Ehrentempel der Nazi und Putin-Krieg

Der aktuelle Putinsche Angriffskrieg auf die Ukraine hat das „Unternehmen Barbarossa“ 1942 von Hitler und seinen Mordgesellen wieder ins Gedächtnis gerufen. Beim Rest des (vom Königsplatz aus gesehen) linken „Ehrentempels“, welchen die Nazi ihren „Märtyrern“ vom Novemberputsch 1923 errichtet hatten*, wurde vom NS-Dokumentationszentrum gleich daneben mit einer Installation „Schutt und Ehre“ nachhaltig daran erinnert, was die NSDAP während ihrer Schreckensherrschaft nicht nur in München angerichtet hat – und was nun von Putin in Russland selbst und in dem wieder überfallenen Nachbarland Ukraine erneut durchexerziert wird.
*  den die Amerikaner 1947 in die Luft sprengten, samt seinem „Zwilling“ rechterhand.

Ein Bericht im Lokalteil der SZ hat auf diese Installation aufmerksam gemacht. In meiner Nachbarschaft, hier in der Maxvorstadt München, haben sich die Nazi während des Dritten Reichs in ihrem Größenwahn am liebsten breitgemacht – zwischen Feldherrnhalle und Königsplatz. Siebzig Jahre hat es nach Kriegs- und Nazi-Ende gedauert, bis sich München, die einstige „Hauptstadt der Bewegung“, dazu durchringen konnten, endlich 2015 das NS-Dokumentationszentrum (linkes Bild) zu eröffnen, das an den NS-Terror und den Größenwahn seiner Rädelsführer und Handlanger erinnert, speziell in Bayerns Landeshauptstadt. Das passt bestens zum noch immer existierenden „Führerbau“, der nach dem Krieg zur „Staatlichen Hochschule für Musik“ umfunktioniert wurde (rechtes Bild).

Der wild überwucherte Rest des Ehrentempels (Mitte) soll nun mit seinen etwas rätselhaften Luftballons und den symbolischen Rettungsringen daran erinnern, was Putin uns aktuell vor Augen führt: „Das Böse ist immer und überall“ (so der Refrain im Song „Ba-Ba-Banküberfall“ von 1986 der österreichischen Kult-Band Erste Allgemeine Verunsicherung).

MultiChronalia

All das zusammen ist eindrucksvolles Beispiel für das, was ich MultiChronie nenne: Die Gleichzeitigkeit von Ereignissen draußen in der Welt und gleichzeitig im Bewusstsein des Erinnernden (in diesem Fall: ich, JvS) aus ganz verschiedenen Zeitschichten:

Da ist in der Gegenwart des März 2022 der Artikel in der SZ anlässlich dieser Installation (s. mittleres Bild), die wohl nicht zufällig jetzt eingerichtet wurde, da (mit dem Motto „Schutt und Ehre“) die unsäglichen Kriegsgräuel in der Ukraine an die Bombennächte in München in den Kriegsjahren 1942-1945 erinnern. Das veranlasst mich zum Fotografieren.
Mein Gedächtnis fügt dem noch hinzu, dass im März 1956, als ich nach München umzog, im Haus nebenan in der Heßstraße noch ein leergeräumtes Trümmergrundstück existierte (auf dem ein italienischer Künstler seltsame, sehr hässliche Werkstücke aus Zement und Kieselsteinen bastelte) – während die notdürftig leergeräumte Ruinenbrache direkt gegenüber (vor der Alten Pinakothek) unser Spielplatz war. Von dem wurden wir vertrieben, als dort die Technische Hochschule (heute TU) 1958 einen Parkplatz einrichtete – der wiederum dem Neubau der heutigen Neuen Pinakothek weichen musste (1971 eröffnet – und derzeit im Renovierungs-Dornröschenschlaf).

Quelle
Kramer,, Lea: „Rettungsringe gegen das Vergessen“. In: SZ Nr. 60? vom 24. Mrz 2022, S. R04 (München-Teil).

aut #1259 _ 2022-03-30/13:49

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