Wie organisiere ich einen Blog?

Hier im Blog will ich auch ganz praktische Tipps zum Schreiben geben. Zum Beispiel, wie man – auf der Meta-Ebene – die Arbeit an so einem Blog organisieren kann. (Das gilt übrigens in ähnlicher Weise auch für Bildschirm-Konferenzen.)

Schreiben hat ja vier verschiedene Phasen, die den vier Elementen der Informationspsychologie entsprechen (die wiederum ein spezieller Bereich der Kybernetik ist):

  1. Informationen aufnehmen( bei Texten: Themen, umgangssprachlich „Stoff“, sammeln).
  2. Informationen verarbeiten (den Stoff organisieren).
  3. Informationen abgeben (einen Text veröffentlichen – durch Vorlesen oder gedruckt – digital oder analog).
  4. Informationen speichern (Texte in einem Archiv organisieren).

Die ersten drei Elemente / Phasen sind sichtbar aktiv – da geschieht tatsächlich etwas. Das vierte Element (die Speicherung im Archiv oder im Gedächtnis) sieht im Vergleich dazu eher passiv aus – ist es aber überhaupt nicht. Was wir beispielsweise nachts im Schlaf und vor allem beim Träumen machen, ist die höchst aktive und dynamische Verarbeitung der Erlebnisse und Informationen (man schätzt, dass auf eine Stunde „Input“ während des Wachzustands am Tag etwa eine halbe Stunde Verarbeitung nachts im Schlaf-Traum-Zustand kommt).

Das mag sich jetzt trivial anhören resp. lesen. Ist es aber überhaupt nicht, denn schon beim Thema „Speicherung“ sind viele Menschen ratlos: Wie organisiere ich beispielsweise das ganze Material, das da schreibend anfällt – wenn man sich das Schreiben zum Hobby auserkoren hat?
Ich habe vor 10 Jahren eine Virtuelle Schreib-Werkstatt gegründet. Die Teilnehmer (aktuell 112 in fünf Ländern) treffen sich immer zur selben Zeit: am Samstag von 10:00 Uhr bis etwa 11:30 Uhr. Und schreiben dann- jede und jeder für sich – ich gibt keinen Kontakt untereinander – nur das Wissen: „Die anderen schreiben jetzt ebenfalls –„.
Mehr ist nicht nötig.
Stellen Sie sich vor, Sie hätten (Stand: 24. April 2021) an allen diesen bisher 757 Treffen teilgenommen und jeweils nur eine einzige Seite geschrieben, zum Beispiel von einem Roman: Dieser hätte nun bereits einen Umfang von 757 Seiten! Aber das könnten auch Kurz- oder Kürzestgeschichten sein oder Gedichte, oder kleine Essays oder autobiographische Erinnerungstexte. Oder sie hätten damals (2007) einen Blog gestartet (obwohl das damals noch nicht üblich war) – der heute jetzt bereits 757 Beiträge – wow!

Aber: Haben Sie auch nur die geringste Ahnung, was Sie – meinetwegen – am ersten oder 113ten oder 333ten dieser Treffen geschrieben haben?
Dazu müssten Sie ein gut organisiertes Archiv haben. Praktisch sind Hängemappen – jedenfalls für die größeren Themen. (Wie das aussehen kann, habe ich hier im Blog in meiner Kurzgeschichte Der Archivar der Zukunft charakterisiert – wenngleich satirisch verfremdet.)
Aber beginnen kann man das mit ganz einfachen Karteikarten, auf denen man die folgenden drei Elemente handschriftlich verzeichnen sollte:

° Datum (der Entstehung des Textes – später ergänzt durch Datum der Überarbeitung und Datum der etwaigen Publikation),
° Arbeitstitel,
° Kurzfassung (Synopse) des Inhalts in zwei drei Sätzen.

Die Karteikarten sind quasi der „bewegliche Erinnerungsschatz“ (von dem man einen Packen der gerade aktuellen Texte und Themen bequem, wie ein Kartenspiel, auf eine Wanderung oder in die Ferien mitnehmen kann – zur weiteren Ergänzung und Bearbeitung bzw. Korrektur).
Es empfiehlt sich jedoch, parallel dazu auch noch eine WORD-Datei, anzulegen, in der man die Texte der Reihe nach, so wie sie entstehen, digital festhält- ebenfalls mit diesen drei Grundelementen. Wenn man die Titel als Überschriften markiert, kann man daraus am Schluss der Datei jeweils ein leicht zu aktualisierendes Inhaltsverzeichnis generieren. So behält man den Überblick.

Sollte es – wie im Beispiel der oben erwähnten „Virtuellen Schreib-Werkstatt“ – in der Tat mal einige Hundert Texte oder Textteile (zum Beispiel Kapitel eines Romans, einer Autobiographie oder eines Sachbuchs) werden – empfiehlt sich eine drittes Werkzeug: Eine Datenbank. Mehr hierzu an anderer Stelle hier im Blog: Endlich wiederfinden …

Übergreifende Vernetzunghilfen

Man kann einen Blog ganz verschieden pflegen:
° Nach Lust und Laune – frei assoziierend und querbeet durch eine vielfältige Themen-Landschaft. Das ist mein verfahren – ich nenne es auch die „Wundertüte“.
° Eine andere Variante ist die Pflege eines eng umrissenen Themas – so war das in meinem Labyrinth-Blog, der sich mit allem befasste, was mit Irrgärten, Yrrinthos und eben Labyrinthen zu tun hat.
° Eine dritte Möglichkeit wäre es, streng chronologisch vorzugehen – was viele der gerade gepflegten Corona-Blogs machen, die persönliche Erfahrungen mit der Pandemie notieren – und was ja das Grundprinzip jedes Tagebuchs ist (also auch vieler „Logbücher im Web“ = BLog).

(Work in Progress – more to come)

186 _ aut #886 _ 2021-04-24/09:58

Ein Kommentar zu “Wie organisiere ich einen Blog?

  1. Ich bin mir nicht sicher, ob ein derartig technischer bzw. Top deduktiver Ansatz von Schreiben wirklich sinnvoll ist für die Unterstützung von Schreibenden. Wenn Schreiben ein volatiler Ausdruck intellektueller Auseinandersetzung mit der Welt ist, dann kommt es wohl immer auch auf die innere Ordnungs- oder Unordnungswelt der Schreibenden an. Aufgepfropfte Systeme, die von anderen erschaffen und als Rezepte angepriesen werden, sind wohl mehr Ausdruck für den Schreibstil ihrer Schöpferinnen als allgemeingültige Verhaltensregeln.

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