Atlantis ging unter, Herr Maaßen!

Wer nach mit einem zugkräftigen Namen für ein Projekt sucht, landet leicht bei Bezeichnungen aus den alten Mythen, die für etwas ganz anderes stehen als das, wofür man zu werben meint. Ein schönes Beispiel dafür ist der tragische Held Ikaros (auch: Icarus) der Labyrinth-Sage. Den nimmt man gerne als Namen für Unternehmen, die zu (geistigen oder realen) Höhenflügen führen sollen – nicht bedenkend, dass der arme Kerl bei seiner Flucht aus dem unterirdischen Labyrinth-Verließ leider tödlich abstürzte – während seinem genialen Vater Daidalos eben diese gemeinsame Flucht gelang – mit Hilfe der von ihm erfundenen künstlichen Flügel.
Ein Beispiel für diese Art von Missgriff ( Zufallsfund in der Süddeutschen Zeitung):
I.C.A.R.U.S ist ein Forschungsproject mit diesem pfiffigen „sprechenden“ Akronym. Das ist einerseits sehr passend – denn hier geht es wirklich ums Fliegen wie in der Labyrinth-Sage – aber andrerseits als Name für ein Forschungsvorhaben doch etwas fragwürdig, weil das eben auch das mögliche „Abstürzen“ des Projekts beinhaltet.

Abb. 1: Der Sturz des Ikaros – Abb. 2: Der Untergang von Atlantis (Zeichnungen: Alfred Hertrich 1995 bzw. 1955)

2021 hat Hans-Georg Maaßen, der ehemalige Chef des deutschen Verfassungsschutzes, der so desaströs an den rechtsradikalen Rand der Gesellschaft gedriftet ist, in der Schweiz heimlich eine Stiftung gegründet. Mit der will er angeblich „Volksbildung, Toleranz und Völkerverständigung“ fördern, obwohl manche seiner aktuellen Statements von der Unterwanderung der deutschen Bevölkerung durch fremdrassige Migranten-Eindringlinge handeln und vor Verschwörungs-Schmarrn und Antisemitismus triefen.
Pech nur, dass er für diese Stiftung ausgerechnet die Bezeichnung Atlantis gewählt hat – den Namen jenes sagenhaften Kontinents, der in den Fluten des Ozeans versunken ist.

Quellen
Baier, Tina: „Martin Wikelski: Erfinder des Internets der Tiere“. In: SZ Nr. 157 vom 10. Jul 2019, S. 04.)
„Achtzehn Jahre ist es her, seit Martin Wikelski in Panama den Fleckenbrust-Waldwächter erforscht hat. Der heute 53-jährige Direktor des Max-Planck-Instituts für Ornithologie in Radolfzell baute damals mit Kollegen mitten im Dschungel 40 Meter hohe Gerüste, um die Vögel von oben zu beobachten. Noch besser wäre es, die Tiere aus dem Weltraum sehen zu können, meinte einer aus dem Team. Es war ein Witz, doch die Idee ließ Wikelski nicht mehr los. Wenn alles nach Plan läuft, wird seine Vision an diesem Mittwoch Wirklichkeit: Das Projekt Icarus (International Cooperation for Animal Research Using Space), das der Professor für Ornithologie an der Universität Konstanz leitet, nimmt die Arbeit auf. Wenn die Icarus-Antenne an der Außenseite der Internationalen Raumstation (ISS) aktiviert ist, wird sie Signale von kleinen Sendern auf dem Rücken von Vögeln, Fischen und Säugetieren auf der ganzen Welt empfangen. Und Wikelski kann fast live und gleichzeitig die Bewegungen von Flughunden im Kongo, von Enten in China und von Amseln in Deutschland verfolgen.“

Pittelkow, Sebastian mit Katja Riedel und Jörg Schmitt: „Herr Maaßen geht stiften“. In: Südd. Zeitung Nr. 37 vom 14. Feb 2023, S. 06

291 _ #1501 vom 14. Feb 2023/14:59

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