Aktualisierung Montag 19. April 2021/12:00 Uhr: Jetzt ist es klar: SIE hat das Rennen entschieden. Annalena Baerbock ist die Kandidatin!
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Das ist eine spannende Frage – Frau oder Mann an der Spitze der Öko-Partei? Meine Favoritin ist ganz klar Annalena Baerbock: Jung, attraktiv, sehr intelligent und gebildet (was nicht unbedingt dasselbe ist), kommunikativ, ideenreich und durchsetzungsfähig – und jetzt auch deutlich durchsetzungswillig Sie will an die Spitze.
Meine Stimme hat sie.
Sollte ich zum Ausgleich auch etwas Kritisches sagen? Ich kenne sie ja nicht persönlich, nur aus den Medien: An ihrer Stimme könnte sie noch ein wenig arbeiten – ein wenig zu mädchenhaft. Aber was soll´s: Ein Vorbild für alle Frauen – und für alle Männer, die was dazulernen wollen.
Den Robert Habeck mag ich auch. Er hätte dazu den Vorteil, schon Minister-Erfahrung einzubringen.
Aber wir haben schon genügend Männer in der Politik, auch gute. Die Frau Baerbock wird mit einem engagierten Team rasch dazulernen. So ein Dödel wie Donald T. hat es ja auch beinahe geschafft – das Dazulernen. (Ne – hat er nicht.)
Beide, Baerbock wie Habeck, sind jedenfalls, wenn ich mir eine Ferndiagnose mittels BrainSpotting erlauben darf, auf jeden Fall Hochbegabte – wenn ich je welche gesehen habe.

Natürlich wäre die Doppelspitze ideal – ein gut eingespieltes Duo, das ein tolles Team aufbaut – das wär´s. Ist aber in unserer Verfassung nicht vorgesehen. Könnte man ändern. Hat auf jeden Fall Zukunft – als Modell.
Aber wenn sich die beiden den Job gut teilen – geht das auch ohne offizielle „einsame Spitze“. Mein Vorschlag: Baerbock wird Kanzler(kandidat)in – und Habeck ihr Vize. So wie der amerikanische Präsident auch der Boss ist – aber eine Vize hat. Bei uns wär´s dann andersherum.
Und die anderen Parteien?
Ich mag auch die Angela Merkel. Sie hat insgesamt einen wirklich guten Job gemacht. Besonders ihr „Wir schaffen das“ – das war und ist für mich der Slogan des Jahrtausends. Auch wenn es den Ewiggestrigen in Zusammenhang mit der Flüchtlingswelle absolut nicht gepasst hat.
Aber weder CDU noch SPD noch FDP und auch nicht die Linke (obwohl manchmal mit erstaunlich guten Leuten) – das hat keine große Zukunft. Und die AfD? Fliegenschiss der Weltgeschichte (danke, Herr Gauland, für diese Selbsteinschätzung.) Einen wirklich großen Verdienst immerhin hat die AfD: Sie hat alle anderen aufgeweckt und aufgescheucht und stärkt die Demokratie durch ihre unglaubliche Negativität und Rückwärtsgewandtheit.
Und die CSU? War da nicht was mit Kruzifixen in allen öffentlichen Gebäuden (weil wir ja in Bayern allesamt so katholisch sind) – und mit Stärkung der Polizeigewalt (obwohl die Polizei im „sichersten Bundesland“ einen wirklich guten Job macht) – was wir beides brauchen wie das sprichwörtliche „Loch im Kopf“.
Dass der Ober-Bayer Söder in der Corona-Krise einen so guten Job macht, passt natürlich bestens zum autoritären Durchregieren, das zur DNA der CSU gehört. Aber das sollte er (und sollten alle anderen machtgeilen Mini-Präsidenten) doch jetzt bitte wieder der Frau Kanzlerin Merkel überlassen. solange sie noch im Amt ist. Ihr wichtigster Job war eh zu zeigen, dass Frauen auch „Kanzler können“.
Und: Man musss nur hinschauen, wo die Frauen mitreden dürfen – und vor allem mitregieren. Bei der CSU hat man sie nicht einmal auf der Landesliste für die nächste Wahl zugelassen. Politische Steinzeit.
Die Grünen werden demnächst als Mitregierende in eine Bundesregierung kommen – vielleicht sogar schon in die anstehende. Wahrscheinlich in Koalition mit der CDU – das Vorbild Württemberg-Baden gibt es ja bereits (wobei auf Bundesebene die „Schwesterpartei“ CSU ständig für Ärger sorgen wird – die muss sich eben ständig wichtigtuerisch „aufmandeln“).
Ökologie plus Ökonomie – das werden die Grünen durchziehen. Das hat Zukunft. Alles andere ist politischer „Schnee von gestern“.
MultiChronalia
Mein Vater war als junger Mann der übliche (sogar ein wenig aktivere) Nazi gewesen. Nach dem Krieg (den er spätestens nach der Katastrophe von Stalingrad 1943 für verloren hielt) war die NSdAP für ihn erledigt und er wählte SPD. Das ist nachvollziehbar, denn als junger Mann hatte ihn das „sozialistische“ Versprechen der „Nationalsozialisten“ besonders angezogen.
Das hat mich wohl vorbereitet, selbst SPD zu wählen. Den Ausschlag gab jedoch eine Rede von Willi Brandt, die ich im April 1964 in Nürnberg (wo ich ein psychologisches Praktikum in der Marktforschung machte) als sehr überzeugend erlebte. Vor allem war es jedoch seine authentische Art, die mich für den künftigen Kanzler einnahm und mich sogar in die SPD eintreten ließ..
Warum bin ich wieder ausgetreten und Mitglied bei den Grünen geworden, die ab 1980 immer mehr im politischen Leben der Bundesrepublik Konturen gewannen?
Zunächst zum Austreten aus der SPD. Als ich studierte (1959 bis 1967) lag das gewissermaßen in der Luft – alles begeisterte sich für „links“ – je mehr links umso stärker. Ich habe mich auch der Kritik der USA wegen des Vietnam-Kriegs angeschlossen. Aber musste ich mich deswegen – wie so viele Studenten – für die Kommunisten in Nordvietnam oder gar für die Chinesen um Mao Tse Tung (heute: Mao Zedong) und dessen bescheuertes „Rotes Büchlein“ begeistern? Ein einziges Mal bin ich bei einer Demonstration mitmarschiert, die sich auf der Prinzregentenstraße Richtung US-Konsulat bewegte, um gegen den Vietnam-Krieg der Amerikaner zu protestieren. Aber als man um mich herum begann, rhythmisch auf und nieder zu hüpfen und „Ho Ho Ho-Chi Minh“ zu skandieren – steig ich nach zehn Minuten irritiert aus mit dem Gedanken : „Ich bin zwar definitiv gegen diesen Krieg und das Engagement der Amerikaner in Asien – aber für diesen Ho Chi Minh bin ich auch nicht.“
Mag auch sein, dass da im Hintergrund die Ansichten meines Großvaters Karl Hertel in Rehau mitgespielt haben, der zwar ein typischer Patriarch war, der sich als Bauunternehmer sehr für seine Arbeiter einsetzte – aber wenn am 1. Mai die Gewerkschaft durch Rehau zog, mit wehenden roten Fahnen – verschloss er die Fenster zur Straßenseite hin und zog die Vorhänge zu. Mit den „Roten“ wollte er nichts zu tun haben. Und er hat sicher CSU gewählt, oder vielleicht FDP.
Ich glaube heute, das ein wesentlicher Grund, mich gegen die SPD zu entscheiden, die Erkenntnis war: Ich bin kein Arbeiter. Ich gehöre zu dem, was man als „bürgerliches Lager“ bezeichnet. Wobei mich heute weder „links“ noch „rechts“ interessieren oder gar eine formlose Masse in der „Mitte – sondern einzig allein, ob eine Partei wirklich ernsthaft eine andere, lebenswerte „vorne“ in der Zukunft will – und sich von der belastenden Vergangenheit gelöst hat. (Wozu habe ich denn all die Jahre Science-Fiction gelesen und geschrieben und mich an der Nazi-Vergangenheit meiner Familie abgearbeitet?)
Die Altparteien waren noch lange nach Kriegsende verseucht mit alten Nazis – vor allem die FDP. Aber auch in der CDU fanden sie Unterschlupf – bis hin zum Staatssekretär Globke – der die Gesetze zur Verfolgung und Ausrottung der Juden im Dritten Reich mit zu verantworten hatte und bei Konrad Adenauer problemlos zu Brot und neuen Würden kam – oder den vielen Richter und Staatsanwälten, die den Naziterror bis zum Schluss mitgetragen hatten. Ich habe noch während meiner zwei Semester Jura den unseligen Professor Theodor Maunz miterlebt, der in der neuen Bundesrepublik an der Uni München offiziell Staatsrecht lehrte, für die CSU Kultusminister in Bayern war – und unter Pseudonym heimlich für die National-Zeitung der Neonazis in der NPD schrieb.
Und heute siehe ich mit Entsetzen die Wiedergänger der Nazis in der AfD und kann nur mit einem Slogan aus den 1950er Jahren warnen: „Wehret den Anfängen!“ Denn ich weiß nur zu gut, was in den 1920er und 1930er Jahren aus dieser „braunen Scheiße“ herausgekrochen kam und die Welt zerstörte.
Nur eine politisch unbelastete Partei hat wirklich eine Zukunft
Die Grünen waren als einzige Partei von alledem unbelastet – auch wenn es anfangs einen eher rechtslastigen Gründer aus dem bäuerlichen Milieu gab und den einen oder anderen lernfähigen Kommunisten (Jürgen Trittin war so einer, ehe er das Unsinnige und Menschenfeindliche dieser Ideologie durchschaute) und in Herbert Gruhl gab es einen weitsichtigen Mann, der sich Sorgen um die Zukunft unseres Planeten und die darauf lebende Menschheit machte gab, was seiner ursprünglichen Partei CDU überhaupt nicht in den Kram passte.
Meine Geschichte mit den Grünen ist lang. Und wechselhaft. Das basisdemokratische Anliegen leuchtete mir ein – aber wie es in oft recht fruchtlosen Debatten zwischen „Realos“ und „Fundis“ zerrieben wurde, gefiel mir überhaupt nicht und ich nicht, dass die Partei immer mehr nach „links“ rückte .In den letzten Jahren habe ich sie aber wieder gewählt – weil sie meist die einzige Partei waren, die klar Frauen favorisiert. Und wenn mir etwas klar geworden ist – dann, dass eine Zukunft ohne gerechten und vor allem gleichberechtigten und selbstbestimmten Anteil der Frauen an allen Lebensbereichen.
Die Grünen waren auch inzwischen nicht mehr so „extrem links“, wo schon mal – sind eher in die bürgerliche Mitte gewandert, etwas links davon immerhin (wo ich mich selbst verorte).
Meine Geschichte mit den Grünen beginnt schon vor vielen Jahren: 1975 in Vlotho im Jugendhof, wo ich die Stiftung Die Mitarbeit kennenlernte, und zwar durch Werner Rietz, den Leiter des „Jugendhof Vlotho“. in dem ich damals Seminare im Rahmen der Drogenberatung durchführte . Diese Stiftung (die es immer noch gibt) unterstützte von Anfang an Bürgerinitiativen , die damals überall wie zunächst eher exotische Pflänzchen aus dem harten Beton der politischen Landschaft sprießten. „Der rote Punkt“ – damit fing es in Hannover an, mit dem ersten massiven Bürgerprotest gegen eine drastische Fahrpreiserhöhung bei den Straßenbahnen.
Ich war bald dabei, weil ich mit meinen frischen TZI-Kenntnissen Seminare leiten konnte und wollte, die solche Vorhaben der Bürgerbeteiligung unterstützten. Wichtig war dabei nicht nur die nüchterne Wissensvermittlung, sondern immer- und das war neu – der bei TZI übliche Selbsterfahrungs-Anteil, der im Aufbruch der 68er Bewegung immer mehr verlangt wurde. Das half auch, wenn Konflikte auftraten, die geklärt werden mussten, um Vorhaben nicht scheitern zu lassen.
1978 habe ich erstmals mit den Grünen an einem Samstag an Wahlslogans für die Europawahl gearbeitet – der ersten Wahl, an der die Grünen als neue Partei teilgenommen haben und ihre ersten politischen Erfahrungen sammelten.
Ich war zeitweilig (1984) Mitglied bei den Grünen – nachdem ich bei der SPD ausgetreten war. In dieser grünen-kritischen Phase war ich zeitweilig sehr aktiv bei der anderen Öko-Partei, die mehr bürgerlich-mittig argumentierte, aber nie richtig den Durchbruch schaffte: die ÖDP. Aber dieser politische Winzling hat immerhin etwas ganz Unerhörtes geschafft, einen echten zivilisatorischen Fortschritt: Das Rauch-Verbot. (Was die Raucher natürlich ganz anders sehen.) Man muss heute nicht nach einem kurzen Café-Besuch heim zum Duschen und die stinkenden Kleider wechseln, nur weil so ein rücksichtsloser Raucher drei Tische weiter seinem Laster gefrönt hat.
(Siehe auch Selbsterfahrung als Politik: Die Grünen und Bürger erfahren sich selbst.)
Quelle
Gruhl, Herbert: Ein Planet wird geplündert. Frankfurt am Main 1975 (Fischer).
176 _ aut #521 _ 2012-04-19/12:30 (2021-04-18/23:15)
Ein Kommentar zu “Wer macht das Rennen bei den Grünen?”