Ad astra

(Eine Bemerkung vorab: Es gibt inzwischen Autoren, die betonen, dass ihre Bücher „von einem Menschen“ und nicht von einer „KI“ verfasst worden sind. Nimmt man das ernst, dann dürften diese Autoren eigentlich auch keine anderen digitalen Werkzeuge wie die Wikipedia, Diktier-Software wie Siri, Datenbanken oder ein Smartphone etc. verwenden – denn da ist überall „künstliche Intelligenz“ im Spiel, ohne die ein moderner Autor ziemlich aufgeschmissen wäre. Sie dürften aber im Grunde auch keine der unzähligen Quellen verwenden, aus denen sie in Büchern und anderen Medien ihre Anregungen schöpfen – denn was machen die KI wie Copilot anderes, als sich dort zu bedienen, wo dies seit eh und je die Menschen ihre Anregungen und ihr Wissen herholen?
Sinnvoll ist so ein Hinweis „von einem Menschen“ allenfalls in Abhebung von der leider immer häufigeren Realität, dass ganze Bücher ohne jede menschliche Beteiligung generiert werden – wo die Autorin oder der Autor bestenfalls einen Plot oder ein kleines Exposee in den Prompt getippt hat. Aber wie will man das feststellen?)

Nachgedanken (Making of) zu meinen neuen Kurzgeschichten-Collectionen:
Band 1: Ad astra -hinaus zu den Sternen
Band 2: Per aspera – zurück auf die Erde

Bild 1: „Der Untergang von Atlantis“ (Archiv JvS – Mai 2025 – generiert von KI Chat GPT Copilot)

Dies ist ein Experiment, um zu erkunden, wie ich die „Geschichten hinter den Geschichten“ zu meinem neuen Buch Ad Astra… hier im Blog publizieren könnte.
Das obige Bild und die beiden folgenden sind ebenfalls Experimente – entstanden aus der Anweisung im Prompt des Copilot von Microsofts Internet-Explorer Edge: „Generiere mir ein Bild vom Untergang von Atlantis im Stil der Renaissance-Maler.“ Es dauerte gerade einmal drei Minuten (!) bis ich diese drei Bilder plus drei weitere auf meinem Bildschirm hatte.
Warum diese Illustrationen? Weil das Motiv „Atlantis“ nicht nur in Band 1 meiner SF-Stories eine Rolle spielt, sondern überhaupt in meinem Leben – seit ich 1948/49 die Abenteuerheft-Serie Sun Koh – der Erbe von Atlantis gelesen habe.
Ich habe mit derselben Anweisung von der KI übrigens einige weitere Variationen des berühmten Motivs anfertigen lassen. Hier ist noch eine im kubistischen Stil der Moderne, die ich auch sehr originell finde:

Bild 2: Der „Untergang von Atlantis“ im Stil der Moderne (Archiv JvS – Mai 2025 – generiert von Chat GPT)

Oder wie wäre es mit einem Untergang im Stil von Max Ernst:

Bild 3: Der „Untergang von Atlantis“ im Stil von Max Ernst (Archiv JvS – Mai 2025 – generiert von Chat GPT)

Das Interessanteste an diesen Bilder ist, dass es sich um Unikate handelt, die ich jederzeit auf einer Auktion versteigern lassen könnte, weil die Rechte daran bei mir liegen. Die KI als das von mir verwendete digitale Werkzeug hat sich zwar bei ihrer Herstellung meinen Anweisungen folgend an unzähligen bereits existierenden Motiven aus dem Internet bedient – aber erstaunlich originelle und zu den als Vorbildern genannten Künstlern passende Variationen geschaffen.

Per aspera ad astra

Der Ausdruck „Per aspera ad astra“ aus dem antiken Rom wird gerne übersetzt mit „Durch Nacht zum Licht“. Wörtlich heißt das (für alle, die nicht Latein können): „Zu den Sternen durch Anstrengung“. Latein war im Gymnasium nicht so mein Ding. Englisch schätzte ich sehr – nicht zuletzt, weil mein Vater es mir sehr liebevoll und pädagogisch sehr modern 1947 in den Ferien auf Sylt mit Hilfe von einem dicken Packen Vokabelkärtchen (vorne das Bild eines Tisches – hinten das Wort „Table“) beibrachte; damals war ich sieben und meine Welt super okay. Französisch, die zweite Fremdsprache (ab 1953) mochte ich überhaupt nicht, hasste sie sogar regelrecht. Auch das hatte mit meinem Vater zu den, den ich ebenfalls mit dieser Sprache verband und den ich damals in pubertärer Rebellion sehr ablehnte. Latein setzte dieser Auseinandersetzung mit dem Vater die Krone auf. Er wollte, dass ich diese (seine dritte Fremdsprache, auf die er besonders stolz war) ebenfalls wenigstens in den Grundzügen kennenlernte. Aber ich hatte wegen eines Unfalls gerade sechs Wochen im Krankenhaus gelegen, schon deshalb auch Französisch total vernachlässigt – und nun auch noch Latein? Ich ging zwei-, dreimal in den Nachmittagsunterricht (was für mich als Fahrschüler bedeutete, wegen diesem Scheiß-Latein einen ganzen zusätzlichen Nachmittag in Selb verbringen zu müssen) und schwänzte ab da diese Zumutung. Als mein Vater das irgendwann merkte, gab es den ersten großen Krach mit ihm – und für mich Dreizehnjährigen den ersten großen Triumph über meinen Vater, weil ich mich durchsetzte. (Auf einem anderen Blatt steht, dass ich 1976 wegen mangelnder Lateinkenntnisse beinahe meinen Doktortitel nicht bekommen hätte – bis man im Dekanat gnädigerweise meine Englischkenntnisse – vor allem dank unzähliger SF-Lektüren in der Originalsprache! – und meine zahlreichen Buchveröffentlichungen als Ersatz anerkannte. Das war reichlich knapp und ein später Triumph meines Vaters, als er das mitbekam.)

Warum ich das hier alles ausbreite?

Ich benenne hier diese Details, weil es bei einem Making Of ja in hohem Maß auch um Autobiographisches geht – und weil man schon an den Titeln meiner beiden Story-Collectionen ablesen kann, dass ich meinen Frieden mit dem Latein längst geschlossen habe. Außerdem schnappt man ja – in Europa lebend – unvermeidlich viele lateinische Brocken auf. Dass aber die Grußformel „Ad astra“ in der Münchner Gruppe des SFCD ab Herbst 1956 mich mit dieser Sprache wieder in Verbindung bringen würde, hätte ich nun wirklich nicht gedacht.

Und warum gebe ich meinen beiden Story-Sammlungen diese Titel in umgekehrter Reihenfolge – erst Ad astra und dann Per aspera? Ganz einfach: Mit dem SFCD und dem dort üblichen Gruß „Ad astra“ hat gewissermaßen meine Karriere als SF-Autor begonnen. In diesem Motto steckt außerdem viel von der damaligen Aufbruchstimmung und der Sehnsucht nach fernen Welten. Ich bezeichne diese sehr von männlichen Autoren und Lesern sowie von den „hard sciences“ bestimmten Phase der SF-Literatur von etwa 1900 bis in die späten 1940er Jahr auch als Yang-SF – abgeleitete von dem männlichen Teil der asiatischen Philosophie des „Yin und Yang“. Yang steht darin für das „männlich Schöpferische“ – Yin für das „weiblich Empfangende“.
Dass auch Frauen „schöpferisch“ sein können, und zwar nicht nur in Gestalt der Kinder, die sie gebären, sondern unter anderem auch mit Büchern, die sie schreiben und veröffentlichen, sollte sich inzwischen herumgesprochen haben. Das gilt auch für die Science-Fiction: Schon ab den 1940er Jahren tauchten immer mehr „weibliche“ Themen in der SF auf (vor allem aus der Psychologie und in Gestalt von Psychologen*) und weibliche Autoren zeigten sich – manche nur vorsichtig hinter einem männlichen Pseudonym versteckt, wie die Entwicklungspsychologin Alice Sheldon, die unter dem maskulinen Pseudonym „James Tiptree jr.“ veröffentlichte und damit weltberühmt wurde.
Diese Phase der Science-Fiction bezeichne ich als Yin-SF.

Der Titel Per aspera – zurück auf die Erde soll etwas von der Mühsal dieser Rückkehr in die Wirklichkeit des Hier-und-jetzt symbolisieren – transportiert die SF doch auch eine fatale Portion von Weltflucht für dafür empfängliche Menschen (und das war ich in meiner Jugend ohne Frage).

Ad astra – hinaus zu den Sternen

Bei Ad astra… handelt sich um einen ersten Band mit SF-Stories, die ich von 1956 bis 1978 veröffentlicht habe. Ich trat 1955 als damals fünfzehnjähriger Schüler in den gerade von Walter Ernsting alias Clark Darlton** gegründeten Science Fiction Club Deutschland (SFCD) ein und bekam dort die Anregung (und hilfreiche Begleitung), selbst solche Geschichten über mögliche Zukünfte zu schreiben, die ich so gerne las. „Ad astra“ war der optimistische Gruß, mit dem man sich bei den Clubabenden augenzwinkernd begegnete und verabschiedete. Mir war diese Begrüßung immer ein wenig peinlich, weil ich eigentlich kein „Vereinsmeier“ war. Aber im Rückblick kann ich nur respektvoll feststellen, dass ich in meinem Leben selten ein so erstaunlich kreatives und mich Teenager förderndes Biotop kennengelernt habe – Grund genug, um nach Jahrzehnten der Entfernung in die so völlig anderen Welten der Kreativitätspsychologie und der Schreib-Werkstätten*** Anfang 2023 wieder in den SFCD einzutreten.
Als 2019 der Regisseur James Gray seinen SF-Thriller Ad Astra (mit Brad Pitt in der Hauptrolle) in die Kinos brachte, hatte sich die Science-Fiction längst aus ihrem winzigen und bedeutungslosen, ja oft sogar verachteten Nischendasein der 1950er Jahre zu einem gewichtigen und akzeptierten Teil des Mainstream entwickelt, mit dem die sich mit „Ad astra“ begrüßenden Fans im SFCD damals nicht in ihren kühnsten Träumen gerechnet haben.

* 1941 erhob Isaac Asimov in seiner vielleicht bedeutendsten Novelle „Nightfall“ einen Psychologen zur Hauptfigur – und im selben Jahr die „Robotpsychologin Dr. Susan Calvin“ zur zentralen Figur seiner Roboter-Geschichten. Jack Williamson machte in den Geschichten um die Humanoids (ab 1947 in ASF, deutsch Wing 4 – Düsseldorf 1952) ebenfalls einen Psychologen zu einer führenden Figur – und stand in späteren Jahren dazu, aufgrund psychischer Probleme sich einer Psychotherapie unterzogen zu haben.
Und dann war da ja auch noch Wilmar H. Shiras, die mit ihren Novellen um den Schulpsychologen Dr. Welles und die von ihm betreuten hochbegabten Kinder des Atoms (ebenfalls in ASF ab den 1940er Jahren) in dem vorher so „männlichen“ Magazin des John W. Campbell eine deutlich „weibliche“ und „psychologische“ Qualität brachte – mit ungeahntem Erfolg!
* * WE war (mit Karl Herbert Scheer) 1961 einer der beiden Gründer-Autoren der Weltraumabenteuer-Dauerserie Perry Rhodan, die in diesen Tagen im Juli 2025 die sensationelle Folge Nr. 3333 erreicht hat – was für eine wunderbare Zufalls-Schnapszahl außerdem!
* * * Nur nebenbei: Die vermutlich erste Schreib-Werkstatt der Literaturgeschichte war mit hoher Wahrscheinlichkeit jenes Treffen im verregneten Sommer 1816 in der Villa Diodati am Genfer See, bei dem die englischen Literaten Lord George Byron und sein Leibarzt John Polidori sowie Percy Bysshe Shelley mit seiner Geliebten und späteren Ehefrau Mary Godwin die Langeweile der vom schlechten Wetter erzwungenen Aufenthalte im Haus damit auflösten, indem sie Gruselgeschichten ersannen. Die gerade mal 19 Jahre alte Mary begann den wohl ersten richtigen SF-Roman Frankenstein oder der moderne Prometheus (und Polidori verfasste die ersten Vampir-Geschichte). 1810 hatte zwar der deutsche Vielschreiber Julius von Voss mit Ini – Roman aus dem einundzwanzigsten Jahrhundert“ einen utopischen Reiseroman veröffentlicht, der bereits viele erstaunliche SF-Elemente enthält – aber das gruslige Ungeheuer des Mad Scientist Dr. Viktor Frankenstein hat doch weit deutlichere Spuren in der Weltliteratur hinterlassen.

Per aspera – zurück auf die Erde

[work in progress]

aut #3097 _ aktualisiert 30. Okt 2025 / 2025-08-06 / _11:00 / 31. Juli 2025_13:20