Asderix auf Oberfrängisch: Dunnergeil!

„Sie, Herr Pfarrer, ich siech des ganz annerscht!“ sagte mein Onkel Karl seligen Gedenkens und stand dabei mitten im Sonntagsgottesdienst auf, um dem Pfarrer Paroli zu bieten.
Eine Weisheit meiner Mutter, ebenfalls in lupenreinem Rehauerisch, lautete: „Jeder Mensch is annerscht olber.“ (Frei übersetzt: „Jeder Mensch ist anders seltsam.“)
Ein Dialektausdruck, der meiner Tante Lis (Schwester meiner Mutter) so viel Vergnügen bereitete, dass ich sie damit im Altersheim wie auf Knopfdruck zuverlässig aus ihrer Altersdepression rausholen konnte, lautete: „Du bisd a rechder Quirloarsch.“
Kann man nicht so einfach übersetzen – „Quirlarsch“ – meint eigentlich jemanden, der sehr „gebremst und steif“ ist, also wohl „mit einem Stock (Quirl) im Hintern“.

Abb. 1: Hier erst mal nur ein kleiner Ausschnitt des Covers (Egmont-Verlag) – das komplette Titelbild folgt unten Abb. 2

Ja, das Rehauerisch hat, wie die Dialektvarianten in jedem Ort in dieser Gegend* so seine ganz speziellen Varianten des Oberfränkischen. Die „Hofer Saalscheißer“, die ratscht´n halt annerscht als die „Rehauer Schleißknüpf´l“** oder die „Selber Kälber“ und in Schwarzabach klingt des wieder annerscht als in Wuosiedl.
Um eine sehr kühne, aber doch recht gelungenen Übersetzung aus dem Comic-Hochdeutschen ins Oberfrängische*** handelt es sich bei dem Asterix-Comic Dunnerkeil . Wer dieses ganz speziellen Dialekt nicht mächtig ist, hat vermutlich zunächst den Eindruck, es handle sich aus eine Übertragung aus dem Altsumerischen oder aus der Alien-Sprache eines fremden Planeten.

* Einer der vielen Gründe, nämlich die Vielfalt der Dialekte zu bewahren, weshalb so mancher Frange gerne vom Freistatt Bayern loslösen würde – sagt man jedenfalls.
** Schleißknüpfl – das sind die Knüppel (Baumstämme), die in der Rehauer Gegend im Wald gefällt und auf Perlenbach und Schweßnitz nach Hof geflößt wurden, als dort die Industrie um 1900 mächtig aufblühte.
*** Als ich studierte, besuchte ich auch Vorlesungen über „Medizinische Anthropologie“, wo es um die menschliche Abstammung ging. Prof. Karl Saller, ein sehr guter Dozent, war auch mit Witz gesegnet, mit dem er seine Vorlesungen würzte. Einmal bemerkte er lakonisch, als es um die Germanen und ihre (genetische) Herkunft ging: „Das Sächsische ist die Rache der Slawen an den Germanen –“ was man sinngemäß auch auf das Fränkische vulgo „Frängische“ übertragen könnte, zumindest was die „weichen Gonsonanden“ angeht.

Das ist alles lange her, fast acht Jahrzehnte, dass ich in diesem speziellen Rehauer Dialekt und allgemeiner im Oberfrängischen aufgewachsen bin. Trotzdem war es mir möglich, diese köstliche Verhohnepiepelung eines an sich schon recht witzigen Asterix-Comic zu entschlüsseln, obwohl sich das in den Sprechblasen passagenweise liest wie Altägyptisch. Der Trick: Man muss sich den Text laut vorlesen. Wenn man im Frängischen als Kind gelebt hat****, dann kriegt man das noch einigermaßen hin.

***** In der Freizeit, vor allem beim Spielen, wurde lupenrein gerehauerd – in der Schule und zuhause wurde mehr oder minder Hochdeutsch gesprochen.

Beim Titel „Dunnerkeil“ (hochdeutsch „Donnerkeil“) hat der Übersetzer (oder die Verlagsleitung) allerdings vor der letzten Konsequenz gekniffen. Das müsste nämlich eigentlich heißen: „Dunnergeil“.

Nun noch eine lyrische Kostprobe aus Onkel Karls Mund, der auf den Baustellen (er war Architekt und Baumeister) wie privat lupenrein rehauerisch unterwegs war:

Es saacht die Machd ´n Bod´n no
Und driffd den Knecht in Aach.
Da schreid der Knecht: „Was drabst denn do?“
Da lachtddie Maachd: „Ich saach!

Übersetzt heißt das – nein, das lass ich jetzt sein. Einfach laut vorlesen und sich die beiden Protagonisten wie Romeo und Julia vor einer offenen Scheune vorstellen, die Magd oben auf der Tenne, der Knecht unten, Blick nach oben in den weiblichen Sehnsuchtsort.

Ja, Rehau „is´ da, wo die Has´n Hoas´n haß´n und die Hos´n Huas´n.“

Na fei wergli – du Latschkapp´n (oder muss es heißen „Ladschkabbn“?)

Abb. 2: In einem versteckten kleinen Winkel, vielleicht bei Osseck oder Wurlitz oder in der Geierloh, lebt ein frängischer Stamm, der sich von den Oberbayern tief unten im Süden noch nicht hat unterkriegen lassen (Egmont-Verlag)

(Danke, Stefan, für diesen köstlichen Quatsch – endlich mal ein „Comic“, der wirklich komisch ist und die Lachmuskeln kitzelt.)

Quelle
Goscinny, René (Texte) und Uderzo, Albert (Zeichnungen) und Eichner, Stefan (had des Gschichdla ieberseddsd ins Oberfrängische): Dunnerkeil – Asterix auf Oberfrängisch 1. Berlin 2022 (Egmont).

aut #1279 _ 2022-05-01/19:29

Hinterlasse einen Kommentar