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Fiction Jazz

Conga Joe (Story)

Keiner nahm Notiz von ihm, außer mir natürlich. Das hätte verwundern können, weil er dieses große Ding schleppte, lang, hell und rund. Kaum hatte er es vorne bei der kleinen Bühne abgestellt, holte er noch so eine Art Dreibein, an das er das Ding dranhing. Sah aus wie eine – wie nennt man die bloß? Congo oder Tonga?

Ich habe ihn ja zunächst auch völlig übersehen. Wer in „Tommy’s Kellerloch“geht, hat es außerdem längst verlernt, sich über irgend etwas zu wundern. Das sind irgendwie alles kaputte Typen, das sieht man doch sofort: wie die da an der Theke lehnen oder an den Zweiertischchen hocken. Meistens allein. Und meistens Männer. Geschäftsleute, Vertreter, Taxifahrer, Handwerker, Beamte. Wohl auch der eine oder andere Lehrer darunter, ein Arzt, ein Apotheker. Vielleicht auch der Polizist, der gerade seine Streife beendet hat.

Ähnlich kaputt die Frauen. Grüne Witwen, die ihre Kinder der Obhut eines geldgierigen Teenagers anvertraut haben, junggebliebene Omas, grell geschminkt, auf der Flucht vor Töchtern, die nach einem nicht geldgierigen Babysitter für verwöhnte Enkel suchen. Friseusen. Die Bedienung aus dem Café nebenan, die ihren freien Tag hat. Oder eine Aushilfsbriefträgerin, die keine Lust mehr hat und eben die restliche Post hinter ein Gebüsch warf …

Nenne sie, und du wirst sie hier in „Tommy’s Kellerloch“finden. Irgendwann. Alle diese Singles, swinging oder nicht, freiwillig oder unfreiwillig, Krypto-Singles die meisten, wie das ein Schlaumeier von Psychologe einmal genannt hat, also Leute, die eigentlich verheiratet sind, Familie haben, aber im Grunde ihres Herzens Single geblieben sind. So wie ich.

Dann dazu noch die echten, natürlich. Die Singles, die Singles geblieben sind und es auch bleiben wollen. Auf der Suche nach dem „tapferen Schneiderlein“ oder der Prinzessin, der sie die verloren gegangene goldene Kugel vor die Füße legen können, um erlöst zu flüstern: „Hier bin ich, nimm mich.“

Habe ich gesagt: kaputte Typen allesamt? Ist doch Quatsch! Alles ganz normale Leute! Stinknormale Bürger wie ich und du! Alle auf der Suche nach der einen Wahrheit. Nach dem lichten Moment, der ihnen endlich zeigt, wo es lang geht im Leben. Na, ist das wirklich so kaputt? Wenn schon jemand kaputt ist hier unten, dann die vier Typen vorne auf dem kleinen Podium, vor der Tanzfläche, am Ende dieses düsteren Kneipenschlauchs.

Hab ich düster gesagt? Emily, die Kellnerin, stellt gerade Kerzen auf die Tischchen. Der nette Junge, ein Student der Ingenieurswissenschaften, würde ich tippen – also, wie der ihr seit Wochen nachläuft, wie er sie verehrt, anbetet, sie fast auffrißt mit seinen schmachtenden Augen, vor allem ihren süßen Hintern, und wie der ihre hochgeschnürten Knackbrüste verschlingt …

Naja, klingt ein bißchen kannibalisch, oder?

Sonst ist der Studiosus viel zu schüchtern und sucht nur ihr hübsches rosiges Gesicht mit dem bonbonfarbenen Schmollmund, während es meine kaputte Phantasie ist, die das andere sucht.

Okay, okay, ich gebe es zu. Ich bin der kaputte Typ hier unten. Ich. Wer sonst.

Rechtsanwalt, Sieger in vier von zehn Fällen. Mein Monatspensum. Manchmal auch in drei von zehn. Oder in zwei. Gerade genug, um mit Familie, also meiner holden Gattin und meiner verfressen-kotzenden Teenagertochter, weiter in der Bungalow-Hölle zu schmoren, in God´s own Grüne-Witwen-Paradise. Zu wenig, um keinen dieser dämlichen Prozesse mehr führen zu müssen. Zu viel, um nur noch einmal nebenbei zu sagen „Ich geh Zigaretten holen“ und auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden. In eine andere Stadt. In eine andere Kneipe. Und dort einer anderen Kellnerin gierig auf den Hintern starren und auf die – stop, immer hübsch höflich bleiben, auch als kaputter Typ.

Wen haben wir denn noch hier in „Tommy’s Kellerloch“? Ach ja! Die Musiker! Sagte ich ja, glaube ich, schon. Jeden Abend spielen sie die selben sechs Nummern, mit Klavier, Baß und Gitarre. Heute ist doch tatsächlich noch eine Schießbude dabei –

Du weißt nicht, was ’ne Schießbude is? Das is ’n Schlagzeug, du Nullchecker!

Also, der an den Trommeln, das muß Knut sein, der sich als Norweger ausgibt. Knut, ’n toller Name für’n Schlagzeuger …

Die Musiker spielen schmalztriefende Barmusik, bei der ihnen selber die Füße einschlafen. Am Abend, nach dem dritten Whisky, den der verzweifelte Tommy spendiert, wachen sie allmählich auf, legen einen Zacken zu. „Schu-bi-du-bi-du“, singt der Gitarrist, muß er auch, um nicht sanft zu entschlummern beim eigenen Schrummschrumm. Klingt gar nicht schlecht, mir wird so richtig weh ums Herz.

Der Pianist läßt bei ein paar Boogie-Phrasen ahnen, wozu er etliche Jahre zuvor noch fähig gewesen ist. Die tanzenden Paare fallen auseinander und kleben sich wieder zusammen, da ändert selbst der epileptische Anfall nichts, in dem der hagere Bassist gelegentlich sein Gerät malträtiert, sodaß man Angst um die brummenden Saiten kriegen muß. Also eigentlich auch keine kaputten Typen. Nur vom Leben und ihrem Job verbrauchte, ganz stinknormale Jungs.

Sackbahnhof. Hier enden die Geleise. Alles aussteigen. Kein Anschluß unter dieser Nummer. Wenn Tommy um eins das Licht ausdreht und droht, mich doch noch in den Hintern zu treten, wenn ich mich nicht endlich auf den Weg mache …

Aber was geht Sie das an?!

Hey, da kommt aber wirklich mal ein kaputter Typ rein! Oder isses derselbe wie vorhin?

Keiner nimmt Notiz von ihm, obwohl er dieses große Ding anschleppt – hab ich das nich schon mal gesagt? Für den und seinesgleichen hat also Tommy seine Kneipe „Kellerloch“genannt. Das ist wirklich einer, der sich verstecken muß vor der Welt und vermutlich sogar vor sich selber. Kann ja gar nicht anders sein. Schleppt der unterm Arm seine Einkäufe mit in die Kneipe. Sowas läßt man doch ein Stockwerk höher im Wagen liegen. Sowas schleppt man doch nicht die Treppe in diesen Keller runter.

Hey, Moment mal, was is’n das für’n komisches Ding? Schimmert wie helles Holz, vorne was dran wie bei ’ner Trommel. Ah ja, die Tonga oder Congo …

Jetzt wanzt der sich bei den Musikern ran, hängt auch das zweite Ding in dieses Dreibein. Der Pianist runzelt die Stirn, Freddy, der Bassist rückt, wie’s scheint sehr widerwillig, noch einen halben Meter auf die Seite. Nur Dan, der seine elektrische Gitarre nicht länger malträtiert, sondern sie versunken, fast liebevoll streichelt, was über die Verstärkeranlage hallt und richtig gruslig klingt, der nickt dem Fremden freundlich zu. Sein Lächeln gilt wohl nur der Tatsache, daß hier endlich mal ein neues Gesicht auftaucht.

Habe ich Gesicht gesagt? Der Mann muß mindestens siebzig sein oder älter, so tief haben sich die Spuren des Lebens in seine Haut eingegraben. Nicht einmal meine Großmutter, Gott hab sie selig, war so runzlig, als sie mit sechsundneunzig starb.

Ich kann das Gesicht des Fremden gut sehen, weil mein Tisch mit der Rotweinflasche nahe bei der Tanzfläche steht. Ich habe eine Vorliebe für verschwitzt riechende Mädchenkörper, die beim Tanzen ihr Parfüm verwehen. Macht mich fast rasend, dieser Geruch nach frischem Girlie-Schweiß.

Der neue kaputte Typ stellt jetzt also die beiden Dinger hin, Trommeln offenbar, so hoch wie mein Tisch. Nennt man die nicht Bongos? Oder Congas? Er klopft mit langen dürren Fingern drauf rum, wie um Maß zu nehmen. Lauscht dem Pianisten, der gerade einen himmeltraurigen Blues in die Tasten rührt, aber irgendwie aufmerksamer als bisher. Sogar Freddy mit dem dicken Bauch zupft ein wenig anders an seinem verkratzten Baß ’rum, und Knut huscht ein wenig hektischer als sonst mit seinem Jazzbesen über die Trommeln und die Hihat, das kriegt jetzt ja so richtig Pep, bilde ich mir ein. Die Gitarre vom Dan schweigt immer noch. Der kaputte Typ, der Neuzugang, leckt sich versonnen über die Lippen, peilt den Ultraviolett-Strahler an der Decke an, der einige seiner Zähne in der oberen Reihe als Jacketkronen entlarvt – und einer blitzt doch glatt wie Gold!

Kenn ich von meiner Frau, wenn die sich mal mit mir hierher zum Tanzen verirrt. Hey! Hab ich gerade meine Frau erwähnt, Wendy? Da kommt sie doch glatt zur Tür herein, mit ihrer Freundin Milly. Die beiden haben einen gezwitschert, das sehe ich doch sogar aus dieser Entfernung, an ihrem Gang. Ich seh’s an den wiegenden Hüften, so locker vom Hocker. Da kommen noch mehr Leute: zwei Pärchen, sie können gar nicht schnell genug auf die Tanzfläche stürzen.

Was macht dieser Typ mit den Congas? Ich muß was verpaßt haben. Wie lange klopft der schon auf seinen Dingern rum? Gar nicht übel. Der Blues ist längst zu Ende, der Pianist spielt was Schnelles. Einfach so, einen Boogie-Woogie. Als hätte er nie was anderes gespielt. Und sein Gesicht strömt so was Kohlrabenschwarzes aus, wie das von Meade Lux Lewis oder Pete Johnson, die in meiner Jugend die Tanzsäle verrückt gemacht haben. Es juckt richtig in den Füßen! Was die können, kann ich schon lange. Ich winke meiner Frau, und die kommt tatsächlich rüber, dieses verrückte, verschwitzte, nein, dieses verschmitzte Lächeln im Gesicht, mit dem sie mich damals eingefangen hat. Sie meint zwar immer, ich hätte damals ihr den Kopf verdreht beim Tanzen. Aber das stimmt nicht. Es war dieses Lächeln, ihr süßes Lächeln. Und dann natürlich ihr feiner animalischer Geruch, so nach dem dritten Tanz, vermengt mit dem Duft, den sie sich ganz dezent hinter die Ohrläppchen tupfte, nur für mich – hoffe ich.

Tatsächlich, sie kommt Schritt um Schritt näher, genau im Takt der Congas, halbes Tempo, damit sie nicht über die eigenen Füße stolpert. Sie will doch nicht mit mir … doch, sie will! Wir tanzen! Um mich herum dreht sich die Welt.

Immer mehr Leute stehen auf, die Singles finden sich zu Paaren, jeder Deckel findet seinen Topf, so sagt man doch. Sogar der bulldoggige Tommy hat seinen Wirte-Grimm irgendwo hinter der Theke abgelegt und wiegt den massigen Oberkörper im Rhythmus der Musik.

Der Boogie ist aus, wir haben ihn nur mit halbem Tempo getanzt, aber immer noch schnell genug – was in der alten Maschine alles noch drin steckt, die man so lieblos Körper nennt! Wendy schmiegt sich an mich, verträumt wie ein Teenager, der heute zum ersten Mal ausgeführt wird. Das kann ja heiter werden. Drüben der verkniffene Zahnarzt, den ich hier immer nur alleine saufen sehe, der hat doch weiß Gott mit sich selbst getanzt. Und jetzt macht er sich an Milly ran. Unglaublich!

Er sieht völlig gelöst aus, als hätte er eine schwierige Kiefersanierung beendet. Naja, ich bin bösartig, ich weiß.

Die Tanzfläche füllt sich mehr und mehr. Aber all diese kaputten Typen hier unten? Denen ist nicht über den Weg zu trauen.

Nur weil Conga-Joe – ich nenn ihn jetzt mal einfach so – seine Trommeln schlägt  … jetzt geht’s schon wieder los, irgendwas Afrikanisches, hört sich jedenfalls so an. Mir soll’s recht sein, die alte Maschine hat noch ungeahnte Reserven, da läßt sich noch manches Tänzchen auf’s Parkett legen …

Oh, schade, jetzt ist’s wohl aus. Der Fremde packt die Dinger unter den Arm und schleppt sie die Treppe hoch, eins nach dem andern. Tonga Conga. Bißchen müde ist er wohl auch, wie wir alle hier unten.

Hey – komm bald wieder, Conga-Joe!

Quelle
Scheidt, Jürgen vom: “Conga Joe”. In:  In: JvS: Blues für Fagott und zersägte Jungfrau. München 2005 (Allitera).
PS: Ich habe immer mit der Einführung der “Neuen Deutschen Rechtschreibung” gehadert, weil ich (und nicht nur ich) sie so überflüssig fand wie einen Kropf am Hals. Und weil man alle älteren Texte wie diesen hier auf Vordermann bringen muss – also diese “daß” zum Beispiel, welche die Korrektur-Software als falsch moniert.
Diesmal hab ich es nicht geändert – weil es ein “Klassiker” ist; für mich jedenfalls. Da fummelt man nicht im Nachhinein an der Rechtschreibung herum.

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Fiction Medizin

Der Schnitt (Novelle)

Cand.med. Alexander Würgassen in Bedrängnis
Mit einem herzhaften Luftröhrenschnitt rettet der verliebte Assistenzarzt der Tochter des Klinik-Chefs das Leben.

(Eine triviale Schmonzette., könnte man sagen – aber vielleicht auch mehr? Jedenfalls ein Schreib-Experiment, um nachzuspüren, was in Lore-Romanen und anderen Sparten der “seichten Unterhaltungsliteratur” abgeht. Wobei ich der kühnen Meinung bin: “Gute Literatur ist das, was den Lesern gut tut – und damit auch dem Autor.”
Darüber kann man streiten – darf aber gerne so zitiert werden.
Leider kann ich hier nur den Anfang der Geschichte präsentieren – sie ist zu lang. Vielleicht gibt es die komplette Erzählung demnächst als E-Book.)

Inhalt:
Ein entsetzlicher Albtraum
“… dafür will ich einen Kuß, Herr Doktor!”
Das geheime Versteck im Klinikgarten
Rauschgift in der Alpen-Panoramaklinik?
Kokain-Halluzinationen
Ein leises Schwirren und Sausen
Finale im neuen OP
Leser träumen anders

Ein entsetzlicher Albtraum

 “Welch ein Elend”, seufzte Würgassen, und es wäre für einen außenstehenden Beobachter schwer auszumachen gewesen, ob er sich damit meinte oder die fremde Frau, die da vor ihm im Bett lag. 
Aber da gab es keinen außenstehenden Beobachter. Nur ihn gab es, den Mann. Und sie, die Frau. 
Dass dies prophetische Worte sein sollten, ahnte noch nicht einmal er selber. 
Der junge, gutaussehende Assistenzarzt schlug die Bettdecke der Patientin vorsichtig zurück. Gesammelt betrachtete er einige Minuten den wohlgeformten Körper, dessen fieberheiße Konturen sich unter dem Nachthemd deutlich, überdeutlich abzeichneten. Sein prüfender Blick ruhte zunächst auf ihrem schweißnassen Gesicht, diesem Geschenk des Himmels für jeden Mann, der für Schönheit empfänglich war – und cand. med. Alexander Würgassen war dafür empfänglich, oh, wie er es war! 
Er schob das linke Lid zurück, leuchtete mit der winzigen Stablampe hinein. Erleichtert atmete er auf; noch pulste das Leben in ihr. Über die Stupsnase und das energische, selbst in der Fieberhölle noch trotzig vorgeschobene Kinn mit dem allerliebsten Grübchen genau in der Mitte, wanderte sein Blick weiter, den schlanken Schwanenhals hinab zu den beiden Schlüsselbeingruben, bis seine Augen die beiden wohlgeformten, selbst in der bewusstlosen Rückenlage noch deutlich sich aufwölbenden Brüste streichelten. 

Für Augenblicke kämpfte der männliche, sieggewohnte Verführer in ihm mit dem verantwortungsbewussten Arzt, der zu werden er im Begriffe stand. Der Arzt siegte, tief seufzend und mitfühlend am Leid der schönen unbekannten Kranken, legte Würgassen zwei Finger, Zeige- und Mittelfinger seiner Rechten, unter die linke Brust, wo er mit einer gewissen Berechtigung das Herz der Schlafenden vermuten durfte. Wie er in einem der früheren Semester einmal zu seinem Erstaunen erfahren hatte, gab es einen gewissen Prozentsatz Menschen, weniger als einen von hundert, bei denen das Herz auf der anderen Seite schlug, eine erstaunliche Sonderleistung der Natur. 
Eingedenk dieser Tatsache, vor allem aber weil er links den Herzschlag nicht gleich fand, tastete er auch die vermutete Stelle unter der rechten Brust gleich mit ab. Nein, da war auch nichts. 
Irritiert tastete er zurück zur anderen Seite, wobei sein Blick unwillkürlich die beiden allerliebsten Brustwarzen der Frau berührte. Wie mochten die wohl aussehen, wie sich gar anfühlen, wenn sie erregt war. Aber tadelnd schüttelte der Arzt in ihm den Kopf und verscheuchte solche begehrlichen Gedanken. Stattdessen nahm er vorsichtig das linke Handgelenk der Kranken und versuchte, wenigstens den Puls zu tasten. 
Wenn er auch den nicht fand, war es höchste Eisenbahn, dass er die Kollegen von der Anästhesie alarmierte. 
Aber nein, da war der Puls, kaum fühlbar, aber er war da. Automatisch zählte er, während er den Sekundenzeiger seiner altmodischen Armbanduhr beobachtete, ein Geschenk seiner Verlobten. Noch ein letzter Blick auf den schönen Körper, der einen endlosen Moment an dem dunklen Dreieck unterhalb der Leibesmitte hängen blieb. 
In diesem Augenblick entrang sich dem Mund der Fremden ein tiefer Seufzer, Atem füllte ihren Brustkorb, der sich weitete, und sie schlug die Augen auf. Noch nie in seinem 25jährigen Leben hatte Alexander Würgassen in solche leuchtend blauen Augen geschaut. Sie waren von einer abgründigen Tiefe wie zwei Ozeane – Aber mit dem Ausdruck dieser Augen stimmte etwas nicht! 

Würgassen merkte es sofort, während seine Hände rasch, und etwas schuldbewusst die Bettdecke behutsam zurückschlugen. Da war kein Bewusstsein in diesen Augen, die durch ihn hindurchschauten, als sei er Luft. Es sah aus, als blicke sie in die Unendlichkeit. Was sie dort wahrnahm, musste Teil eines entsetzlichen Albtraums sein, denn sie schrie laut, aber kaum verständlich einen Satz, der klang wie “Nein, bitte nicht!”; dann warf sie ihren Kopf ein paar Mal wild hin und her, dass ihre langen blonden Haare ihr Gesicht und das Kopfkissen peitschten, um sich endlich zusammenzukrümmen und einzurollen wie ein Neugeborenes in der Kälte seines ersten Tages. 

Ob er nicht doch besser die Kollegen rief? Aber noch immer zögerte Würgassen. Er war erst seit einigen Tagen in der Privatklinik von Prof. Meyer-Nebbich und wollte nicht gleich durch Unerfahrenheit auffallen. Er ging zur Vorderseite des fahrbaren Bettes, wo der Krankenbericht mit der Fieberkurve hing. Die letzten Messwerte hingen bedenklich nahe der  40-Grad-Grenze. Es reizte ihn, das Fieberthermometer rektal einzuführen und den neuesten Wert festzustellen; aber er wollte nicht der Nachtschwester ins Handwerk pfuschen, einem hübschen Karbolmäuschen, mit dem er es sich besser nicht schon in der ersten Nacht verdarb. 
Der Name der Patientin bestand, höchst ungewöhnlich, nur aus einem Kürzel mit zwei Großbuchstaben: L. B.
Würgassen konnte damit nichts anfangen, obwohl die ungewöhnliche Abkürzung ihn an irgendetwas sehr Vertrautes erinnerte. Wahrscheinlich war es eine der prominenten Persönlichkeiten aus dem öffentlichen Leben, für deren diskrete Behandlung die Privatklinik von Meyer-Nebbich bekannt war. 
Aber der alte Geizkragen, der im Geld schwimmen musste, bezahlte seine Assistenzärzte genauso mies wie die staatlichen und städtischen Krankenhäuser, erinnerte sich Würgassen beim Hinausgehen verärgert. Selbst diese verdammten Nachtwachen besserten trotz der unmenschlichen Schinderei seine kargen Bezüge nur wenig auf, sodass er seiner frühzeitig gealterten Mutter und den acht Geschwistern zuhause auf dem Bauernhof längst nicht das ersetzen konnte, was mit dem tragisch frühen Tod des Vaters weggefallen war. 

Hatte er “verdammte Nachtwache” gedacht? Würgassen schaute noch einmal hinüber zu der Bewusstlosen. Nein, wer immer sie war – so einem schönen Geschöpf das Leiden zu lindern, das war keine Verdammnis, ganz im Gegenteil. Aber wer war sie? 
Vielleicht wusste Leni, die Nachtschwester, was diese ominösen Initialen L. B. bedeuteten? Doch egal, er hatte schon einen Namen für sie: Dornröschen würde er sie von nun an nennen, nur für sich. Es war wie ein Geheimnis, das er hinter der nun verschlossenen Tür ließ und zugleich auch in seinem Herzen mit sich nahm. Leni, die in Stationsbad Bettschüsseln und Irrigatoren säuberte, strahlte ihn an, als er durch die Tür mit der Mattglasscheibe trat: “L. B.?” sagte sie, “in welchem Zimmer?” Aber ehe er die Nummer antworten konnte, lachte sie schon hell auf und sagte vergnügt: “Das ist die -” 

Aber sie sprach nicht zu Ende, machte stattdessen ein betont ernstes Gesicht und sagte mit leiser, verschwörerischer Stimme: “Ich darf’s eigentlich nicht sagen, ich weiß es eigentlich auch gar nicht, es ist nämlich ein streng gehütetes Geheimnis. Wenn es mir nicht meine Freundin gestern verraten hätte, die in der Registratur vom Professor arbeitet -” 
Sie unterbrach sich, stellte die Bettflasche zurück, die sie gerade gereinigt hatte, trocknete ihr Hände ab und stellte sich ganz nahe vor ihn hin, höchstens einen Meter entfernt, so dass er ihren Körper deutlich riechen konnte, eine interessante Mischung aus Arbeitsschweiß, Eau de Toilette (wahrscheinlich sowas wie Dschungel oder Bartuse de Fior) und etwas undefinierbar Drittes und zutiefst Weibliches. 

“… dafür will ich einen Kuß, Herr Doktor!” 

 Würgassen ahnte, was dieser Geruch ihm verhieß und in welche Falle er da laufen würde. Aber zum einen war er neugierig, das Geheimnis der schönen Unbekannten zu entschlüsseln, zum anderen spürte er noch deutlich die Erregung, in welche ihr Anblick ihn, unter aller ärztlich-kühlen Zurückhaltung versetzt hatte. Und hier stand vor ihm die knackige Leni, ihren vibrierenden willigen Körper nur zu eindeutig ihm entgegengereckt. Naja, dachte er, diese Nachtwachen sind oft eine verdammt langweilige Angelegenheit und Kostverächter bin ich auch keiner, schon gar nicht, wenn das junge Gemüse so viele schöne Vitamine verspricht. Rasch noch ein Blick zur Anzeigetafel mit den Zimmernummern; aber da flackerte kein roter Notschrei, der ihnen das zärtliche Aneinanderreiben versalzen würde. 
“Also”, sagte er heiser, wobei er gleichzeitig das Locken in ihren braunen Augen genoss und die Locken ihres kurgeschnittenen Haars, galt es doch ihm und seiner Männlichkeit, “wer ist L. B.?” Und was ist der Preis für des Rätsels Lösung?” Es galt, die Spielregeln einzuhalten und nicht allzu plump aufs Ziel loszusteuern. Der Weg ist das Ziel – hatte das nicht ein chinesischer Philosoph gesagt? 
Und worauf traf das mehr zu als auf die Liebe – naja, wenn ich sehe, wie sich’s unter deiner Schwesternbluse spannt, dann würde ich eher an Sex denken, nein: an Erotik. 

“Es ist Liana Buttani, die berühmte Wagner-Sängerin”, kam es von ihrem dezent bemalten Mund (mehr Farbe hatte der alte Griesgram Meyer-Nebbich nicht durchgehen lassen, auch nachts nicht, da schon gar nicht). “Und dafür will ich einen Kuss, Herr Doktor!”
Noch hab’ ich den Titel nicht, wollte er erwidern. Aber er unterließ es, zog sie stattdessen rasch an sich und öffnete ihren Mund mit seiner Zunge, das heißt, er wollte das tun, aber ihre Lippen waren längst aufgegangen wie eine Blume in der Morgensonne und ebenso selbstverständlich hatten sich die Lider über ihren Augen geschlossen. Welch eine Genießerin, dachte er anerkennend. Dann suchten seine Finger auf ihrem Rücken die Öffnung des Kittels, öffneten Knöpfe, tasteten nach der Schließe des BH, den alle Schwestern tragen mussten, auch dies eine Vorschrift des Klinik-Chefs. 

Leni machte sich für einen Moment der Schicklichkeit ganz steif, drängte sich aber gleichzeitig noch enger an ihn. Ihr Mund riß sich kurz los. “Möchten Sie – möchtest du nicht wissen, was der Buttani fehlt?” 

(Forts. folgt – irgendwann.)

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Autobiographisches Fiction Kindheit Krieg Psychologie Schreiben Science-Fiction Zukunft

Kriegskinder und Kriegsenkel

Wenn man im Februar 1940 geboren wird, ist man ein Kriegskind. Was das bedeutet, habe ich erst lange nach meinem Studium der Psychologie erfahren und viele Jahre nach zwei Psychoanalysen.

Das Thema Kriegskindheit blubberte erstmals 2003 in mein Bewusstsein nach der Lektüre eines Vortrags von Michael Ermann, der um die Jahrtausendwende (in nicht autorisierter Abschrift) durch die Psycho-Szene geisterte und über eine Freundin einer Freundin meiner Frau Ruth schließlich bei mir landete. Ich habe mir, wie elektrisiert von dem Thema, gleich das Büchlein von Peter Heinl besorgt, das die Grundlage des Vortrags war – und habe es zweimal in einem Zug durchgelesen.

Warum habe ich wohl 1959 (das muss nach dem Abitur in einer schöpferischen Zwischenzeit gewesen sein) diese Tusche-Graphik mit dem Titel “Krieg im Weltenraum” gezeichnet? Nicht etwa, weil ich kriegsbegeistert bin (wie einst mein Großvater Karl Hertel) – ganz im Gegenteil. (Die Antwort folgt weiter unten.)

Krieg im Weltraum. (JvS – Tuschezeichnung Aug 1959)

Inzwischen gibt es eine ganze Reihe von Publikationen über Kriegskinder – und längst auch über die Kinder dieser Kriegskinder – die Kriegsenkel. Es fiel mir wie die sprichwörtlichen “Schuppen von den Augen”, als ich Gefühle und Situationen entdeckte, die ich selbst als Kind erlebt hatte – allen voran die Nicht-Existenz eines Vaters. Letzteres war meine Situation zum Glück nur in den ersten fünf Lebensjahren: Mein Vater kehrte im Juli 1945 aus amerikanischer Gefangenschaft und somit aus dem Krieg zurück, und zwar zumindest körperlich unversehrt (dass es so etwas wie seelische Traumatisierungen gibt, lernte ich auch erst sehr spät). Aber der frühe Mangel ist nun mal prägender als alles, was später kommt.

Erst lange danach fiel mir ein, dass ich mich mit den “abwesenden Vätern” schon vorher in meiner Dissertation Der falsche Weg zum Selbst befasst hatte.

Kriegs-Geschichten – weit weit weg

Aber erst als ich – nochmals fast zwei Jahrzehnte später – 2020 mit der Arbeit an diesem Blog begann, begriff ich, warum das Thema Krieg, wie selbstverständlich, in meinen Erzählungen auftaucht – und zwar von Anfang an. Zwei meiner allerersten Kurzgeschichten (“Nur ein kleiner Fehler”, “Eine unter vielen”) handeln von zukünftigen Kriegen auf fernen Planeten – ja, möglichst weit weg sollte das sein. Auch in meinem ersten Roman Männer gegen Raum und Zeit geht es gegen Ende richtig kriegerisch zur Sache: Mit der Zerstörung des sagenhaften Kontinents Atlantis hier auf der Erde – was nur das Echo eines noch viel gewaltigeren Krieges weit weg im Weltraum ist. (Der Roman spielt in fernster Zukunft – aber der Untergang von Atlantis schlägt eine Brücke viele Jahrtausenden zurück in die Vergangenheit – in der Science-Fiction geht das problemlos.)

In meinem zweiten Roman Sternvogel geht es viel zivilisierter zu: Die “richtigen” Kriege sind dort von Handelskriegen weit friedlicherer Art abgelöst.

Aber in meinem dritten Roman, Der geworfene Stein, geht es wieder richtig zur Sache”: Ein Atomkrieg hat die Erde verwüstet, die Menschen leben in wenigen Rückszugsgebieten unter schützenden Energiekuppeln (München ist eines dieser Reservate). Mongolische Horden durchstreifen den Kontinent, eine ist schon bis nach Starnberg vorgedrungen. Und aus Afrika attackieren feindliche Jets die einstige bayerische Hauptstadt. Aber es gibt eine Art Happy-end: Die Geschichte geht gut aus. Für´s erste. (Möge uns das erspart bleiben – Corona ist lange nicht so schlimm wie Krieg.)

Und was ist mit den Kriegsurenkeln?

Hat man den Mechanismus der (mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nur psychischen) Weitergabe von Kriegstraumata an die Nachkommen erst einmal akzeptiert und ist einigermaßen sensibilisiert für die Bedeutung solcher Weitergaben, gibt es eigentlich nur eine richtige Antwort auf die damit verbundenen Fragen und Probleme:
Man muss beginnen, diese Altlasten im eigenen Leben aufzuarbeiten- damit man sie nicht weiter “vererbt”. Als ich 1965 aus ganz anderen Gründen (die an der Oberfläche mit meinem Studium zu tun hatten) eine Psychoanalyse begann, dacht ich nicht daran, dass ich damit auch anfing, diese Altlasten anzuschauen und ihre Narben zu erkennen. Und dass dies eine Möglichkeit war, sie nicht an eigene Kinder weiterzugeben. Damals wollte ich gar keine Kinder haben (eine Art Selbstschutz vor solcher Verantwortung?). Die Psychoanalyse war erfolgreich. Ich traute mir irgendwann sogar drei Kinder zu. Und hoffe, dass ich keine Kriegstraumata an sie weitergegeben habe – was letztlich sogar die noch spätere Generation belasten könnte (das wären dann “Kriegsurenkel”) .

In der Bibel steht viel Unsinn aus vorwissenschaftlichen Zeiten. Aber sie transportiert doch auch einige Urweisheiten, die zeitlos gültig sind. Eine davon hat mich immer schon beeindruckt, was noch verstärkt wurde durch die Beschäftigung mit der “Kriegskinder”-Problematik:
Die Sünden der Väter werden gerächt bis uns dritte und vierte Glied” (und manchmal sogar bis ins “siebte Glied”.
Es gibt dazu inzwischen einen eigenen Forschungsbereich in der Psychologie: Die Transgenerationale Traumaweitergabe. In der Wikipedia findet man dazu noch keinen Artikel (Stand: 11. Jan 2021) – aber wenn man den Begriff googelt, entdeckt man so allerhand.

Quellen
Heinl, Peter: Maikäfer flieg, dein Vater ist im Krieg (1994) München 2003 / 3. Aufl. (Kösel).
Scheidt, Jürgen vom: “Nur ein kleiner Fehler“. In: Utopia-Magazin Nr. 6. Rastatt 1956 (Pabel Verlag).
ders.: “Eine unter vielen”. Füller in: Williamson, Jack: Die Zeitlegion.
ders.: Männer gegen Raum und Zeit (Leihbuchausgabe). Wuppertal-Barmen 1958 (Wieba).
ders.: Sternvogel. Minden 1962 (Bewin)..
ders.: Der geworfene Stein. Percha bei München 1975 (R. S. Schulz).
ders.: Der falsche Weg zum Selbst. Studien zur Drogenkarriere. München 1976 (Kindler-Verlag, Geist und
Psyche). Überarbeitete Neuausgabe Frankfurt am Main 1984 (Fischer Taschenbuch).
Williamson, Jack: Die Zeit-Legion – Utopia-Großband Nr. 65. Rastatt 1958 (Pabel-Verlag).

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Fiction Krieg Science-Fiction Zukunft

Nur ein kleiner Fehler (Story)

(So kündigte Walter Ernsting 1956 diese Kurzgeschichte von mir 1956 an:
Die Reihe soll phantasiereichen und schriftstellerisch begabten Lesern der UTOPIA-Reihen die Gelegenheit geben, ihre selbstgeschriebenen Kurzgeschichten zu veröffentlichen. Wir hoffen, dass die strenge Auswahl der eingehenden Manuskripte auch die Zustimmung der Freunde des UTOPIA-Magazins findet und sie die gleiche Freude an den Geschichten haben werden wie wir.)

Es war meine erste richtige Veröffentlichung. 10.00 Mark gab es dafür – vom Postboten an der Wohnungstür ausgehändigt Und dies war das Titelbild des Magazins:

Erforschung des Planeten Mars – Utopia-Magazin Heft 6 (Morris Scott Dollens – Pabel-Verlag 1956)

Nur ein kleiner Fehler

Pausenlos fluteten die lebensvernichtenden Strahlenschauer über das zernarbte Antlitz des Planeten. An bestimmten Punkten außerhalb der vergifteten und ionisierten Atmosphäre waren die Transformatorraumkugeln stationiert. Sie zapften die Sonne, einen gelben und verzwergten Typ, mit hochfrequenten Wellenlängen an, wandelten die aus dem positronischen Sonnenpotential gewonnenen Energien und bestrichen damit die gesamte Oberfläche der sterbenden Welt.
In einer der Kugeln, die sich schon durch ihre Größe von den übrigen hundert unterschied, unterhielten sich die beiden Aktionsleiter.
„Unsere Bombenkommandos haben gute Vorarbeit geleistet. Alle größeren Ansiedlungen liegen in Schutt und Asche, zertrümmert von den Platinreaktionsbomben. Alles übrige Leben haben die Strahlen und die verseuchte Atmosphäre vernichtet.“
„Du meinst, wir sollten die Vorbereitungsarbeiten einstellen?“
„Ja. Ich werde einen entsprechenden Befehl gleich durchgeben. Die Landetruppen sollen sich bereitmachen; vorher werden wir beide jedoch einen Erkundungsflug vornehmen.“
Baki drehte sich um und entfaltete den Sprechfächer. Die Verbindung war hergestellt.
„An alle Stationen: Zapfstrahlen sofort unterbrechen. Die Reinigungsschiffe sollen mit dem Abwerfen von Stickstoffbakterien beginnen und die Atmosphäre regenerieren. Landekommandos sind innerhalb der nächsten sieben Stunden aufzustellen und sollen sich auf Abruf bereit halten. Ich wiederhole…”

                                                                                      *

Eine halbe Stunde später löste sich die Admiralskugel aus dem Verband und strebte mit wachsender Beschleunigung der Planetenoberfläche zu. In den tieferen Schichten der Lufthülle setzten mit flimmerndem Toben die Bremsstrahler ein und fingen die Wucht des Sturzes ab, führten sie in ein sanftes Schweben über.
Dann glitten sie in konstanter Höhe über den abrollenden Globus dahin und hielten auf dem Fernseher nach interessanten Objekten Ausschau. Baki und Odindo standen hinter dem Pilotensessel und unterhielten sich über verschiedene Sachen. Dabei kam die Sprache auch auf den Zweck ihres Forschungsfluges.
 „Wie lange sind wir jetzt schon unterwegs?“
“Nach den Kalenderuhren sind es sieben Jahre. Nachdem wir allerdings mit annähernder Lichtgeschwindigkeit geflogen sind, müssen wir die Zeitkontraktion mit einrechnen. Ich schätze, dass wir, nach nimischer Zeit, vor dreiundsiebzig Jahren gestartet sind. Es besteht also bereits eine Differenz von Sechsundsechzig Jahren…“
„… was im Grunde genommen gar nichts ausmacht“, ergänzte Baki Odindos Ausführungen. „Wir besiedeln diesen Planeten und bereiten ihn auf die große Flotte vor, die unsere überbevölkerte Heimat entlasten wird. Sie müssten eigentlich bald eintreffen, nicht wahr?“
„Es dürfte noch zwei Sonnenumläufe dauern. Bei unserer Abfahrt waren schließlich erst drei Siedlungsschiffe im Bau.“
Sie wandten sich wieder dem Fernsehschirm zu. Auf diesem wurde gerade eine gewaltige Stadt sichtbar, die noch von Staubwolken verhüllt war. Ab und zu legte ein Windstoß die Wolken zur Seite und gab den Blick auf abgrundtiefe Atomtrichter frei, deren Ränder noch bösartig glühten. Türme ragten wie mahnende Finger in die Höhe; Türme, von denen nur noch der schlanke und verbogene Stahlkern existierte. Überall Chaos und leblose Schuttwüste. Nur an einer einzigen Stelle waren einige Gebäude verschont geblieben. Einsam und verlassen standen sie im Stadtzentrum; sogar der versengte Teppich eines Pflanzenwuchses hatte den glutigen Sturm der atomaren Explosionen überlebt.
Odindo tippte dem Piloten auf die Schulter und erklärte auf dessen fragenden Blick:
„Lande dort unten, bei den kuppelähnlichen Gebäuden. Wir möchten aussteigen und uns alles anschauen.“
Der Schiffsführer nickte und manipulierte mit der Steuerung. Sanft senkte sich die Raumkugel herunter und setzte auf. Die höllische Hitze des Bremsstrahlers setzte die letzten Reste der kümmerlichen Vegetation in Brand. Für Augenblicke umzüngelten die kleinen Flämmchen den Kugelriesen; es war, als raffe sich der Planet zu einer letzten Lebensäußerung auf. Ein Windstoß wirbelte die warme Asche auf, und der Funkenregen stob davon, setzte sich als schwarzer Belag auf die letzten weißen Stellen der Flachkuppeln.
Die Schleuse öffnete sich, und eine bequeme Treppe wurde ausgefahren. Stolz und sich des historischen Ereignisses vollauf bewusst, schritten Baki und Odindo die breite Rampe hinunter und betraten zum ersten mal das eroberte Land.
Tief bewegt umfassten sich die beiden Flottenkommandanten.
„Wir haben es geschafft!“ jubelten sie. Baki sagte feierlich:
„Das ewige Gesetz des Kosmos war uns günstig gesinnt: Töten oder getötet werden.“
„Ja! Wir leben, haben neuen Raum für unsere Rasse erobert.“
Dann gingen sie, durch kaum sichtbare Hüllen geschützt, auf die weißen Gebäude zu, die jetzt grau waren. Mit dem Fuß stieß Baki die halboffene Eingangstür vollends auf. Aber er sprang mit einem entsetzten Aufschrei zurück.
„Odindo!“ keuchte er und verfärbte sich. „Odindo! Was soll das bedeuten?“
Laut brüllend zeigte er auf den Körper, der ihm entgegengefallen war. Der Gerufene war auf einen anderen Bau zugegangen und drehte sich erstaunt um.
„Was gibt es denn? Eine Leiche? Das ist doch kein Grund zur Aufregung; es werden noch Milliarden davon herumliegen“, rief er zurück.
„Odindo! Du musst sofort hierherkommen. Erinnerst du dich noch, über was wir uns vorhin unterhalten haben? Vor dreiundsiebzig Jahren sind wir von zu Hause gestartet -“
„Ich weiß“, unterbrach ihn Odindo und kam gemächlich näher. „Ich weiß. Und in zwei Jahren wird die Siedlungsflotte eintreffen. Stimmt’s?“
Baki schüttelte den Kopf und sagte dann mit leiser, aber furchtbarer Stimme: „Nein. Nicht in zwei Jahren. Wir haben den technischen Fortschritt übersehen. Die Siedlungsflotte war schon vor uns da!”

ENDE

Quelle
Scheidt, Jürgen vom: “Nur ein kleiner Fehler”. In: Utopia-Magazin Nr. 6. Rastatt 1956 (Pabel Verlag).

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Der metallene Traum

Die ursprüngliche Geschichte mit diesem Titel habe ich 1963 geschrieben. (Es gibt einen Tagebuch-Eintrag: “1963-10-19: ca. 70 Seiten “M.T.” fertig.”) Dieses Manuskript hatte etwa fünf Seiten und erschien erstmals in dem Fan-Magazin Munich Round Up (MRU) der Münchner Ortsgruppe des SFCD*, wo SF-Begeisterte sich regelmäßig zum gemeinsamen Schreiben bei Waldemar Kumming in der Herzogspitalstraße trafen – gewissermaßen meine erste Erfahrung mit einem Schreibseminar. Damals (1959) konnte ich nicht ahnen, dass dies zwei Jahrzehnte später einer meiner drei Brotberufe werden würde: Schreibseminare leiten.

* SFCD = “Science Fiction Club Deutschland. Dort war ich, mit kurzer Unterbrechung, von 1955-1959 ordentliches Mitglied.

Titelbild “Der metallene Traum” (1964, Tuschezeichnung von Willi Johanns)

Ich veröffentlichte diesen Kurzroman 1964 mit eben dem Titel Der metallene Traum in drei Teilen, ebenfalls in MRU. Daraus wurde 1975 mein richtiger gedruckter Roman #3: Der geworfene Stein. “Der metallene Traum” ist darin der zentraler Teil.
Worum geht es dabei?
Der Student Schrödinger lässt sich in einem Zustand großer Verzweiflung auf ein wissenschaftliches Experiment ein, bei dem er in eine Art Kälteschlaf-Koma versetzt wird. Aber es geht etwas schief – und man kann ihn erst 100 Jahre später wieder ins Leben zurückholen. München hat sich sehr verändert, ist zu einer voll kybernetisierten Stadt geworden. Schrödinger tritt in einem Schlüsselkapitel in direkten Kontakt mit dem “Kyberneten”, einer riesigen Rechenmaschine unter dem Englischen Garten, welche die Geschicke der Stadt steuert. Diese (heute würde man sagen: virtuelle) Begegnung nannte ich den “metallenen Traum”.

Der Graphiker Willi Johanns zeichnete zu meiner Erzählung in MRU fünf Tusche-Bilder. Oben davon das Titelbild. Hier eine Schlüsselszene, in der Schrödinger in der Nähe von Starnberg, einer im Jahr 2064 gefährlichen “wilden” Gegend, auf eine Gruppe mongolischer Eindringliche trifft:

Seltsame Begegnung mit Mongolen nahe Starnberg – im Jahr 2064 (Tuschezeichnung: Willi Johanns 1964)

Zu einer anderen bizarren Begegnung kommt es später im Park des Nymphenburger Schlosses mit einem wild gewordenen Roboter:

He Robot im Nymphenburger Schlosspark (Tuschezeichnung: Willi Johanns 1964)

Eine kleine Story macht große Karriere

1971 übernahm Wolfgang Jeschke (Herausgeber-Pseudonym: Herbert W. Maly) die Story in seine Anthologie mit eben diesem Titel Der metallene Traum.
1974 erschien eine Taschenbuchausgabe davon bei Heyne.
1975 mache ich die Story zum zentralen Teil meines Romans Der geworfene Stein.
1977 druckte Ruth J. Kilchemann den Text in einer anderen Anthologie (Schlaue Kisten machen Geschichten) für die Computer-Weltfirma IBM.
1980 übernimmt Thomas LeBlanc die fünf Seiten in seine Anthologie Start zu neuen Welten.

Habe ich den Cyberspace erfunden?

Dies könnte gut die erste CyberSpace-Geschichte gewesen sein – lange ehe William Gibson 1982 diesen Begriff prägte (s. unten Auszug aus der Wikipedia). Aber es gab davor schon andere Phantasien in dieser Richtung:
° Isaac Asimov schrieb eine Story, in der jemand mit technischen Mitteln in die Träume eines anderen Menschen eindringt. Asimov hat so viele Erzählungen publiziert, dass diese kaum ausfindig zu machen ist. Es könnte sich um “”Robot Dreams” aus dem Jahr 1986 handeln – aber in meiner Erinnerung veröffentlichte er schon viel früher etwas in der Richtung (es könnte sich um “Dreamworld” handeln, November 1955 in The Magazine of Fantasy and Science Fiction).
° Roger Zelazny schrieb erst 1965 die Story “Dream Master”, aus der im Jahr darauf der Roman He who shapes entstand, worin jemand in die Träume anderer Menschen eindringt.
Als Film hat diese Idee Christopher Nolan in Inception realisiert – eine furiose Achterbahnfahrt in ein Traum-Labyrinth mit mehreren Etagen. Hier ist das Medium zwar nicht wie bei Gibson das Internet, sondern ein Computer – und ist das Internet denn etwas anderes als ein weltumspannendes Netzwerk von Computern? Die “virtuellen Begegnungen” finden ja nicht in den verbindenden Kabeln statt – sondern in den Mikroprozessoren.
Ersetzt man “Traum eines anderen Menschen” mit “virtuelle Welt im Internet oder Computer” – landet man beim Koncept des Cyberspace.
Meine Geschichte vom “Metallenen Traum” ist – wie schon der Titel andeutet – zwischen diesen beiden Konzepten des “fremden Traums” und der “Internet-Virtualität” angesiedelt. Das Internet gab es 1964 noch nicht, als ich meine Geschichte ersonnen habe – als Arpanet wurde es vom amerikanischen Militär (US Air Force) erst ab 1968 gestartet.

(Wikipedia:) Die erste ernstzunehmende Ausformulierung des Konzepts findet sich bereits 1964 in Stanislaw Lems Summa technologiae, worin das Konzept des Cyberspace unter der Bezeichnung Periphere Phantomatik beschrieben wird. Eine weitere frühe Darstellung findet sich in Oswald Wieners Roman die Verbesserung von Mitteleuropa von 1969, in den Abschnitten notizen zum konzept des bio-adapters und appendix A. der bio-adapter.
In der Kurzgeschichte
True Names and Other Dangers (1987) führte Vernor Vinge die Ideen weiter. Seine Protagonisten wandern in einer virtuellen Welt und interagieren mit virtuellen Gegenständen. Manche haben sich in Gruppen zusammengeschlossen und verstecken sich in abgetrennten Teilen, genannt „Walled Garden“.
Wörtlich ist von Cyberspace erst 1982 in der Kurzgeschichte
“Burning Chrome” des amerikanischen Science-Fiction-Autors William Gibson die Rede, der allgemein zur Cyberpunk-Literatur gezählt wird. Gibson beschreibt den Cyberspace als konsensuelle Halluzination eines von Computern erzeugten grafischen Raums…

Lesefutter
Asimov, Isaac: Dreamworld (in: The Magazine of Fantasy and Science Fiction, November 1955). Deutsch: Dafür plage ich mich? In: Isaac Asimov, Martin H. Greenberg und Joseph D. Olander (Hrsg.): Feuerwerk der SF. Goldmann (Edition ’84: Die positiven Utopien #8), 1984, ISBN 3-442-08408-3. Auch als: Traumwelt. In: Hans Joachim Alpers und Harald Pusch (Hrsg.): Isaac Asimov — der Tausendjahresplaner. Corian (Edition Futurum #2), 1984, ISBN 3-89048-202-3.
ders: “Robot Dreams” (veröffentlichte in einer Anthologie gleichen Titels: Isaac Asimov: Robot Dreams). Deutsch: Roboterträume. In: Friedel Wahren (Hrsg.): Isaac Asimov’s Science Fiction Magazin 30. Folge. Heyne SF&F).
Gibson, William: “Burning Chrome”. In: in Omni (Juli 1982)
Kilchemann, Ruth (Hrsg.) Schlaue Kisten machen Geschichten. Nördlingen 1977 (IBM).
LeBlanc, Thomas (Hrsg.): Start zu neuen Welten. Science-Fiction-Erzählungen aus Deutschland. Freiburg 1980 (Herder Hardcover)
Maly, Herbert W. (d.i. Herbert W. Franke oder Wolfgang Jeschke): Der metallene Traum. München 1971 (Lichtenberg).
Nolan, Christopher (Regie): Inception. Nolan. USA 2010 ( Warner Brothers).
Scheidt, Jürgen vom: “Der metallene Traum”. München 1963 (Munich Round Up – als Manuskript gedruckt).
ders.: “Der metallene Traum” in Maly, Herbert W. (Hrsg:) und in Kilchemann, Ruth (Hrsg.)
Zelazny, Roger: The Dream Master, 1966, dt. Herr der Träume, Pabel, 1976, ohne ISBN (Terra TB 270); und Ein Spiel von Traum und Tod, Bastei-Lübbe, 1986, ISBN 3-404-23052-3 (basiert auf der Erzählung “He who shapes” aus dem Jahr 1965). Vollständige dt. Fassung von “He who shapes”: Der Former. Übers. Hans Maeter. In: Damon Knight Hg.: Computer streiken nicht. SF-Stories. Heyne TB 3360, München 1973 ISBN 3-453-30237-0 S. 61–156. Zuerst engl. in: Nebula Award Stories 1, 1965
Jahr 1965)

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Der kleinste Weihnachtsmann der Welt

Dieser Blog ist mein Tummelplatz für alle möglichen Texte aus meiner Feder bzw. meinem Computer. Neben autobiographischen Texten (aus denen einmal meine Autobiographie entstehen soll) und Sachtexten (vor allem zu Themen rund ums Schreiben und Veröffentlichen) werde ich hier nach und nach die vielen kleinen Geschichten publizieren, die im Lauf der Jahrzehnte entstanden sind. Der Jahresendzeit mit Weihnachten entsprechend, will ich mit dieser Mikro-Story beginnen, verfasst am 16. Dez 2007 vom “vielleicht irgendwann einmal größten Autor der Welt”. Und die geht so:

Abb.: Weihnachtsmännchen (von der CorelDraw-CD mit der lizenzfreien Bildersammlung – ca. 2090)

Es war einmal –

Nein, so soll das nicht anfangen. Es soll ja kein Märchen werden, sondern eine Weihnachts-Geschichte. So richtig was für “warm ums Herz”. Allerdings – eine märchenhafte Geschichte soll es schon sein, mit Happyend und so. Darf doch sein, oder?

Weihnachten ist ja im Grunde eh nur ein religiös verbrämtes Märchen: Prophezeiung im Traum, Jungfrauengeburt, angeblich kostenlose Beherbergung in einem ausgebuchten Hotel (naja, im Stall, immerhin), der Stern von Bethlehem, die Heiligen Drei Könige (wo sind Könige schon heilig außer in Märchen?). Dazu etliche Wunder, Auferstehung von den Toten, erster Astronaut und so –

Also bitte sehr: äußerst märchenhaft das alles.

Aber gemach und der Reihe nach, schließlich bewegen wir uns in die “staade Zeit”, wie das in Bayern heißt (jawohl, mit zwei “aa”, damit es besonders leise ist), und alle Welt ist schön entschleunigt. Die Geschichte, die ich erzählen will, handelt von einem Weihnachtsmann. Nicht von irgendeinem, sondern vom kleinsten, den es je gab.

Dazu muss man wissen, dass es nicht nur einen Weihnachtsmann gibt, sondern deren mehrere, viele sogar (alles andere wäre ein Märchen). Wie sonst sollten denn zwei oder gar demnächst acht Milliarden Kinder mit Wunscherfüllungen beliefert werden, und das noch dazu an einem einzigen Abend!?

Einer dieser Weihnachtsmänner war logischerweise der kleinste – Das kann man sich doch leicht vorstellen: Wenn sie in einer Reihe nebeneinanderstehen beim Appell für den Heiligen Abend antreten: Links der größte, wohl ein Halbriese – rechts der kleinste. Wie damals in der Schule wir Schüler (aber ich will mich jetzt nicht mit aller Gewalt selbst in die Geschichte hineinschreiben).

Dieser kleinste Weihnachtsmann, kurz kWm, war logischerweise für die kleinsten Kinder zuständig; und das sind die der Wichtel und Zwerge. Die sind wirklich klein, winzig, kaum mit der Lupe zu erkennen. Für manche braucht man sogar ein Mikroskop.

Diesem kWm ist nun etwas Seltsames passiert. Weil er es so eilig hat, herumzukommen auf der ganzen Welt mit seinen Geschenken. Eigentlich war es ja schon lange zu erwarten – aber nun ist es tatsächlich passiert: Dass er einer Weihnachtsfrau begegnete. Klar doch, wäre ja wirklich märchenhaft, wenn es im Zeitalter der Emanzipation nicht irgendwann Frauen auch in dieses Amt gedrängt hätte (obwohl der Papst sich angeblich lange mannhaft dagegen gesträubt hat). Und Amt ist es ja auch keines mehr, sie sind nur noch Angestellte, die Weihnachtsleute.

Diese nun, von der jetzt die Rede sein soll, diese Weihnachtsfrau, war zufällig die kleinste Weihnachtsfrau der Welt, kurz kWf. Kommt schon mal vor, so ein Zufall. Den Jackpot im Lotto knackt ja auch immer wieder mal jemand. Auch diese kWf war für Wichtel und Zwerge zuständig, was schon wegen der Größe der Geschenke gar nicht anders möglich ist. Rein zufällig ( ja wirklich: rein zufällig), befand sich ihr Zustellbezirk gleich neben dem vom kWm.

So waren beide mitten im Geschenkeverteil-Stress, als sich trotz modernstem GPS-Navi ihre Zustellwege kreuzten. Noch genauer: ihre Schlitten krachten mitten auf einer schlecht beleuchteten Kreuzung bei Untermittraching-Tuntenhausen zusammen. Alle Geschenke flogen im hohen Bogen durch die Gegend, gefolgt von ein paar sehr unweihnachtlichen Flüchen, von denen
“Ja so a Bescherung, deppert´s Mannsbild!” (sie)
und
“Ja da verreck, a Frau auf´m Schlitten!” (er)
noch die harmlosesten waren. Beim Austauschen ihrer Visitenkarten wegen der versicherungstechnischer Behandlung des Vorfalls und noch intensiver beim Einsammeln der ringsum verstreuten Geschenkpäckchen lernten sie sich jedoch ein wenig näher kennen. Es funkte zwischen ihnen, wie man so sagt, und so sie verabredeten sich für „nach der Arbeit“ zu einem Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt. Aus dem einem Glühwein wurden bald zwei, dann drei, dann vier, dann fünf (damit es eine Primzahl ist – Weihnachtsmänner stehen auf Primzahlen, Weihnachtsfrauen haben es mehr mit den ordentlichen geraden Zahlen – aber da zweimal fünf ja zehn ergibt, hatte das dann auch wieder seine Richtigkeit).

Man merkt, dass das eine – pardon – verdammt kalte Weihnacht war (von wegen Klimaerwärmung! auch so ein Märchen – was ist denn schon ein Ansteigen des Meeresspiegels um ein paar Meter, wenn es dabei schön warm wird, irgendwo jedenfalls).

So ging es dann weiter. Sechs Monate später (bei Zwergen und Wichteln und sehr kleinen Weihnachtsleuten geht alles ein bisschen schneller) kam das – natürlicherweise – kleinste Christkind, pardon: Weihnachtskind der Welt zur Welt, ein echtes kWk.

Aber das ist eine andere Geschichte. Diese ist jetzt zu Ende. Damit es der kleinste Weihnachtsroman (kWr) aller Zeiten bleibt. Oder wenigstens der von diesem Jahr.

Frohes Fest allerseits wünscht der viegAdWJvS*

* d.h.: “vielleicht irgendwann einmal größte Autor der Welt”