Endlich wiederfinden, was ich mal geschrieben habe

(Diesen Text schrieb ich 1987 für das Börsenblatt des Deutschen Buchhandels. Er stellt „Datenbanken-Systeme als synthetisches Gedächtnis“ vor – was damals ja nicht nur für Buchhändler als einer der Einstiege in die digitale Welt wichtig wurde, sondern auch für Journalisten und Schriftsteller – also Leute wie mich. Ich würde heute, nachdem ich über fünfzig solcher Datenbanken selbst entwickelt habe, sogar so weit gehen, das Datenbanken (als Verb, das den Umgang mit solchen digitalen Gedächtnissen benennt) als eine ganz spezielle Tätigkeit innerhalb der digitalen Welt zu bezeichnen.
Das betrifft sowohl allereinfachste Datensätze

° wie eine Adress-Datei (damit fing es auch bei mir an, um die zunehmende Zahl an Interessenten und Teilnehmern für unsere Schreib-Seminare zu bändigen),
° oder eine Themen-Datenbank (um ein Hängemappen-Archiv zu organisieren – auch als Thesauros bezeichnet)
° oder um eine Bibliothek zu verwalten, die gesehenen Filme, den Besitz an Musik-CDs oder Gemälden
° oder sogar die Planung für einen ganzen Roman.
° Besonders wichtig wurde mir das Textarchiv zur Organisation meiner mehr als 5.000 Texte, die in sechzig Jahren entstanden sind.

Hier nun also mein damaliger Text – der inhaltlich ein wenig angestaubt sein mag – aber den Kern des Sache nach wie vor trifft. (Die Rechtschreibung belasse ich – wie bei allen recycelten Texten – in der früheren Version.)

Abb. 1: Formular der erwähnten Datenbank mit sämtlichen Feldern. Die Synopse (am unteren Rand) war damals noch auf 255 Zeichen beschränkt – heute kann so ein Memo-Feld bis zu 32 Standardseiten aufnehmen (Archiv JvS)

Endlich wiederfinden, was geboren war 

„Hier – speichere dies in die Datenbank ein“, sagt der Journalist Ferdinand Sucher und legt auf die Leseplatte seines PersonalComputers einen Artikel, den er beim Kaffeetrinken aus der Zeitung geris­sen hat: „Neue Bewertungskriterien für Erstdrucke der Zeit nach Tschernobyl“. 

Sucher weiß nicht so recht, weshalb ihn der Beitrag so interes­siert – aber man kann ja nie wissen! 

Als er einige Jahre später eine unstillbare Leidenschaft für Veröffentlichungen über die Zeit nach der Katastrophe von Tscher­nobyl entwickelt und ihm jemand einen Nachlaß mit eben solchen Texten anbietet, gibt er seinem PC per Mikrofon einfach die nötigen Stichworte ein: 

“ Tschernobyl, Zeit nach – Erstdrucke – Auk­tionspreise – Bewertungskriterien – Auflagenhöhe“ 

Gleich darauf erscheint auf dem Bildschirm der erwähnte Artikel; einige weitere Beiträge, die er damals ebenfalls in die Datenbank eingegeben hat, folgen. Die Entscheidung zum Ankauf ist nun gut vorbereitet… 

Abb.2: Dieselbe Datenbank – nun aber als Tabelle, in der sämtliche Einträge zu jeweils einigen wenigen Feldern (z.B. „Titel“ oder „Datum“) alphabetisch (oder chronologisch) untereinander gelistet werden (Archiv JvS)

Zukunftsmusik aus einem Science-Fiction-Roman? Nur jener Teil, der das direkte Gespräch mit dem Computer angeht. Der Diktier-PC mit „künstlicher Intelligenz“ * wird noch ein paar Jahre auf sich warten lassen, desgleichen die bequeme Leseplatte (die heutigen Scanner haben, was Texterkennung angeht, noch etliche Macken) . Alles andere steht Ihnen heute bereits zur Verfügung, zur beruflichen Nutzung als Journalist, Autor, Wissenschaftler, Buchhändler, Verleger ebenso wie als Privat­mensch, der eine Sammelleidenschaft pflegt . Der Mehraufwand, der heutzutage noch erforderlich ist, besteht lediglich darin, daß Sie den Inhalt (oder auch nur die Stichworte) der Information beziehungsweise des Textes, den Sie speichern wollen, vorher von Hand und per Tastatur eintippen müssen. 

* Was 1987 noch reines Wunschdenken war, ist heute, im Jahr 2021, längst Realität. Ich arbeite schon seit gut zehn Jahren mit der Diktier-Software —Dragon naturally Speaking, die inzwischen äußerst treffsicher ist.

Diese kleine Unterschied ist allerdings unter Umständen, wie wir noch sehen werden, eine beträchtliche Erschwernis: der zeitlich aufwendigste und damit auch der kostenträchtigste Anteil einer Datenbank ist immer noch das Einspeisen der Informationen auf den Datenträger (Diskette, Magnetband, Zip-Drive, Festplatte oder beschreibbare CD-ROM bzw. DVD). 

Ich werde Ihnen weiter unten an meinem eigenen Beispiel zeigen, wie eine Datenbank funktioniert, was man damit alles machen kann, wer eine DB brauchen kann, welche Systeme es gibt. Und was die Sache, nicht zuletzt, kosten kann. 

Doch zunächst einmal : Was ist eigentlich eine Datenbank?

Wenn Sie beruflich selbständig sind oder in verantwortlicher Position arbeiten, haben Sie sicher längst so einen Datenspeicher: Ihre Kundenkartei oder Ihr Adreßbüchlein; auch das Telefonbuch ist nichts anderes als eine DB, besondere in Form der inzwischen sehr beliebten Telefon-DD-ROM.  [Anmerkung 2021: Google oder Wikipedia sind heute die weit praktischeren Hilfsmittel, von denen man 1987 noch nicht einmal träumen konnte.]

Nehmen Sie einmal Ihr Telefonbuch zur Hand und suchen Sie eine bestimmte Adresse. Wenn der Adressat einen Tele­fonanschluß besitzt, werden Sie wahrscheinlich außer seinem Fami­liennamen auch noch den Vornamen finden, manchmal auch den Beruf, dann die Straße und die Hausnummer sowie den Ortsteil, in welchem die betreffende Person wohnt.

Abb.3: Hier werden von einem einzigen Memo-Feld meiner Datenbank zu diesem Blog alle Inhalte chronologisch untereinander dargestellt (Ausschnitt). Auf diese Weise kann man leicht eine Zeittafel zu einem bestimmten Thema erstellen (Archiv JvS)

 Auf die Suchkriterien kommt es an!

Diese Begriffe (Namen, Beruf etc.) sind die Suchkriterien Ihrer DB „Telefonbuch“. Eine sehr viel kompliziertere Datenbank ist wahrscheinlich Ihre Kundenkartei, die vermutlich wesentlich mehr Ele­mente, mithin auch Such-Kriterien, enthält. In einem kleinen Textfeld (Memo-Feld) können Sie wahrscheinlich sogar wichtige Bemerkungen speichern („N.N. raucht gerne Zigarren“ – „Frau X.Y. hört es gerne, wenn man sich nach dem Befinden ihres Pudels erkundigt“); auf die weit reichenden Möglichkeiten dieses Memo-Feldes komme ich später noch zu sprechen.

Haben Sie außerdem noch ein Archiv, sei es beruflich oder als Hobby, dann wird die Angelegenheit noch komplizierter. Nehmen wir einmal an, Sie interessieren sich in der Tat für „Erstdrucke nach Tschernobyl“, wie der Buchhändler im eingangs zitierten fiktiven Beispiel. Gleich zu Beginn Ihrer Sammlertätigkeit hatten Sie sich vielleicht einmal ein paar gute Ideen notiert, was man in einer kleinen Studie über dieses Thema alles beachten könnte. Nun ist es, Jahre später, soweit. Und Sie beginnen zu suchen. Wo haben Sie diese Ideen (und entsprechende Zeitungsausschnitte, Rezensionen, ­“heiße Tips“) abgelegt? Was haben Sie denn da überhaupt, chronologisch oder alphabetisch nach Stichworten geordnet, an Ideen und Wissen zum Thema angehäuft? 

Es gibt grundsätzlich drei Möglichkeiten, so ein Archiv anzulegen:

1. Alles in einem Schuhkarton sammeln.

2. Die wesentlichen Details auf Karteikarten vermerken (ein beliebtes System an den Universitäten, wo man es Diplomanden und Doktoranden für ihre Abschlußarbeiten empfiehlt).

3. Das ganze Material auf viele „Schuhkartons“ verteilen – will sagen: in Hängemappen, die den wichtigsten Themen zugeordnet sind (wobei man Unterthemen noch zusätzlich in Klarsichthüllen einordnen und verschlagworten kann).

Die Variante 1 können sie vergessen, sobald das Material mehr als eine Handvoll Zeitungsausschnitte (Clippings) und handschriftlicher Notizen umfaßt. Das Chaos wird Sie sehr nachhaltig davor bewahren, dieses Zeug jemals wieder in die Hand zu nehmen. Es ist also so gut wie verloren.

Variante 2 ist schon ein wenig besser. Aber: Karteikarten können Sie gerade mal nach zwei Kriterien ordnen: mit verschiedenen Farben nach Haupt-Themen; mit einem (!) Schlagwort nach Unterthemen. Aus. (Und was machen Sie mit Ihrem Material, also den Clippings und Notizen, die diese Themen ausführlicher behandeln? In den Schuhkarton von Variante 1 legen?)

Sie sehen schon: es läuft alles auf Variante 3 zu: ein Hängemappen-System. Man nennt dies einen Thesaurus (von griechisch „Schatz aus Gold“).  So ein Thesaurus in Form eines Hängemappen-Archivs ist bereits ein gewaltiger Fortschritt. Aber um wirklich erfolgreich und – was ja noch einmal etwas anderes ist – kreativ mit so einem Archiv arbeiten zu können, empfiehlt sich ein weiterer Schritt:

Um auch kleine Details wiederzufinden und diese vor allem sinnvoll mit anderen Inhalten zu neuen Gedanken zu verknüpfen, möglichst exakt, möglichst umfassend, möglichst gezielt und vor allem: möglichst schnell!

– dazu bedarf es einer Datenbank. Vermutlich haben Sie es bisher wie ich früher ebenfalls gemacht und wie die meisten „Sammler“: Zeitungsausschnitte und verwandtes Material wurde aufgeklebt, in Mappen oder Ordnern aufgehäuft. Und dann: vergessen. Und selbst wenn man etwas wiederfand : Auf keinen Fall konnte man nützen, daß viele dieser Beiträge für mehr als ein Thema relevante Informationen enthalten. Nur ein Beispiel : 

Als der Hörspielautor Günter Eich 100. Geburtstag hatte, veröffentlichte die Süddeutsche Zeitung einen ausführlichen Bericht über den Dichter und sein Hauptwerk „Träume“. Ich sammle selbst Material über Schriftsteller, des weiteren über das Thema Träume und noch über zwei weitere Themen, die ich mir im Beitrag an­strich. Wo das Clipping also einordnen? Eine Möglichkeit wäre, vier Kopien anzufertigen und in jedem Themenordner eine abzulegen. Doch der Aufwand wächst rasch ins Ungeheure, zumal bei einem Archiv mit vielen Interessen und Themen, wie sie beispielsweise ein Journalist oder Schriftsteller zwangsläufig pflegen muß.

Viel einfacher ist es deshalb, die relevanten Stichworte (als Suchkriterien) in einer Datenbank zu „verzetteln“! 

Vier Möglichkeiten gab es – heute nur noch eine

Ich habe inzwischen eine lange Geschichte mit Datenbanken hinter mir: Meine ersten beiden legte ich 1985 mit der Software RBase 4000 an, für die Verwaltung unserer damals rund tausend Adressen von Interessanten an unseren Seminaren und für mein erstes Textarchiv (davon gleich noch mehr). Rbase 4000 war der Abkömmling einer noblen „Familie“: das Programm war ursprünglich für die Weltraummanöver der NASA entwickelt worden und kostete 1’850 Mark. Es war eine – für damalige Verhältnisse – recht leistungsfähige DB, die zudem den Vorteil hatte, mit – heute lachhaft winzigen – 256 KiloByte Speicherplatz und zwei Stan­dard-Laufwerken eines normalen PC auszukommen. (Zum Vergleich: die DB Access, mit der ich unter anderem diesen Artikel vorbereitet habe, kostet rund 400 Mark und paßt mit ihren mehr als zwölf Megabyte nur noch auf eine Festplatte oder einen ZIP-Drive.)

Diese Ur-DB hatte den Vorteil, daß sich damit – in entsprechend vielen Feldern – nahezu beliebig viele Themen erfassen und verwalten ließen, dazu noch das Entstehungsdatum, die Zuweisung zu einer bestimmten Reihenfolge (Kapitelnummer – wichtig für das Schreiben von längeren Texten, die man aus kleinen Bausteinen zusammenfügen möchte). Aber diese Ur-DB hatte auch einen riesigen Nachteil: Man konnte damit in einem speziellen Textfeld gerade mal 255 Buchstaben pro Eintrag verwalten – also nur rund drei Zeilen Text. Für jemanden, der viele und vor allem lange Texte schreibt und entsprechend verwalten möchte, ein Unding. Wieder zum Vergleich: das Pendant in der DB-Software Access, „Memo-Feld“ genannt, faßt 65.000 Zeichen – das entspricht 36 Standard-Manuskriptseiten mit 30 Zeilen zu 60 Anschlägen! Damit läßt sich etwas anfangen – damit kann ich als Buchautor wirklich ein komplettes Manuskript direkt in einer Datenbank schreibt (was wesentliche Vorteile gegenüber einem reinen Textsystem hat – und ein paar kleine Nachteile, zum Beispiel daß man den Text nicht formatieren oder mit dem Befehl „Suchen und Ersetzen“ Begriffe automatisch auswechseln kann).

Konsequenterweise stieg ich 1990 von R-Base 4000 auf die damals in der DOS-Welt (das war, für die jüngeren Leser, die Zeit vor Windows, vor Maus und vor leicht zu bedienender graphischer Benutzeroberfläche) vorbildliche Datenbank der bekannten Text-Software Word Perfect um (die damals in Deutschland weit vor Microsoft WORD lag). Dieses Data Perfect genannte System bot nun genügend Platz im Textfeld – ja man konnte damit sogar mehrere Textfelder füllen: zum Beispiel eines für Inhaltsangaben und ein zweites für bibliographische Hinweise (aus denen sich dann leicht automatisch die Literaturliste eines Artikels oder Buches herstellen ließ).

Es war nicht einfach, die schon existierenden DBn aus dem alten in das neue Format zu konvertieren – aber es ging. Writer´s Paradise also –

Ja. Aber nur bis 1995. Dann geriet Word Perfect in finanzielle Turbulenzen, Windows von Microsoft eroberte den Markt – und DataPerfect wurde nicht weiter entwickelt und in die Windows-Welt hinübergeführt. Inzwischen hatte ich, infolge mehrerer Buch-Projekte und umfangreicher Funk-Features (deren Recherchen und Notizen ich jeweils in einer separaten DB organisierte) nahezu fünfzig verschiedene Datenbanken, die in zunehmend exotischen Format organisiert waren. Außerdem war mit den alten DBn eines nicht möglich, was für sinnvolle Recherchen in umfangreichen Informationsbeständen unverzichtbar ist: eine Volltext-Recherche. Es gab zwar früher schon solche DB-System (µ DOSS war ein gutes Produkt, eine für die Möglichkeiten von Kleincomputern abgespeckte Version des Archiv-Systems einer großen Illustrierten, ich glaube, es war der Stern); aber auch sie gehörten der DOS-Welt an – oder waren nur für große Betriebe sinnvoll und erschwinglich.

Was tun?

(Später eingefügte Ergänzung:) Es gab inzwischen Access, die DB-Ergänzung zu Microsoft-WORD, als Teil des Office-Systems. Ich biß in den sauren Apfel, lernte mit Access umzugehen und bin dort inzwischen gut zuhause. Die letzte DB habe ich Weihnachten 2000 mit Hilfe meines Sohnes Gregor konvertiert: meine gesamte Korrespondenz.

Ich weiß also, wovon ich rede, wenn es um Datenbanken geht. Und daß ich mich noch immer, und zwar ausgenommen gern, darin tummle, mag Ihnen zeigen, daß es eine sehr sinnvolle Sache ist, sich mit Datenbanken zu befassen – vorausgesetzt natürlich, man hat viel mit Informationen und Texten zu tun, die man möglichst effektiv organisieren und verwerten möchte. Doch zurück zu der Methode selbst.

Prinzipiell gibt es vier mögliche Arten, zu datenbanken
° Aktive vs. passive DB;
°Volltext-DB vs. Teiltext-DB;
° hierarchische vs. relationale DB;
° private vs. öffentliche DB. 

 1. Bei der passiven, gewissermaßen stummen DB müssen Sie selbst aktiv werden, um einen bestimmten Inhalt (wieder)zufinden. Bei­spiele sind das Telefonbuch und die früher übliche Kundenliste auf Karteikarten. Damit ver­glichen sind die aktiven DBn viel komfortabler, zeitspa­render und vor allem ergiebiger. Dort geben Sie nur ein oder mehrere Stichwörter ein, woraufhin das DB-System von sich aus alle relevanten Informationen aufsucht und Ihnen auf dem Bild­schirm vorführt oder als Liste bzw. auf Etiketten ausdruckt. Diese zweite, aktive Möglichkeit ist von jetzt ab gemeint, wenn ich von Datenbanken schreibe. (Man kann aus einer Access-Datenbank übrigens auch die Synopsen von Texten auf Karteikarten ausdrucken – sehr praktisch!)

2. Bei einer Volltext-DB (und das sind inzwischen wohl alle Systeme, die ein Memo-Feld aufweisen) wird der gesamte Text in einem eigenen Langtext-Feld abgespeichert und steht somit bei einer Recherche komplett und sofort zur Verfügung, etwa als Ausdruck eines Zeitungsartikels, der dann gleich in ein bereits vorhandenes Text-System (etwa ein Sachbuch) ganz oder teilweise als Zitat übernommen werden kann. Bei Teiltext-Systemen gibt man dagegen nur bestimmte Elemente eines Textes (Stichwörter, eine Synopse oder andere wesentliche Informationen) in die DB ein. Der Vorteil: Wesentlich weniger Speicherraum und Verarbeitungsaufwand und somit auch Arbeitszeit. Dieser Vorteil ist jedoch in Zeiten von Festplatten im Gigabyte-Bereich nahezu keiner mehr. Trotzdem ist es sinnvoll, Texte nach sinnvollen Schlagworten zu durchforsten, die in solche Teiltext-Feldern eingetragen werden (und Teiltext-Felder sind alle Felder, die nicht speziell als Memo-Feld große Textmengen aufnehmen oder Zahlenfelder für das Datum, Kapitelnummern, Seitenumfang oder – nicht zu vergessen! – Honorare).

3. Die ersten Datenbanken, die vor allem in der Wissenschaft und der Wirtschaft bzw. Verwaltung Eingang fanden, waren hierarchisch aufgebaut; „Such-Bäume“ erleichterten das Auffinden der Informationen. Sie wurden inzwischen (vor allem für die kleineren Systeme der) abgelöst von den viel bewegliche­ren und ökonomischer arbeitenden relationalen Datenbanken. Diese orientieren sich an den Spielregeln der Mengenlehre der Mathematik und sind im Prinzip riesige „Listen“, in denen die gespeicherten Informationen organisiert werden. Gerade deshalb sind sie auch für mathematische Laien und Nicht­Informatiker besonders einfach zu bedienen. (Details unten.) 

4. Nicht unwichtig ist auch die letzte Unterscheidung. Öffentliche Datenbanken werden zur Zeit überall eingerichtet bzw. ausgebaut. Für Bücherfreunde kommt zum Beispiel der Bibliographie der Deutschen Bibliothek in Frankfurt oder der Staatsbibliothek in München eine zentrale Rolle zu, wo je­der Titel nicht mehr nur auf den herkömmlichen Kärtchen oder auf Mikrofiches vermerkt ist, sondern zusätzlich im Computer, prin­zipiell jedermann zugänglich, der einen PC, eine Datenleitung, eine Zulassung – und (bei  vielen Firmen- oder Redaktions-Datenbanken) das nötige Kleingeld hat. 

Die New York Times, eine der bedeutendsten Tageszeitungen der Welt, können Sie Artikel für Artikel etwa ab Ende der 1970er Jahre aus einer Datenbank abrufen. Von allen großen Tageszeitungen (Süddeutsche, Frankfurter Allgemeine, Neue Zürcher), dem Spiegel-Magazin oder der amerikanischen Time kann man inzwischen einzelne Jahrgänge als gut recherchierbare DB auf CD-ROM zu einem erschwinglichen Preis kaufen – oder gleich Online übers Internet auf freie Datenbestände zugreifen.

In diesem Kapitel will ich jedoch nur auf die Möglichkeit ein­gehen, wie man sich selbst eine private Datenbank einrichten kann. Abgesehen von den nicht unerheblichen Kosten, die eine umfassendere Recherche etwa bei der New York Times verursachen würde, sind gerade die wesentlichen Informationen nur privat erfaßbar. Vorausset­zung ist dabei ein wenig Geduld, denn eine DB will gepflegt werden und erhält ihren Sinn erst aus einer jahrelangen Einspei­cherung. 

Gerade für Leute, die beruflich viel schreiben und kreativ sein müssen, ist wichtig, daß das Material nicht nur – zum Beispiel von einer Hilfskraft oder via Internet – quasi automatisch abgespeichert wird – vielmehr geht es darum, die Informationen zu vernetzen. Nur so entstehen neue Gedanken: wenn das alte Wissen sich mit neuem Gedankengut sinnvoll verbindet. Deshalb halte ich es nach wie vor für unverzichtbar, daß man sein Material – und sei es noch so rudimentär – selbst eintippt. Denn machen wir uns nichts vor: Der kreative Prozeß spielt sich in Ihrem Gehirn ab – und nicht in Ihrem Computer. Daran ändert eine noch so umfangreiche und perfekt aufbereitete Datenbank nichts. Diese erfüllt ihren Sinn am besten, indem sie ihren Besitzer zwingt, sich immer wieder, während irgendwelche Informationen eingegebene werden, eigene Gedanken zu machen: Was bedeutet diese Information für mich, daß – beispielsweise die Titelseite der Süddeutschen Zeitung vom 6. April 2001 meldet:

Datenschützer Joachim Jacob warnt vor „gläsernem Menschen – Bürger werden immer stärker überwacht – Zahl der abgehörten Telefonate steigt um 170 Prozent /  Heimliche Genanalysen sollen bestraft werden…

Ein privates Text-Archiv als Beispiel

Ich möchte nun an meinem eigenen Beispiel zeigen, wie und wozu sich eine DB sinnvoll einsetzen läßt. Die Rede soll dementspre­chend, im Sinne des zuvor Ausge­führten, ab jetzt sein von einer
1. aktiven,
2. Teil- und Volltext-,
3. re­lationalen und
4. privaten Datenbank,

Wozu verwende ich meine Datenbank? 

Zunächst einmal: Ich habe ja, wie erwähnt, nicht nur eine einzige Datenbank, sondern mehrere DBn, entsprechend den verschiedenen beruflichen und privaten Tätigkeiten, die ich ausübe. Ich bin von Ausbildung und Beruf Schriftsteller und Psychologe, schreibe und publiziere also einerseits und berate andererseits Menschen mit „seelischen Problemen“ (um es auf einen Nenner zu bringen). Seit einigen Jahre kombiniere ich diese beiden Tätigkeiten in den Schreib-Semi­naren der von mir gegründeten „Münchner Schreib-Werkstatt“.

In den Seminaren schreiben die Teilnehmer Texte zu Themen, die sie selbst beschäftigen oder ich ihnen vorschlage. Der Akzent liegt dabei häufig auf der Selbsterfahrung; in anderen Seminaren, etwa einer „Bücher-Werkstatt“ oder einem „Kurzgeschichten-Workshop“, geht es um mehr literarische und schreibhandwerkliche Aspekte. 

Ich selbst bin in der Schreib-Werkstatt nicht außenstehender Be­obachter, sondern schreibe jeweils selbst ebenfalls einen Text, dessen Thema mich gerade – aus privaten oder beruflichen Gründen – stark beschäftigt. (Diese aktive Teilnahme des Leiters ist für die Gruppendynamik und den kreativen Prozeß im Seminar nach meinen Erfahrungen äußerst wichtig.)

Außerdem berate ich Menschen, die aus beruflichen Gründen schrei­ben wollen oder müssen (zum Beispiel eine Dissertation oder Diplomarbeit), aber an einer Schreib-Störung oder Schreib-Hemmung leiden (dem gefürchteten writer’s block). 

Bei all diesen Arbeiten fallen nicht nur eine große Anzahl von eigenen Texten an, sondern auch jede Menge Ideen, die sich (vielleicht, irgendwann, irgendwie…) einmal in einen Artikel oder ein Buch umsetzen lassen. 

Auf die Idee, mir eine Datenbank „Text-Archiv“ anzulegen, kam ich, nachdem mir bewußt geworden war, daß ich pro Jahr – in Semi­naren und allein zuhause am Schreibtisch – an die 200 Texte produziere, in all den Jahren, seit ich mit 16 zu schreiben begann, wurden das bisher (Stand Frühling 2001) nahezu 3.000 Manuskripte.

Und vor allem: mir wurde klar, daß ich über­haupt nicht mehr wußte, was ich denn da alles geschrieben hatte : Märchen, Gedichte, Kurzgeschichten, viele tagebuchähnliche Selbsterfahrungs-Texte; aber auch zwei Theaterstücke und eine Reihe von Szenen für Dramen und Hörspiele; einen kompletten Roman mit mehr als tausend Seiten in über hundert Kapiteln, deren Inhalt mir allen­falls noch vague in Erinnerung war – ist das alles von mir doch weitgehend absichts­los verfaßt worden. 

Um endlich einmal einen Überblick über all dies zu bekommen, be­schloß ich also, die wesentlichen Details in einer Datenbank zu sammeln und aufzubereiten. Erst da wurde mir klar, daß ich ja schon eine Datenbank hatte: die Adreß-Kartei der Interessenten für meine Seminare, denen ich zweimal im Jahr  mein Programm zu­schicke. Die Adressen druckt mir der Computer, via Drucker, schön sauber auf Klebe-Etiketten aus, nach Postleitzahlen und/oder alpha­betisch nach Namen sortiert – von Hand läßt sich sowas in sinnvol­ler Zeit gar nicht mehr bewältigen, von der geisttötenden Lange­weile dabei einmal ganz abgesehen. (Ergänzung 2021: Inzwischen verschicken wir längst keine gedruckten Flyer mehr – und Programm finden Sie auf unserer Seminar-Website iak-talente.de.)

Mit dem selben DB-Programm entwarf ich nun mein „Text-Archiv“.  Welche Such-Kriterien waren mir dabei wichtig? Auf der Abbildung oben sehen Sie die Erfassungs-Maske (auch Formular genannt), die ich mir entworfen habe, um meine Informationen zu einem bestimmten Text einzugeben. Mit Hilfe die­ser Such-Kriterien kann ich jederzeit einen bestimmten Text – oder auch ihm inhaltlich verwandte Beiträge – rasch (wieder)finden. Die DB kann aber noch mehr leisten. Sie kann mir beispielsweise

° alphabetische oder chronologische Listen der Titel meiner sämt­lichen Texte (oder eines bestimmten Zeitraums) erstellen;
° oder eine Aufstellung der Themen, die ich für die Sitzungen meiner Seminare in den letzten neun Jahren verwendet habe;
° oder die Namen sämtlicher Helden meiner Erzählungen;
° oder wieviele ­und welche Beiträge ich zu bestimmten Formen oder Genres verfaßt habe:  Kurz-Krimis, Science-Fiction-Stories oder Märchen, welche Gedichte und welche Ideen für Theaterstücke ich da ge­schrieben habe;
° welche Themen angesprochen werden; 
° welche Methoden benützt wurden, um den Text in Gang zu bringen (ein Spaziergang im Englischen Garten, eine Meditationsmusik, eine Bildbetrachtung, ein Cluster,  Buchstabenwürfel und so weiter);
° aber auch, in welchem Zustand sich der jeweilige Text befindet : von der handschriftlichen Rohfassung auf Manuskript auf Papier über die bereits ein- oder zweimal überarbeitete Fassung auf Dis­kette bis hin zu dem Status, der dann als druck­reif verzeichnet ist : mit dem Kürzel „im“ für „imprimiert“. 

Schließlich kann ich mir rasch – und vor allem : umfassend – ­Fragen beantworten wie: 

° Habe ich schon genug Märchen (oder Liebes-Geschichten) beisammen für eine Sammlung? 
° Welche Stories wären für den „Playboy“ geeignet“ (mögliche Stich­worte : „Sex“ , „Männerwünsche“, „Trends der modernen Welt“…)  
° Aber auch : Wieviele Seminare habe ich eigentlich schon veranstaltet, wieviele in eigener Regie, wieviel für andere Auftraggeber, und wo? 

Die drei Abschnitte, in welche die Maske unterteilt ist, gebe drei wesentliche Bereiche der DB „Textarchiv“ an: 

° Oben die Details, welche Seminare betreffen (Bezeichnung des Seminars, Ort, Zeit, Auftraggeber, Thema und Methode der Sitzung, in welcher ein bestimmter Text entstand. 
° Darunter alle formalen Details zu einem Text (Titel, Zahl der Kapitel, Art, Zustand, Seitenzahl). 
° Und schließlich noch inhaltliche Details, von den Namen der vorkommenden Personen sowie Ort und Zeit der Handlung  über die sechs wichtigsten Stichworte bis hin zu einer knappen, aber in­formativen Inhaltsangabe (Synopse) von drei Zeilen. 

Nützen kann ich diese Informationen nicht nur als Seminarleiter (z.B. um Wiederholung von Themen bei länger laufenden Gruppen zu vermeiden, oder um mir Anregungen zu Themen für zukünftige Ange­bote zu holen), oder als Autor (um endlich einen Überblick über vorliegende Texte und Themen zu erhalten). 

Da ich Aufträge extra kennzeichne (in der Anfangszeile, die sonst dem Seminar-Namen vorbehalten ist), habe ich mit wenigen Handgrif­fen sofort eine aktuelle Liste der fälligen Ablieferungen samt Auftraggebern und Terminen sowie Kurzfassung und Stichworten. (Ideen und Zitate speichere ich, in ähnlicher Form auf einer separaten Datenbank „Notizen“ ab, die viel weniger Elemente ent­hält.) 

Die Datenbank erschließt mir aber noch weitere Möglichkeiten, an die ich vor ihrer Erstellung überhaupt nicht gedacht hatte. Zum einen ist das Einspeichern der Details eines Textes keineswegs nur eine lästige zeitraubende, selbst auferlegte Pflicht. Viel­mehr ist dieses „Füttern“ jedes mal eine fast aufregende „Selbst­erfahrung“ in dem Sinne, daß mich Stichworte und Synopse zwingen, mir klar zu werden, was ich mit dem Text eigentlich wirklich will. Die chronologische Auflistung wird dann zu einem unbestechlichen Überblick über die Themen und Gedanken, die mich beschäftigt haben und beschäftigen. Aber auch : welche Themen ich eventuell vermeide. 

Ich denke, daß solcher gelegentlicher Rückblick der Entwicklung eines Autors nicht schaden kann. Er wird nur normalerweise schon deshalb gerne vermieden, weil er so zeitraubend ist. Bitte sehr: eine Datenbank macht das möglich. 

Die Texte selbst werden als Papierausdruck in chronologischer Folge der Entstehung archiviert und sind außerdem abgespeichert auf der Festplatte, auf einem ZIP-Drive und jeweils am Monatsende wird das gesamte Material (WORD-Dateien und Access-Datenbanken) zur Sicherheit auf CD-ROM gebrannt (mit einem Exemplar fürs Arbeitsstudio und einem zweiten für das Banksafe). (Ergänzung 2021: Heute archiviert Windows automatisch regelmäßig eine Sicherheitskopie auf einem Feststoff-Speicher und ich fertige regelmäßig je eine Kopie auf einer externen Festplatte und einem US-Stick an.

In die DB werden nicht nur der Titel des Textes und der Tag der Niederschrift festgehalten, sondern auch noch eine Reihe von Stichworten zum Inhalt und den behandelten Themen sowie eine kurze Inhaltsangabe (Synopse) von drei bis fünf Zeilen, die im Klartext gehalten ist. Letztere geben einem selbst wie auch Außenstehenden (zum Beispiel einem Verleger oder einem Agenten, dem man einen Überblick über das eigene Schaffen geben möchte) noch nach Jahren einen gewissen Einblick in das Wesen des jeweiligen Textes. 

Die Anzahl der Informationen, die man einspeichern möchte, und ihr Umfang sind im Prinzip beliebig; die modernen Datenbank-Pro­gramme sind da ungemein flexibel und leistungsfähig. Der Umfang der Elemente („Attribute“ genannt), die man später wieder abfragen möchte und die Organisation dieser Suchkriterien in einem Datenfeld (auch „Relation“ genannt) hängt letztlich nur von zwei Fakten ab: 

° Kann die Hardware, also Ihr PC, die Datenmengen mit seinem Speicherplatz (interner Arbeitsspeicher, Disketten, Festplatte) in einer sinnvollen Zeit bearbeiten
° und können Sie als „Fütterer“ Ihrer DB sich den zeitlichen Aufwand leisten, all diese Informationen von Hand einzuspeisen?  Letzteres erscheint mir jedoch angesichts der Leistungsfähigkeit heutiger Hardware und Software als das einzige noch existierende Problem.

In der Realität wird man sich sinnvollerweise sehr genau über­legen müssen, was man da abspeichert. Ich habe für mich eine Lösung gefunden, welche die Datenbank und handschriftliche Vermerke kom­biniert. Sobald ich die Details eines Textes ( wie in dem Bei­spiel in der Abbildung) eingegeben habe, mache ich mir einen Bildschirm-Ausdruck auf Papier, den ich dann mit der Hand oder einer gewöhnlichen Schreibmaschine ergänzen kann. Dies wird der „Begleit-Paß“ für den Text, der das Manuskript von der Rohfassung bis zur – von mir – imprimierten endgültigen Version begleitet und jeweils den Stand der Dinge genau festhält. Bis hin zum Honorar. 

(Sollten Sie übrigens in der Maske eine Rubrik „Honorar“ ver­missen : diese habe ich absichtlich ausgelassen, denn da wäre, vor allem bei älteren Texten, ein enormer zusätzlicher Aufwand an Recherchen nötig, der sich, glaube ich nicht lohnt.)

Vier Phasen des Datenbankaufbaus

Wie bin ich nun bei der Planung und Durchführung meiner DB im Detail vorgegangen? Die Erstellung einer Datenbank hat vier deutlich abgrenzbare Phasen:

1. Definieren der Elemente
Zuerst definiert man die Elemente (Suchkriterien) und macht sich klar, in welcher Reihenfolge sie innerhalb der Relation miteinander verkettet sein sollen. Man kann dies bei einer so robusten und intelligent konstruierten DB wie Access zwar allemal wieder ändern – aber es kann nichts schaden, sich am Anfang einige grundsätzliche Gedanken zu machen, was man mit der DB eigentlich erreichen will und nach welchen Kriterien man später an das eingespeicherte Material wieder herankommen möchte bzw. wie man es – beispielsweise in Form eines Buch-Manuskripts – weiterverwertet.

Ich stellte mir über Monate hinweg immer wieder Fragen, die ich gerne von einer DB beantwortet hätte, beispielsweise:
° Welche Texte befassen sich mit bestimmten Themen (Liebesgeschichte, Krimi, Science Fiction, Märchen)?
° In welcher Form sind sie ge­schrieben (Kurzgeschichte, Novelle, dramatische Szene, Gedicht)? Wie lang sind sie?
° In welcher Verfassung (Idee, Rohtext auf Manus­kriptpapier, überarbeitete Fassung #3 auf Diskette)?
° Sind sie ­druckreif? 

Solche Details können schnell interessant werden, wenn Wettbewerbe ausgeschrieben sind – und man sich mit einigen Such-Befehlen in der DB einen genauen Überblick verschaffen kann, ob man einen passenden Text oder vielleicht auch nur eine interessante Idee dazu hat. 

2. Aufbau der DB
Früher, zu DOS-Zeiten, war der Aufbau der DB als detailliertes Gerüst von Attributen in einer Relation ziemlich schwierig: Mein „Textarchiv“ habe ich, sage und schreibe, zehnmal immer wieder neu aufgebaut. Bis diese DB so aussah, wie ich sie nicht nur phan­tasiert habe – sondern wie ich sie wirklich brauche und wie sie sie auch – was ja nochmal was anderes ist – tatsächlich funktio­niert. Für den ersten Durchgang brauchte ich die Hilfe meines damals fünfzehnjährigen Sohnes Gregor (der Computer-Freak in der Familie) – wie er meinte allerdings nur, weil ich zu faul war, das sehr gut durchdachte Handbuch selbst genau zu studieren. Danach verweigerte der Sohn die Hilfe und ich mußte mich selbst in die Niederungen des Programmierens begeben. Immer wieder neu baute ich die DB. Das dauerte zunächst anderthalb Stun­den; aber der zehnte und endlich erfolgreiche Durchgang dauerte dann nur noch 28 Minuten, inklusive Testlauf. 

Heutigentags „schreiben“ Sie nach einer gewissen Eingewöhnungszeit eine Datenbank fast so rasch und leicht wie einen Text. Die Betonung liegt auf „fast“ – denn die eit der Eingewöhnung hat es in sich, vor allem, wenn man sich noch nie mit einer Datenbank befaßt hat.

3. Testen der DB
Die Datenbank testen bedeutet nichts anderes als: Die Details für eine Reihe von Items (in meinem Fall : die Inhalte = Suchkriterien von eigenen Texten) eintippen. Und schauen, wie sich das bewährt. Heißer Tip : Nicht mehr als ein Dutzend Bei­spiele eingeben. Stellt sich die Konstruktion der DB nämlich als Flop heraus, dann sind nicht zu viele Arbeitsstunden buchstäblich in den Sand gesetzt : in den Quarzsand (Silizium), aus dem der Chip des zentralen Prozessors Ihres PC besteht. 

Der Testlauf hat zwei Unter-Phasen. In der ersten bauen Sie eine „Maske“, in welche Sie dann die Informationen an entsprechend gekennzeichnete Felder eintippen. Wie das geht, eine Maske entwer­fen, das zeigt Ihnen das Programm Schritt für Schritt im Dialog, wenn Sie wollen (beim dritten Mal können Sie es dann wahrschienlich sogar schon ohne Handbuch). Auch das Eingeben der Daten ist inzwischen recht komfortabel geworden: Der Computer bzw. das Programm führt Sie auf dem Bildschirm automatisch von einem Datenfeld (das durch eine andere Hintergrundfarbe oder -schattierung hervorgehoben ist) zum nächsten. Sie schreiben mittels Tastatur wie auf einer normalen Schreibmaschine Ihren (Kurz-)Text und geben nur noch ab und zu einen zusätzlichen Befehl ein, der die Daten zum Beispiel ab­speichert und sichert. Alles weitere erledigt die Maschine. 

In der zweiten Unter-Phase des Testens entwerfen Sie, in der selben Art, einen „Bericht“. Darin können Sie dann – auf dem Monitor oder auf Endlospapier bzw. auf Klebe-Etiketten ausge­druckt – alle oder einige Details Ihrer DB, in beliebiger Kombination wieder hervorholen.  In meinem Falle etwa: 
„Drucke in chronologischer Folge entsprechend dem Datum [oder alphabetisch sortiert] [oder in der geplanten Reihenfolge von Kapiteln und Unterkapiteln] sämtliche Titel aller Texte, die ich 1985 geschrieben habe -“ 

Dies könnte ich noch ergänzen durch Unterbefehle wie: 

“ – die ich 1985 geschrieben habe, in denen das Stichwort LIEBE oder SEX oder EROTIK und das Stichwort MORD oder EIFERSUCHT vorkommt -“ 

Und schon erfahre ich, ob ich was auf der Pfanne habe für die Teilnahme am nächsten Kurzkrimi-Wettbewerb des SFB zum „Walter­Serner-Preis“. Oder für eine Anthologie mit Liebesgedichten. 

Die interessanteste Phase beim Umgang mit einer Datenbank ist dann jedenfalls das „Füttern“ im Verlauf der Jahre. Zu sehen, wie die Informationen sich nicht nur häufen, sondern wie sich Muster ergeben, die recht interessante Einblicke in die eigene Arbeit und sogar – ich deutete es schon an – in die eigene Exi­stenz vermitteln können – das wird manchmal zum aufregenden Selbsterfahrungstrip. 

Eine Datenbank ist also, all dies zusammengenommen, viel mehr als nur eine leblose Ansammlung von Informationen über Texte. Sie wird vielmehr allmählich zu so etwas wie einem völlig neuartigen Super-Text. Sie wird gewissermaßen ein „lebendiger Text“, der kontinuierlich wächst, der auf Anfrage detailliert Auskunft über sich gibt, in mehreren Dimensionen. Ein Text, der ständig neue Querverbindungen eingeht und sichtbar macht. 

Die Datenbank wird schließlich zu einem – externen – Teil meines Gedächtnisses, wird zu einer Art synthetischem Memoir. Hier liegen allerdings auch, so würde ich es als Psychologe sehen, die Grenzen einer Datenbank : Eine der wesentlichen schöpferischen Leistungen des Menschen ist es nicht zuletzt, auch mal was zu „vergessen“ und aus der nahezu unendlichen Fülle der Informationen, die einen tagtäglich überfluten, das wirklich Wesentliche herauszufiltern : „kreatives Vergessen“ könnte man diesen Vorgang nennen. 

Eine gute Datenbank sollte also bei diesem Vorgang der Konzentra­tion auf das Wesentliche helfen. 

Eine Datenbank etablieren, heißt : bestimmte Befehle der jewei­ligen Datenbanksprache in sinnvoller Weise so aneinanderreihen, daß die Informationen so behandelt und gespeichert werden, wie Sie es haben wollen. Genau genommen, lernen Sie dabei, eine Programmiersprache anzuwenden, die allerdings sehr „mächtige“ Befehle benützt (wie es in der Sprache der Informatiker heißt). Die Bezeichnung „mächtig“ ist nicht zu hoch gegriffen. Die modernen DB-Systeme wie Access sind inzwischen so benutzerfreundlich, daß man mit ihnen fast wie in einer Art Umgangssprache kommunizieren kann. Dies ist bisher das brauchbarste Ergebnis der Bestrebungen um die „künstliche Intelligenz“, der die Programmierer nachlaufen wie der Teufel der armen Seele. 

Um diesen Exkurs abzuschließen : Ich erlebe dieses Aufbauen und den Umgang mit einer Datenbank als eine der interessantesten Er­fahrungen meiner Laufbahn als Schriftsteller. Endlich einmal kann ich wiederfinden, was ich – als Idee, als Text – irgendwann

einmal geboren haben und was bislang häufig verloren war, weil es zu aufwendig war, es zu suchen. Daß der Weg zu dieser neuen Über­sicht seinen Preis hat, an Zeit und an Geld, soll nicht unterschlagen werden. 

Was kostet eine Datenbank? 

Pro Text frißt die Fütterung meiner DM „Textarchiv“, samt Korrek­turen, etwa zehn Minuten. Bei 1’000 Texten sind dies schon mehr als 160 Arbeitsstunden, also vier Arbeitswochen. 
Aber verteilt über die Jahre ist das erträglich. Und: es müssen ja nicht alle Texte derart intensiv bedacht werden. Da heißt es irgendwann: Vom Spiel mit den faszinierenden Möglichkeiten einer DB hin zu einem sinnvoll dimensionierten Aufwand dafür. 
Was die anderen Kosten, neben der Arbeitszeit, angeht: Die Hardware (richtig dimensionierter Computer, guter Bildschirm und Drucker) hat man heutzutage als Vielschreiber in der Regel bereits für die Textverarbeitung. Das Programm kostet (wenn es nicht ohnehin in einer umfangreichen Office-Version enthalten ist) rund 400 Mark.

Wie stets bei der Automatisierung ist also letztlich die persönliche Handarbeit das Teuerste.
Man muß sich genau überlegen, ob es dafür steht – daß dies aber auch eine Investition für viele Arbeitsjahre ist, oder für Jahre der Freizeit. Im Idealfall : für beides gleichzeitig. 


Nachgedanken

Abschließend möchte noch darauf hinweisen, daß dieses Eintippen der Texte und die anschließende Verschlagwortung ein ganz wesentlicher Bestandteil des Verarbeitens und Durchdenkens eines Textes ist. Auf diese Weise vernetzen wir es mit den bereits in unserem Gedächtnis gespeicherten Erkenntnissen und destillieren aus der neu aufgenommenen Information verfügbares Wissen – in Abwandlung des Goetheschen Diktums „Was du [gelesen] von deinen Vätern – [tipp es ab] um es zu besitzen.“

Das oben erwähnte Wort Thesaurus stammt aus dem Griechischen und bedeutet wörtlich „Schatz aus Golds“ (unser Wort „Tresor“ wird von ihm abgeleitet). Ich kann dem Kybernetiker und Lerntheoretiker Frederic Vester gar nicht genug danken, daß er mir diese Möglichkeit um 1980 vor gut 20 Jahren in seiner Münchner Studiengruppe für Biologie und Umwelt gezeigt und erläutert hat!

Ich kann nur hoffen, daß Bill Gates weiterhin der reichste Mann der Welt bleibt und seine Firma Microsoft der Marktführer – damit Windows und Access Industriestandard bleiben und ich nie wieder Datenbanken (oder weit über 1000 Text-Dateien) in ein neues Format konvertieren muß!!!

(Ergänzung 04. Mai 2021: So ist es zum Glück gekommen. Mit den beiden hier im Text vorgestellten Datenbanken arbeite ich heute noch.)

Vor kurzem schrieb ich, um mich auf ein wichtiges Gespräch für ein Buch-Projekt vorzubereiten, in einem meiner Seminare einen Text mit dem Titel „Gespräch mit einem Verleger“. Darin nahm ich, phantasierend, das Treffen am nächsten Tag vor­weg. Dabei wurden mir gewisse Ängste und Unsicherheiten bewußt, die mir im Gespräch eventuell Schwierigkeiten gemacht hätten, mich klar auszudrücken, was ich zu bieten habe und was ich er­warte (so etwas aufschreibend durchzuspielen, in Form eines Simulierten Dialogs, ist ein erstaun­lich ergiebiges Verfahren.

Quelle
Scheidt, Jürgen vom: „Endlich wiederfinden, was schon mal geboren war: Datenbanken-Systeme als synthetisches Gedächtnis „. In: Börsenblatt des Deutschen Buchhandels – Beilage „Der Jungbuchhändler“. Nr. 04/April 1987.

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