine Möglichkeit war, sie nicht an eigene Kinder weiterzugeben. Damals wollte ich gar keine Kinder haben (eine Art Selbstschutz vor solcher Verantwortung?). Die Psychoanalyse war erfolgreich. Ich traute mir irgendwann sogar drei Kinder zu. Und hoffe, dass ich keine Kriegstraumata an sie weitergegeben habe – was letztlich sogar die noch spätere Generation belasten könnte (das wären dann “Kriegsurenkel”) .

In der Bibel steht viel Unsinn aus vorwissenschaftlichen Zeiten. Aber sie transportiert doch auch einige Urweisheiten, die zeitlos gültig sind. Eine davon hat mich immer schon beeindruckt, was noch verstärkt wurde durch die Beschäftigung mit der “Kriegskinder”-Problematik:
Die Sünden der Väter werden gerächt bis uns dritte und vierte Glied” (und manchmal sogar bis ins “siebte Glied”.
Es gibt dazu inzwischen einen eigenen Forschungsbereich in der Psychologie: Die Transgenerationale Traumaweitergabe. In der Wikipedia findet man dazu noch keinen Artikel (Stand: 11. Jan 2021) – aber wenn man den Begriff googelt, entdeckt man so allerhand.

Quellen
Heinl, Peter: Maikäfer flieg, dein Vater ist im Krieg (1994) München 2003 / 3. Aufl. (Kösel).
Scheidt, Jürgen vom: “Nur ein kleiner Fehler“. In: Utopia-Magazin Nr. 6. Rastatt 1956 (Pabel Verlag).
ders.: “Eine unter vielen”. Füller in: Williamson, Jack: Die Zeitlegion.
ders.: Männer gegen Raum und Zeit (Leihbuchausgabe). Wuppertal-Barmen 1958 (Wieba).
ders.: Sternvogel. Minden 1962 (Bewin)..
ders.: Der geworfene Stein. Percha bei München 1975 (R. S. Schulz).
ders.: Der falsche Weg zum Selbst. Studien zur Drogenkarriere. München 1976 (Kindler-Verlag, Geist und
Psyche). Überarbeitete Neuausgabe Frankfurt am Main 1984 (Fischer Taschenbuch).
Williamson, Jack: Die Zeit-Legion – Utopia-Großband Nr. 65. Rastatt 1958 (Pabel-Verlag).

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GeistQuantenfluktuationen

Achtung – jetzt wird es winzig, richtig multimikroskopisch ultra nanomäßig klein. Und ein wenig science-fiction-artig. Aber es wird zugleich auch immens schreibpraktisch.

Quantenfluktuationen sind die kleinste vorstellbare Einheit der Welt – Manifestationen des Planck´schen Wirkungsquantums. Max Planck hat es sich als Grundlage der von ihm um 1900 begründeten Quantenphysik ausgedacht. Ausgedacht – das ist das Schlüsselwort. Niemand wird jemals ein solches Teilchen beobachten. Es ist ein geistiges Konstrukt, das man in die mathematischen Formeln der Quantenphysik einbauen kann. Das funktioniert bestens.
Harald Lesch stellt dafür in dem Film “10 hoch” eine gute Visualisierung vor: Aus dem Nichts (Vakuum) gemächlich aufblubbernde Bläschen. Sie “blubbern” natürlich nicht – sie geben keinen Ton von sich – “dort unten” im kosmischen Vakuum gibt es keine Töne. Aber das ist eine anschauliche Vorstellung.
Ich liebe dieses Wort “Quantenfluktuation” – das ist pure Poesie. Es ist sehr anschaulich (wenn man weiß, worum es sich handelt und den Film mit Lesch gesehen hat). Es passt bestens in jede Science-Fiction, die ja ihre ganz eigene technische und naturwissenschaftliche Sprache hat und – wenn sie gut ist – auch Poesie. Muss man aber mögen.

Als Jugendlicher zwischen Abitur und erstem Studiensemester habe ich mal während einer “malenden Phase” die folgende Skizze gezeichnet. Sie kommt heute in meiner Vorstellung dem am nächsten, was bei einer Quantenfluktuation geschehen könnte und sich eigentlich nicht beschreiben lässt. Aber man kann sich dem annähern. Als ich im Sommer 1959 das Bild anfertigte, hatte ich keine Ahnung von QF. Oder wie das sein könnte, wenn aus dem Unbewussten etwas in dieser Art aufsteigt und so etwas wie psychische Energie wird – die dann zum Beispiel zu so einem Bild gerinnt, wenn man dem Fluss der Energie folgt.

In vielfacher Vergrößerung: Aus der Schwärze des Vakuums emaniert ein Quant – könnte aber auch was anderes sein (JvS 1959-08-06)

GeistQuantenfluktuationen – was soll das denn sein?

Unter Geist versteht die Philosophie (und heute ihre moderne Tochter, die Psychologie) ein drittes* Element neben Körper und Psyche. Die heutigen Psychologen mögen den Begriff nicht sonderlich – da kann man nichts messen, wiegen, zählen. Aber niemand wird bestreiten, dass es so einen eigenständigen Bereich gibt. Denn Gedanken, als Grundelement des Geistes, sind nun mal nicht körperlicher Natur oder seelischer Art (wie die Gefühle). Beispiel: Das Wort “GeistQuantenfluktuationen”.

* Körper, Seele und Geist – das ist ein sehr schönes Beispiel für die Bedeutung der Zahl “3” – nicht nur in der Philosophie. Deshalb habe ich dafür eine eigene Kategorie eingerichtet: “3 (drei)”.

Ich habe mir diesen Begriff heute früh ausgedacht – nein: das Wort ist mir eingefallen. Es “fiel” buchstäblich in mein Bewusstsein ein, als ich nach etwas suchte, das den Vorgang beschreibt, der jeden Morgen bei mir abläuft, wenn ich nach dem Aufwachen erst einmal im Dunkeln sitze. Das ist meistens so gegen 05:00 Uhr, also im Übergang von der Nacht in den Tag, wo manchmal ein Traum nachschimmert (oder heftig nachhallt, wenn es ein Albtraum war), aber auf jeden Fall irgendwelche Gedanken, Ideen, Einfälle hochblubbern. Woher kommt das? Aus der Nacht- und Traumwelt. Aus dem seelischen Urgrund. Aus dem Unbewussten (wie Freud das nannte), oder aus dem Vorbewussten (wie ebenfalls Freud jenen anderen, bewusstseinsnäheren Bereich nannte, der schon einmal bewusst war, aber wieder vergessen wurde und so etwas wie die Quelle der Kreativität ist)
Inspiration nannte man das früher – vom griechischen Wort für “einhauchen”. Etwas wird eingehaucht. Etwas blubbert hoch – so wie die Quantenfluktuationen aus dem kosmischen Urgrund des Vakuums hochblubbern, sich zu Quarks und immer höheren, komplexeren Elementarteilchen zusammenfinden, Atome bilden daraus Moleküle, diese schließen sich zu Zellen zusammen – Leben beginnt – und auf der höchsten beobachtbaren Ebene: Menschen wie Sie und ich. Das kann man sich doch gut vorstellen, oder*?

* Was man sich nicht mehr vorstellen kann: Woher sollen denn diese Quantenfluktuationen kommen – wenn es “da unten” weder Raum noch Zeit noch sonst irgendetwas gibt? Eine Frage, auf die es niemals eine Antwort geben wird – genau wie auf diese Frage: “Was war vor dem Urknall?” – wo kommt diese ultrawinzige Materieballung her, in welcher das gesamte Universum enthalten ist und aus der es sich entfaltet, Raum und Zeit bildet –
Lassen wir das. Sonst landen wir noch im Irrenhaus, pardon: in der Landesnervenheilanstalt – so heißt das heute euphemistisch. Meint aber dasselbe: An der Welt irre werden – sich verlieren im Yrrinthos der Welt. (Zum “Yrrinthos” an dieser Stelle mehr.)

Continuos creation des Geistes: auch Kreativität genannt

Der Begriff “Quantenfluktuationen” ist wiederum ein sehr gutes Beispiel für das, was ich “GeistQuantenfluktuationen” nenne – ein Gedanke, der um 1899 in Max Planck hochgeblubbert ist, sich erst in Texten und Formeln des Gelehrten manifestierte und irgendwann Bestandteil des modernen naturwissenschaftlichen Denkens wurde. Er ist – obwohl niemand ihn je gesehen und beobachtet hat und dies niemals der Fall sein wird – ein Element der Wirklichkeit geworden.
Und vielleicht wird sogar, wenn andere diesen meinen Begriff aufnehmen und verwenden, die “GeistQuantenfluktuationen” ebenfalls zu einem Element der Wirklichkeit – obwohl dies nichts anderes als eine “GeistQuantenfluktuationen” ist, die heute früh in mir hochgeblubbert ist. Und selbst wenn sonst niemand den Begriff übernimmt – in meiner Wirklichkeit ist er nun da und macht mir anschaulich, was Kreativität ist (und auch Phantasie): Einfälle (die von irgendwo aus einem geheimnisvollen “oben” einfallen) – oder eben von “unten”, ebenso geheimnisvoll hochblubbern, aus den Archiven meines Gedächtnisses oder woher sonst sie entstehen mögen.
Continuos creation – das war in der Kosmologie lange die Beschreibung dessen, was im Kosmos ständig passiert. Einstein glaubte noch an dieses ständige Weiterfließen von Raum, Zeit, Materie und Energie “von irgendwoher”. Bis Hubble mit der Idee des Big Bang, des Urknalls daherkam. Die Kontinuierliche Schöpfung (die ja eigentlich keine war, oder? Wer soll den das “geschaffen haben?) lebt aber paradoxerweise immer noch weiter – eben als Konzept der – genau: der Quantenfluktuationen! Die ja unaufhörlich aus dem Vakuum, dem Nichts entstehen und neue Materie/Energie bilden…

Rätselhafte Welt, diese Physik. In der es allerdings auch andere Paradoxien gibt, wie die “Welle-Korpuskel-Dualität” des Lichts. Mit dem wunderbaren Nebeneffekt, dass Heisenberg mit seinem Unschärfe-Theorem die Psychologie in die Physik hineingeschmuggelt hat: Den Beobachter. Es liegt “im Auge des Betrachters” (so ungefähr hat das Shakespeare dies mal in Bezug auf die Schönheit formuliert), ob das Licht als Welle beobachtet wird – oder als Korpuskel.
Und es liegt “im Wollen des Handelnden”, ob er aus einem Blubber-Gedanken einen Song komponiert, eine Statue aus einem Stein haut, ein Gemälde gestaltet, einen Aphorismus kreïert, vielleicht sogar einen ganzen Roman mit tausend Seiten – oder vielleicht nur ein winziges Haiku.

“I bombed Munich”

Ein anschauliches Beispiel für eine GeistQuantenfluktuation habe ich dieser Tage Anfang Janaur 2021 erlebt, als irgend etwas (keine Ahnung mehr, was das war) eine Erinnerung an ein Erlebnis 1992 in Brig im Kanton Wallis auslöste. Ich habe es hier im Blog beschrieben. Das war natürlich nicht ich, der da bombte – aber vielleicht lesen Sie es hier im Blog nach: “I bombed Munich” .-

Und hier noch ein Haiku (eben in mir hochgebubbelt)

Geist Quan ten fluk tua tion – sechs Silben. Könnte man da vielleicht ein Haiku draus machen? Wie wär´s damit:

Quan ten fluk tua tion
So blub bert der Geist em por
Aus Rät sel tie fen

Zählen Sie es ruhig nach: 5- 7 – 5 Silben. Guten Morgen, allerseits.

Quelle
Windorfer, Gerhard und Lenz, Herbert (und Harald Lesch als Sprecher und Moderator): 10 hoch 26 bis -35: Universum und Quanten. Deutschland 2010 (Komplett Media).

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Psychopathen sind unter uns

Donald Trump und seine Anhänger sind wie Spiegelbilder voneinander. Der Präsdent kann seine Abwahl nicht annehmen – er schüttet seinen trotzigen Haas ins Land hinaus, fordert führende Politiker unverblümt am Telefon zum Wahlbetrug auf und hetzt seine Anhänger auf – die dann das Kapitol stürmen. So etwas wie den dieser Tage von ihm sehr offen angezettelten Aufruhr seiner fanatisierten Wähler kann man nicht mehr nur als “kriminell” bezeichnen: das ist offene Aufforderung zum Krieg gegen den politischen Gegner!

So direkt hat sich kaum jemand in der Weltgeschichte selbst ans eigene Messer geliefert.

Heute spricht man in der Psychologie lieber von Soziopathen als von Psychopathen, weil sich ihr zerstörerisches Verhalten sozial auswirkt. Aber der ältere Begriff passt schon: Es handelt sich um eine Persönlichkeitsstörung – wenn man den Großteil der Bevölkerung als “normal” (oder “normal gestört”) kategorisiert.
Alle, die nicht zu seinen glühenden unkritischen Verehrer zählen, sind sich einig, dass ein echter Psychopath derzeit noch immer im Weißen Haus in Washington sitzt. Nicht nur ich haben seine Abwahl deshalb als ausgesprochenen Glücksmoment erlebt. Aber wie er sich noch immer an seinen Sessel klammert, seine Abwahl kategorisch leugnet und egomanisch-narzisstisch seine ganze Nation manipuliert und blockiert – und das in Corona-Zeiten – das ist schon sehr deutlich das Handeln und Wüten eines Psychopathen. Er hat im Dezember, eigentlich schon nicht mehr richtig im Amt, noch zwei extrem wichtige Gesetzesvorhaben durch Veto blockiert und damit sogar seine eigenen Parteianhänger in Kongress und Senat so gegen sich aufgebracht, dass sie sein Veto ignorierten:
° Das eine war die so wichtige Corona-Hilfe für Millionen in der Pandemie verarmte Amerikaner –
° das andere der Militäretat, der vorher kaum je von einem Präsidenten blockiert worden war.
Da kann man wirklich einem Mächtigen zuschauen, der in seiner Egomanie sich das eigene Grab schaufelt, dabei aber möglichst viele andere Menschen mit sich in die Tiefe reißt.

Sieht so ein Psychopath von innen aus? (JvSch 1959)

Aus eigener Anschauung

Ich konnte so jemanden einmal während eines Seminars aus nächster Nähe studieren, noch dazu einen Berufskollegen. (Ja, das ist möglich – auch Psychologen können psychopathisch agieren). Er hat mir dieses Seminar brutal so zerstört, dass nach und nach alle Teilnehmerinnen vorzeitig abreisten. Bezeichnenderweise finde ich ihn auch heute noch irgendwie auch sympathisch, er hatte nämlich ein sehr einnehmendes, charmantes Wesen. Das war seine eine Seite. Aber er hatte auch diese rücksichtslos manipulierende, sehr arrogante andere Seite.
Seine zerstörerische Seite zeigte sich schon darin, dass er, kaum angekommen, auf den Balkon des Seminarhauses trat, ins Tal schaute und dann sich über den Laptop in einen fremden Computer einhackte, um auf Kosten von dessen Besitzer zu telefonieren: “Warum ist der so blöd, sich nicht mit Passwort zu schützen!”, war seine Bemerkung, als ich irritiert nachfragte.. Er kam einen Tag zu spät und fuhr zwei Tage früher ab. Dazwischen verschwand er mit einer der Teilnehmerinnen für einen Tag zu einem Besuch in ein nahegelegenes Thermalbad. Und in einer seiner Geschichte (er konnte brillant schreiben) charakterisierte er eine der im Raum anwesenden Teilnehmerinnen mit ihrem echten Vornamen in einer fast pornographischen Geschichte als Sexsklavin. Als ich ihn bei dieser Lesung irritiert unterbrach und darauf hinwies, dass das so nicht ginge – war er richtig überrascht: “Aber wieso denn nicht?”
Bei anderer Gelegenheit erzählte er mir “unter Kollegen” von seiner Arbeit in einem Assessment-Center, wo er Probanden mit geradezu sadistischem Vergnügen in Fallen laufen ließ.
(Seltsamer Zufall: Ich ich das eben schrieb – meldete sich eine Frau, die damals in diesem Seminar dabei war, für ein aktuelles Seminar in diesen Tagen Anfang 2021 an – nachdem wir jahrelang keinen Kontakt mehr miteinander gehabt hatten. Wirklich sehr seltsam.)

Zu diesem Thema ein Zitat aus dem Jahr 1929

“Die Psychopathen sind immer unter uns. In kühlen Zeiten begutachten wir sie – in heißen Zeiten regieren sie uns.”

Das notierte der deutsche Psychiater Ernst Kretschmer, während er den unaufhaltsamen Aufstieg Adolf Hitlers und seiner Nazi-Horden beobachtete. Seine scharfe und kritische Beobachtungsgabe hat ihn allerdings nicht davor bewahrt, mit Hitler mitzulaufen, der SS beizutreten (wie so viele Ärzte). Nach dem Krieg, 1955, behauptete er als Gutachter in einem Wiedergutmachungsverfahren eines an Depressionen leidenden Naziverfolgten, dass es keine verfolgungsbedingten Neurosen gebe. Hat auch einen irgendwie psychopathischen Touch, diese Psychiaterkarriere.

Quelle
Kretschmer, Ernst, zit.n. Arno Gruen: “Den destruktiven Realismus der Mächtigen abbauen”, in: Scheidt, Jürgen vom: Konzepte für die Zukunft. Bonn 1990, S. 101

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Der metallene Traum

Die ursprüngliche Geschichte mit diesem Titel habe ich 1963 geschrieben. (Es gibt einen Tagebuch-Eintrag: “1963-10-19: ca. 70 Seiten “M.T.” fertig.”) Dieses Manuskript hatte etwa fünf Seiten und erschien erstmals in dem Fan-Magazin Munich Round Up (MRU) der Münchner Ortsgruppe des SFCD*, wo SF-Begeisterte sich regelmäßig zum gemeinsamen Schreiben bei Waldemar Kumming in der Herzogspitalstraße trafen – gewissermaßen meine erste Erfahrung mit einem Schreibseminar. Damals (1959) konnte ich nicht ahnen, dass dies zwei Jahrzehnte später einer meiner drei Brotberufe werden würde: Schreibseminare leiten.

* SFCD = “Science Fiction Club Deutschland. Dort war ich, mit kurzer Unterbrechung, von 1955-1959 ordentliches Mitglied.

Titelbild “Der metallene Traum” (1964, Tuschezeichnung von Willi Johanns)

Ich veröffentlichte diesen Kurzroman 1964 mit eben dem Titel Der metallene Traum in drei Teilen, ebenfalls in MRU. Daraus wurde 1975 mein richtiger gedruckter Roman #3: Der geworfene Stein. “Der metallene Traum” ist darin der zentraler Teil.
Worum geht es dabei?
Der Student Schrödinger lässt sich in einem Zustand großer Verzweiflung auf ein wissenschaftliches Experiment ein, bei dem er in eine Art Kälteschlaf-Koma versetzt wird. Aber es geht etwas schief – und man kann ihn erst 100 Jahre später wieder ins Leben zurückholen. München hat sich sehr verändert, ist zu einer voll kybernetisierten Stadt geworden. Schrödinger tritt in einem Schlüsselkapitel in direkten Kontakt mit dem “Kyberneten”, einer riesigen Rechenmaschine unter dem Englischen Garten, welche die Geschicke der Stadt steuert. Diese (heute würde man sagen: virtuelle) Begegnung nannte ich den “metallenen Traum”.

Der Graphiker Willi Johanns zeichnete zu meiner Erzählung in MRU fünf Tusche-Bilder. Oben davon das Titelbild. Hier eine Schlüsselszene, in der Schrödinger in der Nähe von Starnberg, einer im Jahr 2064 gefährlichen “wilden” Gegend, auf eine Gruppe mongolischer Eindringliche trifft:

Seltsame Begegnung mit Mongolen nahe Starnberg – im Jahr 2064 (Tuschezeichnung: Willi Johanns 1964)

Zu einer anderen bizarren Begegnung kommt es später im Park des Nymphenburger Schlosses mit einem wild gewordenen Roboter:

He Robot im Nymphenburger Schlosspark (Tuschezeichnung: Willi Johanns 1964)

Eine kleine Story macht große Karriere

1971 übernahm Wolfgang Jeschke (Herausgeber-Pseudonym: Herbert W. Maly) die Story in seine Anthologie mit eben diesem Titel Der metallene Traum.
1974 erschien eine Taschenbuchausgabe davon bei Heyne.
1975 mache ich die Story zum zentralen Teil meines Romans Der geworfene Stein.
1977 druckte Ruth J. Kilchemann den Text in einer anderen Anthologie (Schlaue Kisten machen Geschichten) für die Computer-Weltfirma IBM.
1980 übernimmt Thomas LeBlanc die fünf Seiten in seine Anthologie Start zu neuen Welten.

Habe ich den Cyberspace erfunden?

Dies könnte gut die erste CyberSpace-Geschichte gewesen sein – lange ehe William Gibson 1982 diesen Begriff prägte (s. unten Auszug aus der Wikipedia). Aber es gab davor schon andere Phantasien in dieser Richtung:
° Isaac Asimov schrieb eine Story, in der jemand mit technischen Mitteln in die Träume eines anderen Menschen eindringt. Asimov hat so viele Erzählungen publiziert, dass diese kaum ausfindig zu machen ist. Es könnte sich um “”Robot Dreams” aus dem Jahr 1986 handeln – aber in meiner Erinnerung veröffentlichte er schon viel früher etwas in der Richtung (es könnte sich um “Dreamworld” handeln, November 1955 in The Magazine of Fantasy and Science Fiction).
° Roger Zelazny schrieb erst 1965 die Story “Dream Master”, aus der im Jahr darauf der Roman He who shapes entstand, worin jemand in die Träume anderer Menschen eindringt.
Als Film hat diese Idee Christopher Nolan in Inception realisiert – eine furiose Achterbahnfahrt in ein Traum-Labyrinth mit mehreren Etagen. Hier ist das Medium zwar nicht wie bei Gibson das Internet, sondern ein Computer – und ist das Internet denn etwas anderes als ein weltumspannendes Netzwerk von Computern? Die “virtuellen Begegnungen” finden ja nicht in den verbindenden Kabeln statt – sondern in den Mikroprozessoren.
Ersetzt man “Traum eines anderen Menschen” mit “virtuelle Welt im Internet oder Computer” – landet man beim Koncept des Cyberspace.
Meine Geschichte vom “Metallenen Traum” ist – wie schon der Titel andeutet – zwischen diesen beiden Konzepten des “fremden Traums” und der “Internet-Virtualität” angesiedelt. Das Internet gab es 1964 noch nicht, als ich meine Geschichte ersonnen habe – als Arpanet wurde es vom amerikanischen Militär (US Air Force) erst ab 1968 gestartet.

(Wikipedia:) Die erste ernstzunehmende Ausformulierung des Konzepts findet sich bereits 1964 in Stanislaw Lems Summa technologiae, worin das Konzept des Cyberspace unter der Bezeichnung Periphere Phantomatik beschrieben wird. Eine weitere frühe Darstellung findet sich in Oswald Wieners Roman die Verbesserung von Mitteleuropa von 1969, in den Abschnitten notizen zum konzept des bio-adapters und appendix A. der bio-adapter.
In der Kurzgeschichte
True Names and Other Dangers (1987) führte Vernor Vinge die Ideen weiter. Seine Protagonisten wandern in einer virtuellen Welt und interagieren mit virtuellen Gegenständen. Manche haben sich in Gruppen zusammengeschlossen und verstecken sich in abgetrennten Teilen, genannt „Walled Garden“.
Wörtlich ist von Cyberspace erst 1982 in der Kurzgeschichte
“Burning Chrome” des amerikanischen Science-Fiction-Autors William Gibson die Rede, der allgemein zur Cyberpunk-Literatur gezählt wird. Gibson beschreibt den Cyberspace als konsensuelle Halluzination eines von Computern erzeugten grafischen Raums…

Lesefutter
Asimov, Isaac: Dreamworld (in: The Magazine of Fantasy and Science Fiction, November 1955). Deutsch: Dafür plage ich mich? In: Isaac Asimov, Martin H. Greenberg und Joseph D. Olander (Hrsg.): Feuerwerk der SF. Goldmann (Edition ’84: Die positiven Utopien #8), 1984, ISBN 3-442-08408-3. Auch als: Traumwelt. In: Hans Joachim Alpers und Harald Pusch (Hrsg.): Isaac Asimov — der Tausendjahresplaner. Corian (Edition Futurum #2), 1984, ISBN 3-89048-202-3.
ders: “Robot Dreams” (veröffentlichte in einer Anthologie gleichen Titels: Isaac Asimov: Robot Dreams). Deutsch: Roboterträume. In: Friedel Wahren (Hrsg.): Isaac Asimov’s Science Fiction Magazin 30. Folge. Heyne SF&F).
Gibson, William: “Burning Chrome”. In: in Omni (Juli 1982)
Kilchemann, Ruth (Hrsg.) Schlaue Kisten machen Geschichten. Nördlingen 1977 (IBM).
LeBlanc, Thomas (Hrsg.): Start zu neuen Welten. Science-Fiction-Erzählungen aus Deutschland. Freiburg 1980 (Herder Hardcover)
Maly, Herbert W. (d.i. Herbert W. Franke oder Wolfgang Jeschke): Der metallene Traum. München 1971 (Lichtenberg).
Nolan, Christopher (Regie): Inception. Nolan. USA 2010 ( Warner Brothers).
Scheidt, Jürgen vom: “Der metallene Traum”. München 1963 (Munich Round Up – als Manuskript gedruckt).
ders.: “Der metallene Traum” in Maly, Herbert W. (Hrsg:) und in Kilchemann, Ruth (Hrsg.)
Zelazny, Roger: The Dream Master, 1966, dt. Herr der Träume, Pabel, 1976, ohne ISBN (Terra TB 270); und Ein Spiel von Traum und Tod, Bastei-Lübbe, 1986, ISBN 3-404-23052-3 (basiert auf der Erzählung “He who shapes” aus dem Jahr 1965). Vollständige dt. Fassung von “He who shapes”: Der Former. Übers. Hans Maeter. In: Damon Knight Hg.: Computer streiken nicht. SF-Stories. Heyne TB 3360, München 1973 ISBN 3-453-30237-0 S. 61–156. Zuerst engl. in: Nebula Award Stories 1, 1965
Jahr 1965)

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Autobiographisches CoronaPandemie Zukunft

Corona-Phantasien im neuen Jahr 2021

Die Schutzimpfung läuft an. Aber auch wenn man sie irgendwann bekommt – eine 100%ige Lösung dürfte das kaum sein. Zu viele rücksichtslose Menschen laufen durch die Welt, die das Virus weitergeben. Aber dauernd mit den grünen oder weißen Stoffmasken rumlaufen – das ist es doch auch nicht, oder? Wenn diese Masken wenigstens durchsichtig wären!
aber ich habe noch andere Phantasien und Wünsche. was Corona angeht.

1. Durchsichtige Stoffmasken
Die Klarsichtmasken aus Plastik (Visiere), die derzeit angepriesen werden, taugen nichts. Sie schützen nicht gut – und sie sehen furchtbar aus. Was ich mir wünsche, sind zuverlässig dichte Stoffmasken, die nahezu transparent sind. Und siehe da: So ein Produkt ist bereits in Arbeit. Es wird im Internet folgendermaßen angepriesen:
In der Schweiz wird eine vollständig transparente OP-Maske aus dichten, organischen Polymeren entwickelt, die die Kommunikation zwischen Arzt, Praxispersonal und Patient verbessern soll.
Diese Masken sollen sogar leicht zu kompostieren sein. Auf einem Werksfoto sieht man dies:

Atemschutzmaske aus stoffähnlichem Vlies (Empa, Schweiz)

Das sieht doch gut aus. Das scheint eine brauchbare und akzeptable Lösung zu sein. Bin gespannt, wann man das kaufen kann. Und noch eine Phantasie habe ich; die ist schon richtig Science-Fiction:

2. Tagsichtgerät für Aerosole
Nach Art der Nachtsichtgeräte (die mit dem mysteriösen grünen Schimmer) – aber für den Tag, und zwar um die Aerosole sichtbar zu machen, welche die Menschen um einen herum aussenden sollte es eine technische Hilfe geben, die einem hilft, sich unter den Menschen sicher zu bewegen – die ja alle potentielle “Virenschleudern” und Superspreader sind. Ein “Tagsichtgerät” gewissermaßen. Das würde schon mal helfen, solchen “Wölkchen” aus dem Weg zu gehen, gleich ob sie mit Covid-19 geladen sind oder nicht. Und wer weiß: Vielleicht lässt sich sogar eine zusätzliche Technologie dranhängen, welche Covid-19 identifizieren kann – oder welcher Virus gerade “unterwegs” ist.
Das Teil müsste klein und wie eine normale Brille tragbar sein, oder als Aufsatz zu einer normalen Fernbrille.
Auslöser dieser Gedanken: Als ich heute im Englischen Garten lief, roch ich noch eine ganze Weile den Parfümduft einer Frau, die mir eben entgegengekommen war. Ein sehr angenehmer Duft – der mir aber auch bewusst machte, dass er Teil eines Aerosolwölkchens war, das diese Frau umgab – das eben auch weniger Angenehmen transportieren könnte. (Ja, wir leben in furchtbaren Zeiten, die solche Assoziationen auslösen.)

3. Bedingungsloses Grundeinkommen
‘Je länger die Pandemie anhält (und sie wird noch lange anhalten – immer neue Mutationen des Virus kündigen es an), um so mehr berufliche Existenzen werden durch den Lockdown zerstört, sei es einen Großen Lockdown (wie um die Jahreswende 2020/21) oder durch eine Reihe von Lockdown light. Das sind alles Leute , vor allem in den prekären Berufen, die nicht gut abgesichert sind und kaum Rücklagen bilden können. Aktive Männer und Frau, die einigermaßen selbstbestimmt zurechtkamen und jetzt aus der Wirtschaft rausfliegen. Die Corona-Soforthilfen sind kurzfristig schützende Pflaster; die immer tiefer werdenden finanziellen Wunden heilen sie nicht. Also um Sozialhilfe betteln? Suizid?
Die Soforthilfen waren der erste richtige Schritt in die richtige Richtung. Es ist unendlich viel Geld vorhanden. Die wirkliche Lösung ist für mich nur das, was schon seit geraumer Zeit als “Helikoptergeld” ein wenig zu flapsig diskutiert wird – aber als Bedingungsloses Grundeinkommen m.E. die einzige sinnvolle Lösung darstellt. Wären da nicht (vor allem bei der SPD und Kreisen der Konservativen Parteien) ideologische Bedenken – die längst überholt sind. Leute – wir sind im Dritten Jahrtausend – und nicht mehr im 19. Jahrhundert mit seinem damals durchaus verständlichen Arbeitsethos. Es sind ja nicht nur die für die Gesellschaft so wertvollen und skandalös schlecht bezahlten kreativen (= prekären) Berufe, welche die Kultur am Laufen halten – es sind insbesondere die alleinerziehenden Mütter (und Väter), die für einen immer größer werdenden Anteil der nächsten Generation sorgen und das jetzt unter den erschwerten Bedingungen der Pandemie mit Home Office und Home Schooling.
Tausend Euro jeden Monat einfach so aufs Konto als finanzielle Grundversorgung und mit den Alleinerziehenden und ihren Kindern anfangen – und mit den Soloselbständigen weitermachen (wozu gibt es die Künstlersozialkasse?) – das sollte doch machbar sein! Götz Werner hat´s vorgerechnet und Jan Bohmeyer probiert es ganz praktisch mit seinem Verein. Einfach mal die Bücher der beiden lesen!

Und dann noch diese Wünsche
Was mir persönlich sehr abgeht, ist der Besuch im Fitness-Studio zweimal die Woche. Aber das wird wohl noch eine Weile “Phantasie” bleiben.

Hoffentlich bald keine “Phantasie” mehr: Ein echter medizinisch-pharmakologischer Durchbruch, der zu einem zukunftssicheren Impfschutz führt – so wie 1963 die Schluckimpfung der Kinderlähmung den Garaus machte – auch wenn es vorher erst einmal eine Katastrophe mit schlechtem Material gab . (Das haben die Impfgegner leider vergessen – oder nie gehört. Oder sie haben nur das mit der “Katastrophe” eingespeichert – nicht, dass die allermeisten Impfungen gut verliefen – genau wie die gegen Pocken und Masern.


Quellen
Bohmeyer, Michael und Claudia Cornelsen: ). Was würdest du tun? [mit 1000 € Grundeinkommen] Berlin
2019 (Econ Paperback).
Uhlmann, Berit: “Lehren aus einer Katastrophe” (Kinderlähmung<“: In: Südd. Zeitung Nr. 02 vom 04. Jan
2021.
Werner, Götz und Goehler, Adrienne: 1000 € für jeden. München 2010 (Econ Paperback).

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Autobiographisches CoronaPandemie Einsamkeit Labyrinthiade

Einsamkeit kennt viele Wege

Es gibt viele Pfade, die in die Einsamkeit hineinführen. Aber es gibt auch Pfade, die aus Einsamkeit herausführen. Vor allem gilt: Einsamkeit ist nicht an den sozialen Status gebunden. Es gibt den einsamen Single (der gewissermaßen die Standardausgabe ist) ebenso wie die verwitwete alte Frau und die verbitterte Ehegattin, die in ihrer kaputten Beziehung verelendet, neben einem wortkargen Workaholic.
Letzteren bezeichne ich als Krypto-Single – als “verborgenen Single”. Und zwar deshalb, weil er scheinbar in seinen familiären Beziehungen gut aufgehoben ist, aber in Wahrheit innerlich vereinsamt ist und sich am wohlsten am See beim Fliegenfischen fühlt oder im Hobbykeller bei seiner Spielzeugeisenbahn.

Und es gibt die 97jährige Gerda May, die zufrieden in ihrem Wohnsimmer sitzt und der interviewenden Reporterin erzählt, sie “lebe zwar allein, aber einsam fühle sie sich nicht”. (Scherf 2021)

In Zweisamkeit geschriebener Ratgeber (München 1984 – Heyne Verlag)

Die Corona-Krise hat das alles noch deutlich verstärkt und noch schlimmer wurde es gegen Jahresende 2020, als das Wort “Einsamkeit” in den Medien noch häufiger auftauchte: “Während der Feiertage ist der Krisendienst Psychiatrie besonders gefragt. Vielen Anrufern machen familiäre Konflikte oder Einsamkeit zu schaffen.” (Freymark 2020)

Ich behaupte jetzt mal nach vielen Jahren der Beschäftigung mit diesem Thema, das ich in alle seinen Facetten auch selbst kenne: Einsamkeit ist vor allem ein seelischer Zustand “im Kopf”. Deshalb fühle ich mich heute als Witwer zwar allein – aber nicht einsam. Denn zum einen habe ich in meinem Leben viele lebendige Beziehungen aufgebaut, die ich bewusst pflege – und zum anderen bin ich voller früherer Erfahrungen von Nähe und Bedeutung, die auch in Corona-Zeiten nicht verblassen, sondern eher noch an Intensität und Bedeutung gewinnen.

Wirklich arm dran und versunken in tiefer Einsamkeit war ich als Student – oft unglücklich verliebt und noch nicht in einer stabilen eigenen Welt zuhause.

In dem Ratgeber Wege aus der Einsamkeit habe ich das komplexe Thema zusammen mit meiner zweiten Frau Ruth mit dem Bild des Labyrinths beschrieben. Genau genommen waren es 13 Labyrinthe mit Farben von “gelb” bis “violett”. Das Einstiegskapitel finden Sie hier im Blog als Auszug: Was ist das eigentlich: Einsamkeit?

Ergänzen möchte ich das mit diesem aktuellen Tipp, der sich für mich sehr bewährt hat: Wir sind erfüllt von vielen inneren Figuren – abgespeicherten Erfahrungen mit anderen Menschen, aber auch Teilpersönlichkeiten, die wir selbst sind oder mal waren – das Innere Kind ist eine davon. In Träumen begegnen sie uns sehr leibhaftig – so als würden sie real existieren.
Sie sind auch real – aber eben nur in unserer Vorstellung. Das wird sofort anders, wenn wir in direkten Kontakt mit ihnen treten: Am einfachsten geht das, in dem, was ich als “Simulierten Dialog” bezeichne – und zwar in schriftlicher Form. Ein Beispiel ist hier im Blog nachzulesen: der Dialog mit dem vergehenden Jahr 2020 .

Bibliographie
Freimark, Linus: “Deutlich mehr Hilfe gebraucht”. In: Südd. Zeitung Nr. 299 vom 28. Dez 2020, S. R06. May, Gerda (interviewt von Scherf, Martina: “Sie wollten nur leben”. In: Südd. Zeitung Nr. 1 vom 02. Jan 2021, S. R04.
Scheidt, Jürgen vom und Ruth Zenhäusern: Wege aus der Einsamkeit. München 1984 (Heyne TB).