Multikulti in meinem Leben 1

Das Fremde hat mich immer schon fasziniert – vielleicht (um eine psychologische Deutung zu versuchen), weil mein Vater mir eigentlich immer ein „Fremder“ geblieben ist. Das kommt nicht zuletzt daher, dass er in meinem Leben erst richtig eintrat, als ich schon fünfeinhalb Jahre alt war: im Sommer 1945.
Mein Vater verkörpert „das Fremde“ sowohl im negativen (sein Fehlen als Vater) wie im positiven Sinn (viele Anregungen).

Mein erstes eigenständiges Leseabenteuer war die Geschichte von Sindbad dem Seefahrer – die den Seefahrten meines Vaters als junger Mann nahekommt – aber auch seiner Tätigkeit als Kaufmann (Handelsreisender) – der ja Sindbad ebenfalls war. Sindbad kam aus einer exotischen fernen Welt – dem arabischen Orient. Auch die anderen Märchen und Geschichten der Scheherezade stammen aus so ferne Regionen wie Persien, Indien, China.

Auch die nächste wichtige Lektüre und zugleich meiner erstes eigenes (zu Weihnachten 1948 gewünschtes) Buch war der Zukunftsroman Auf unbekanntem Stern von Anton M. Kolnberger. Exotischer und „fremder“ geht es nicht – als auf einem fernen Planeten notzulanden.

Abb. 1: Wenn Göttervater Odin Rat sucht, befragt er Mimir (Gemälde von Emil Doepler 1907 / Archiv JvS)

Auch das Dritte Reich hat seine Spuren hinterlassen: Die Götterwelt der Germanen

Aber „multikulti“ beginnt bei mir schon viel früher. Wer wie ich mitten im Dritten Reich geboren wurde, ist wohl zutiefst vom Arierwahn der Nazis infiziert worden – samt dem Glauben an die urigen Germanen, die man gerne dem „dekadenten“ (und im verhassten Judentum wurzelnden) Christentum gegenüber gestellt hat. Auf Zigarettenbildern haben wir diese Motive als Kinder gesammelt – fasziniert von ihrer abenteuerlichen Farbigkeit.
Wir haben den germanischen Superhelden Siegfried bewundert, der den Drachen tötet und die Walküre Brunhilde aus der feuerumlohten Burg entführt – um dann schmählich von Hagen verraten zu werden. Richard Wagner hat das ja in seinem Opern ausführlich zelebriert und nicht nur Ludwig II. damit betört, sondern auch die Kanzlerin Angela Merkel und all die anderen, die jährlich zu den Festspielen nach Bayreuth pilgern (meinen Freund Jesco von Puttkamer eingeschlossen, der gar nicht genug davon kriegen konnte).
Ich mag die Wagneropern mit ihrem wabernden Bombast nicht. Aber diese Götterwelt hat mich sehr fasziniert – weil ich sie in einem Buch meines Großvaters entdeckte: Walhall – die Götterwelt der Germanen hieß dieser prächtige Bildband, den ich heute noch gerne mal wieder zur Hand nehme. Und der war kein Produkt des Rassenwahns der Nazis, sondern stammt von 1907, also noch aus der Kaiserzeit.
Loki und Thor sind ja nicht nur Figuren der heutigen Superhelden-Filmindustrie – die Götterwelt der Germanen, derer sie sich beispielsweise in Thor: Ragnarök bedient, wurzelt viel tiefer. Man muss nur nach Island fahren (wie mir 1990 geschehen) – und entdeckt ihre Motive an jeder Straßenecke, sei es in der Baldursgata von Reykjavík oder in einem Erdhügel, in dem Feen hausen und um deren Wohnort man die geplante Schnellstraße besser herumführt als ihn plattzumachen.
Das ist schon eine eindrucksvolle Sagen- und Mythenwelt. Mit Eisriesen. Mit einem Gott, der ein Auge opfert, um – wie Odin – am Weltenbaum hängend die Runen und damit das Schreiben zu erfinden. Oder mit der gewaltigen Midgardschlange, die beim Weltuntergang von Ragnarök zusammen mit dem Fenriswolf alles vernichtet!
Das muss keinen Vergleich mit den Mythen der antiken Griechen oder Chinas oder Indiens scheuen.

Begegnungen mit Menschen sind auch Begegnungen mit fremden Kulturen

Später haben zahlreiche Begegnungen mit Menschen aus anderen Kulturkreisen mein Leben geprägt – zum Beispiel der indische Musiker Shankar Chatterjee, der furios die Tablas spielte, diese indischen Handtrommeln. Oder Mal Sondock, ein amerikanischer Jude, der nach dem Krieg mit der Besatzungsarmee nach Deutschland kam, und zunächst als Diskjockey beim Soldatensender AFN Platten auflegte („Bouncing in Bavaria“ hieß seine beliebte Sendung).
Später kamen SF-Autoren wie Jack Williamson (aus den USA) und Brian Aldiss (aus Großbritannien) dazu, die ich persönlich traf – oder brieflich kennenlernte.

Über die Science-Fiction kam ich schon sehr früh mit Menschen aus anderen Gegenden Deutschlands in Kontakt . Auch das hat meinen zunächst „oberfränkischen“ (und noch recht provinziellen), dann oberbayerisch-münchnerischen Horizont kräftig erweitert:
° Wolfgang Jeschke aus Asperg (ursprünglich aus Tschechien stammend und von den Kriegswirren in die Nähe von Stuttgart verschlagen – dann ab 1960 in München lebend, wo er als Werkstudent Germanistik studierte, für den Kindler-Verlag arbeitete und schließlich für den Heyne-Verlag die eindrucksvolle SF-Reihe aufbaute).
° Oder Walter Ernsting, der im oberbayerischen Irschenberg lebte, aber ursprünglich aus dem Rheinland stammte.
° Lothar Heinecke (mit ursprünglich sächsischen Hintergrund und so etwas wie ein Bohemien, der gut ins Schwabinger Künstlerleben der Zwanzigerjahre gepasst hätte).
° Herbert W. Franke (mit österreichischen Wurzeln – dann in der Nähe von München lebend – ein Schriftsteller zum Anfassen, von dem ich viel gelernt habe).
° Oder Jesco von Puttkamer, den ich noch als „Studenten aus Aachen“ im Science-Fiction Club kennengelernt habe und später immer wieder in München im Biergarten traf , als er schon einem Ruf von Wernher von Braun in die USA gefolgt war und dann so etwas wie dessen Nachfolger bei der deutschen Truppe der NASA.

Auch die zahlreichen Interviews für den Bayrischen Rundfunk haben mich mit vielen „anderen“ Welten in Kontakt gebracht, überhaupt jede „Begegnung“, von denen ich etliche hier im Blog vorstelle.

Aber das, was man heute je nach politischem Lager anerkennend (die Grünen) oder abschätzig (die AfD) als „multikulti“* bezeichnet, ist bei mir noch viel tiefer reichend und ins Leben tatsächlich verwurzelt.

* Ich würde das so übersetzen: „in vielen Kulturen zuhause und vernetzt“.

Jazz und Science-Fiction (USA)

Sowohl der Jazz (den ich ab 1954 kennen und schätzen lernte) als auch die Science-Fiction sind genuine US-amerikanische Kulturbereiche (wobei man beim Jazz die ursprünglich afrikanischen Wurzeln und bei der SF die europäische Herkunft nicht übersehen sollte.
Ähnlich früh begannen mich fremde Kulturen wie die der Maja und Inka, der frühen Griechen, Kreter und Hethiter zu faszinieren. Die lernte ich auf – gewissermaßen „seriöse“ Weise in C.W. Cerams Götter Gräber und Gelehrte kennen, einem wunderbaren Einstieg in die Archäologie.
Doch der eigentliche Einstieg in viele fremde (alte wie neue) Kulturen geschah in der Abenteuer-Heftserie Sun Koh – der Erbe von Atlantis, in die ich mehrere Male ab 1948 eintauchte. Ob das die Khmer in Kambodscha waren oder die Tuareg der Sahara, die Yoruba in Benin oder Goldgräber in Alaska – Lok Myler konnte sie wunderbar schildern und einem auf unterhaltsame und spannende Weise nahebringen – so wie Karl May auf eine Art.
Auch der Wilde Westen in den Abenteuern von Billy Jenkins oder die Geschichten um seinen Kumpel Tom Prox (der als FBI-Agent dann auch nach Südamerika verschlagen wurde) waren ja Ausflüge in eine multikulturelle Welt, die in ihrer Gesamtheit den ganzen Erdball umfasste. Von dieser Form der „unterhaltsamen Allgemeinbildung“ hatten die Lehrer und Eltern keine Ahnung, die solche Heftchen als „Schmutz und Schund“ brandmarkten und verfolgten.

Wunderland Türkei
Zwei Türkeireisen haben mir die Großartigkeit und Vielfalt dieses Landes nahegebracht. Es besteht ja, und damit beginnt auch das Seltsame – aus zwei völlig verschiedenen Teilen: Das sehr großstädtisch geprägte und nach Westen orientierte Istanbul (mit dem westlichen Teil des Landes) und Ankara – und dann, jenseits des Bosporus, Anatolien. Letzteres birgt jedoch, obwohl auch heute noch oft bäuerlich rückwärts gewandt, zugleich die großartigsten Kulturschätze der Vergangenheit: das frühe Hethither-Reich (fast so eindrucksvoll wie das alte Ägypten der Pharaonen) – Catal Hüyük (die älteste Stadt der Welt) – und Göpekli Tepe – doppelt so alt und noch eindrucksvoller als Stonehenge und erst seit wenigen Jahrzehnten überhaupt entdeckt.

Yoga (Indien)

Auch die inzwischen fasst lebenslange Beschäftigung mit Yoga und seine praktische Anwendung haben mir eine fremde Welt nahegebracht: die indische (die ja in sich selbst wieder ein ganzer gewaltiger Kosmos von Kulturen und Sprachen und sogar Schriftsystemen ist). In dem Bericht über meine Indienreise Dreißig Tage auf einem fremden Planeten habe ich einige Aspekte davon einzufangen versucht.

I Ging (China)

Viele Jahre habe ich das chinesische „Buch der Wandlungen“ studiert und praktisch angewendet: das I Ging – das weit mehr ist als nur ein Orakel, sondern eine sehr praktische Unterweisung in Lebenskunst – vor dem Hintergrund einer zunächst der fremdartigen Kultur im „Reich der Mitte“ – und doch tiefgründig allgemeinmenschlich und für jeden Bewohner dieses Planeten Erde zugänglich und nachvollziehbar.

Labyrinth-Sage und die Mythen der Griechen und Kreter

Wer hat sie nicht gerne gelesen – die „Sagen des klassischen Altertums“ von Gustav Schwab. all diese abenteuerlichen Heldenreise eines Theseus und Herakles und wie sie alle hießen und bis heute unseren Alltag nach immer tief durchtränken. Es sind ja nicht nur unterhaltsame Geschichten, die wie die „Irrfahrten des Odysseus“ von den Gefahren früherer Reisen im Mittelmeerraum und von antiken Kriegsgemetzeln berichten – aus diesem gewaltigen Fundus hat ja auch Sigmund Freud geschöpft und sich inspirieren lassen. Der Ödipus-Komplex sei hier nur als ein Beispiel genannt (den auch heute noch viele für Humbug halten – obwohl jeder Mann als Kind die intensive emotionale Verstrickung mit der eigenen Mutter erfährt – und den Vater als Rivalen fürchtet und bekämpft).
Für mich war speziell die Labyrinth-Sage mit ihrer Vielschichtigkeit ungemein inspirierend – was mich dazu brachte, selbst einmal ein —Labyrinth in den Schweizer Bergen einzurichten, das man – es durchwandelnd – auf vielschichtige Weise selbst erfahren konnte.

Multikulti in Schottland

Gleich nach dem Abitur machte ich 1959 meine erste eigenständige Auslandserfahrung: England und vor allem drei Wochen Schottland, mit Arbeiten auf einem Bauernhof und Wohnen in einem umgewandelten Gutshof, der nun 120 Jugendliche aus aller Herren (westlicher) Länder und den USA zusammenführte. Wenn man mit drei Gleichaltrigen je aus USA, Triest und Schweden auf einem Mähdrescher arbeitet und Kornsäcke schleppt – erfahrt man zugleich etwas von drei anderen Kulturen – alles natürlich auf Englisch – was ja auch eine Welt für sich ist, wenn man richtig eintauchen muss. (Dass ich diese Reise mit meiner damaligen Freundin Inge Sallaba unternahm, gab dem Ganzen noch einmal einen zusätzliche „kulturellen Aspekt“.)

Der Gardasee in Italien

Italien war meine allererste Auslandserfahrung: Urlaub in Jesolo mit der Familie. Weit intensiver waren jedoch die Ferienwochen, die ich später mit meiner ersten Frau Elke und meinen Kindern Gregor und Maurus bei den Schwiegereltern verbrachte, die oberhalb des Gardasees lebten. Auf diese Weise war man „mitten drin“ im Land, lernte „Pollo a rosto“ in einem kleinen ländlichen Gasthaus im Hinterland und eine kleine Winzerei und andere Originale kennen. Das wurde so etwas wie eine neue Heimat.

Die Schweiz – Welt meiner Frau Ruth

In den fast vierzig Jahren des Zusammenlebens mit meiner Frau Ruth habe ich intensiv und auf vielfältige Weise ihre Heimat Schweiz kennengelernt – sowohl Basel wie Zürich (wo sie viele Jahre lebte) wie Spiez am Thuner See und das Berner Oberland (wo sie aufgewachsen ist) und dann ganz besonders intensiv das Oberwallis mit seinen imposanten Viertausender, das ich ab 1980 (bis 2008) jedes Jahr nicht nur mit unzähligen Bergtouren erwandert habe – sondern durch meine dort veranstalteten Schreib-Seminare noch einmal vertiefend erlebte und erkundete.
Dazu die Kontakte mit vielen Schweizern, die ich in meinen Seminaren oder beim Wandern persönlich kennenlernen konnte.
Jeder, der sich länger mit der Schweiz befasst hat, weiß, dass dies eine ganz eigene, von Deutschland nicht nur landschaftlich und sprachlich sehr verschiedene – und sehr faszinierende – Welt ist -schon aufgrund seiner kantonalen Vielfalt ein ähnlich vielschichtiger und in sich selbst wieder „multikultureller“ Kosmos wie Indien.

Ein Ursprungsort – und drei Heimaten

Ich bin ja in Leipzig geboren – habe dort aber nur meine ersten beiden Lebensjahre verbracht, in denen man ja noch nicht viel von der umgebenden Welt und Kultur erfährt. Und doch ist das schon ein eigener Kosmos, der mich geprägt hat. Meine frühesten Kindheitserinnerungen aus dem zweiten Lebensjahr (der Zoobesuch zum Beispiel) sind tief in mir verankert. Dann gibt es intensive Bezüge zu Leipzig über den Großonkel Erich Naumann und dessen Sohn Achim (der mein zweiter Patenonkel war). Erst jetzt im Alter, wo ich mich intensiv mit meinen Vorfahren auch auf der väterlichen Seite befasse (für die Inselsberg und Gotha und Jena wichtige Orte waren) wird mir vieles von dieser „sächsischen“ Welt bewusst – was der Zufall des Lehrauftrags für die Akademie Breitenbrunn im Erzgebirge im vergangenen Jahr 2020 noch verstärkt hat.
Und warum wohl bevorzuge ich bei Bestellungen von gebrauchten Büchern und Blu-ray stets die Firma mit dem seltsamen Namen Medimops? Weil sie ihren Sitz beim Flughafen von Leipzig hat.

Aber nicht nur dieser Ursprungsort Leipzig mit seiner ganz eigenen Kultur, die ja sehr viel mit dem Schreiben zu tun hat (Buchmesse!) vervielfältigt mein „multikulti“ – sondern auch die drei Heimaten, in denen ich verwurzelt bin und die – so verschieden sie auch sind – mich zutiefst geprägt haben: Durch ihre Landschaft, ihre Bewohner, ihre Sitten und Gebräuche, ihren je eigenen Dialekt, ja sogar ihre verschiedenen Ausprägungen der christlichen Religion (auch wenn ich deren Einflüsse weitgehend abgeschüttelt habe):
° der sehr konservative Protestantismus von Rehau (mit dem Katholizismus als eine Art Widerpart);
° das eher aufgeklärt katholisch geprägte München (wo ich als „Evangelischer“ dann der Exot war);
° das recht konservativ-katholische Oberwallis (in einem ansonsten eher reformatorisch-protestantischen Umfeld der übrigen Schweiz).

Vier Heimaten also:
° Im oberfränkischen Rehau;
° im oberbayrischen München;
° am norditalienischen Gardasee;
° im Schweizer Ober-Wallis.

Japan in seinen Filmen

Als Student war ich mindestens einmal die Woche im Kino. Es gab im Theatiner immer wieder internationale Wochen: Französische Filme – Polnische Filme – Schwedische Filme – Tschechische Filme (diese wunderbaren Zeichentrick-Kurzfilme, Puppenfilme wie Der Kaiser und die Nachtigall mit ihrem magischen Charme)…
Wir waren eine kleine Clique von richtige Film-Enthusiasten, hatten auch Ambitionen, selbst in diese Welt einzusteigen – Jochen ´Alan´ Wolf und seine Freundin Bibi in unserer Dreier-WG mit wechselnden Gästen – die Kino-Besuche waren mit anschließendem Kneipengang in der Schwabinger Sieben oder im Mutti Bräu oder im Simpl die Highlights unseres Studium –
Tief beeindruckt haben uns speziell die japanischen Filme, vor allem die von Akira Kurosawa, mit ihrer archaischen und doch so modernen Bilderwelt. Die sieben Samurai hat uns mit diesem mittelalterlichen Heldentum ebenso beschäftigt wie Rashomon (mit diesen sieben verschiedenen Blickwinkeln auf einen Mord). Zu diesen düsteren Schwarz-weiß-Epen kam dann als Kontrast das bildgewaltige Werk Träume.
Auch so kann man sich einer fremden Kultur annähern. Weil poetisch überhöht und zugleich enorm verdichtet, bringt das in der entspannten Kinoatmosphäre eine andere Welt vielleicht näher als wenn man sie real bereist. Japan habe ich nur so „erfahren“ und dann noch durch die betörende Musik der Sukahachi.

Abb. 2: Akira Kurosawas Meisterwerk Träume

Weltbürger – das trifft es am besten

Aber eigentlich würde ich heute sagen, gibt es da noch so etwas wie eine Welt-Heimat auf diesem Planeten Erde (auf Latein und in der SF sehr beliebt: Terra) – verglichen mit den wirklich unzähligen fremdartigen Welten, die ich durch die Science-Fiction kennengelernt habe. Ich fühle mich als Weltbürger – der in München zuhause ist.
Ich habe einen deutschen Pass – aber viele fremde Kulturen sind mir sehr intensiv begegnet – und dadurch nicht mehr so fremd. Weil mir immer klarer wurde, dass ich eigentlich selbst so ein ganz eigener Kosmos geworden bin – der anderen Menschen vermutlich recht fremdartig erscheinen mag. Bis sie – vielleicht in einem Schreib-Seminar mit mir – ihre eigene Fremdartigkeit und multikulturelle Vernetzung kennen und schätzen lernen – was nicht zuletzt durch das Schreiben besonders gut geht.

MultiChronalia

Nur nebenbei: Jede dieser „anderen“ Kulturen steht auch für eine andere Zeitschicht: das archaische Griechenland, die noch „ältere“ Sagen- und Götterwelt der Germanen – gar die Zeit des Gilgamesch-Epos im antiken Mesopotamien, die Welt der alttestamentarischen Bibel – bis hin zu den rätselhaften Traumwelten der australischen Ureinwohner und den Vorfahren im Cro-Magnon, die wir nur durch ihre eindrucksvollen Höhlenmalereien ein wenig kennenlernen können.

Vielleicht lässt sich das „multikulti“ in einem selbst am besten mit ein wenig „multichronaler“ Erinnerung kennenlernen? Und das wiederum geht am einfachsten – indem man das schreibend einsammelt.

Probieren Sie es einmal selbst aus – der oder die Sie gerade diesen Text lesen. Es ist ganz einfach:
Wo wurde ich geboren – wo bin ich aufgewachsen – wo bin ich mit wem in die Schule gegangen – wo hat es mich später hingezogen – wohin sehne ich mich…
Jede Antwort auf eine dieser Fragen – erschließt Ihnen die eigene multikulturelle Verflechtung mit der ganzen Menschheit.

Quellen
Anon: Sindbad der Seefahrer. In: Geschichten aus 1001 Nacht. (Persien ca. ???)
Branagh, Kenneth (Regie): Thor. USA 2011 (Marvel Studios).
Ceram, C.W.: Götter Gräber und Gelehrte. (1949) Hamburg 1951 (Rowohlt).
Kolnberger, Anton M. : Auf unbekanntem Stern. Nürnberg 1948 (Die Egge).
Kurosawa, Akira: Träume.
Myler, Lok (d.i. Müller, Paul Alfred – auch Freder van Holk) : Sun Koh – der Erbe von Atlantis. (Leipzig 1933_Bergmann). Zürich 2005 (SSI-media).
Ranisch, W. (Text) und Emil Doepler der Jüngere (Bilder): Walhall – die Götterwelt der Germanen. Berlin 1907 ca. (Oldenbourg).
Wilhelm, Richard (Hrsg. Und Übers.) : I Ging – das Buch der Wandlungen. (1923) Düsseldorf/Köln 1964 (Diederichs).

180 _ aut #875 _ 2021-04-21/19:47

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